Initiative aus Grafing:Breiter planen

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Vor allem Güterzüge, hier ein Foto aus Grafing-Bahnhof, sollen auf der Neubaustrecke unterwegs sein. Die angestrebte Höchstgeschwindigkeit von 230 Kilometer pro Stunde halten Kritiker daher für unrealistisch. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Der Arbeitskreis Bahnlärm will den Landkreis Ebersberg ins Raumordnungsverfahren aufnehmen lassen

Von Thorsten Rienth, Grafing

Geht es nach dem Grafinger Arbeitskreis Bahnlärm, müsste im Rathaus eigentlich nur noch jemand das Stadtwappen obendrüber setzen - und ab gehen könnte die Post respektive E-Mail an die Regierung von Oberbayern. Die Stellungnahme der Stadt für das dort laufende Raumordnungsverfahren (ROV) zum Brenner-Nordzulauf hat der "AK" jedenfalls schon einmal vorformuliert. "Auch seitens der Stadt Grafing muss ein Signal gesetzt werden", erklärte Sprecher Florian Solfrank im Anschreiben zu dem Papier.

Dieses beginnt mit der Kritik, dass für den Teilabschnitt der Neubaustrecke Grafing-Tuntenhausen/Großkarolinenfeld sowie die Ausbaustrecke Trudering-Grafing-Rosenheim-Kiefersfelden aktuell nicht einmal Vorplanungen vorlägen. "Die Auswirkungen der im ROV geprüften Neubaustrecke Tuntenhausen-Kiefersfelden sind aber keineswegs auf diesen Teilabschnitt beschränkt", stellt der AK fest.

Einerseits würden die fünf von den Planern vorgelegten Grobtrassen bereits Vorentscheidungen für den Landkreis Ebersberg bedeuten. Andererseits müssen die Zugverkehre von und zur Neubaustrecke zwangsläufig durch den Landkreis Ebersberg fahren. Trotz dieser beträchtlichen Auswirkungen auch auf die Stadt Grafing fände sich dazu in den ROV-Unterlagen jedoch kein Wort.

Nach Ansicht der Autoren Solfrank und Martina Wolinski lässt sich das Manko beheben. Sie verweisen auf das Bayerischen Landesplanungsgesetzes (BayLplG), wonach sich ROV erweitern lassen, wenn "sich ein Bedarf nach räumlicher Vorabstimmung ergibt". Es wäre quasi das Vehikel, mit dem die Stadt in die ROV schlüpfen würde. Das Kalkül ist freilich: Wer mit in der Planung ist, kann diese auch mitbeeinflussen. Mit dem Papier steht die Forderung nun im Raum.

Wenngleich in dem Antrag nochmals artikuliert, geht es dem Arbeitskreis nicht nur um die Furcht vor mehr Lärm. Er befürchtet zudem, dass sich S-Bahnen die eigentlich für sie vorgesehenen Gleise mit anderen Zügen "teilen" müssen. Dies würde die "Pünktlichkeit und Attraktivität des S-Bahn-Verkehrs vollständig und dauerhaft" verschlechtern, lautet die Schlussfolgerung.

Außerdem sei es nicht nachvollziehbar, dass steigende Verkehrszahlen im Raum Rosenheim durch den Bau von zwei weiteren Hochgeschwindigkeitsgleisen bewältigt werden muss - während sie zwischen Grafing Bahnhof und Trudering auf den zwei bestehenden Gleisen abgewickelt werden könnten. "Es ist vielmehr zu erwarten, dass auch und besonders dort ein weiteres Gleispaar nötig wäre." Die Planung dafür müsste aber bereits jetzt beginnen, fordert der Antrag. Darüber hinaus seien "stimmige Verkehrsprognosen und Nutzen-Kosten-Verhältnisse für den Zeithorizont 2050 für alle Abschnitte der nördlichen Zulaufstrecke München-Rosenheim-Kiefersfelden" vorzulegen. "Alle bisherigen Bundesverkehrswegeplan-Prognosen reichen nur bis zum Jahr 2030."

Ob das auch offiziell gefordert wird, hängt am Grafinger Stadtrat. Der tagt das nächste Mal am Dienstag, 7. Juli, um 19 Uhr in der Stadthalle.

© SZ vom 03.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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