Waakirchen:Unser Heimatpflanzerl

Miaschburger - Alternative zur Leberkassemmel

Susi Hoppe serviert zwei "Miaschburger".

(Foto: Manfred Neubauer)

Im Landkreis Miesbach soll bald eine vegetarische Alternative zum Hamburger in Serie gehen. Der "Miaschburger" besteht fast ausschließlich aus regionalen Zutaten

Von Matthias Köpf, Waakirchen

Hier auf der Grillplatte braucht der Neuling die Nachbarn schon mal nicht zu scheuen. Sicher, in der Küche von Markus Hoppes Brauereiwirtschaft in Waakirchen brutzeln immer donnerstags zum Burgertag auch viele Fleischlaibchen und Speckscheiben. Und mit diesem ausschließlich regional produzierten Fleisch mache Hoppe eigentlich "eh alles richtig", findet Anschi Hacklinger. Aber jetzt, wo der "Miaschburger" auf der Grillplatte langsam Farbe annimmt, macht Hoppe alles halt noch ein bisschen richtiger.

Regional, saisonal, bio und rein pflanzlich ist das Pflanzerl, das jetzt noch zum Garziehen in den Ofen und dann mit allerlei Salat und Soßen in die Burgersemmel kommt. Einen "Hochgenuss mit Heimvorteil" verheißen Anschi Hacklinger und ihre Mitstreiter von der Weyarner "Wirkstatt" den Essern im Landkreis Miesbach sowie all jenen, die dem Projekt durch ihre Beiträge in der gerade anlaufenden Crowdfunding-Kampagne zum Durchbruch verhelfen sollen. 100 Anteile zu je 50 Euro gäbe es da fürs Erste zu zeichnen, dann kann der "Miaschburger" in den Miesbacher Oberland-Werkstätten für Menschen mit Behinderung in die Serienproduktion gehen. Im Gegenzug bekommt jeder Anteilseigner einen Gutschein für einen Burger. Die Oberland-Werkstätten und die vorerst fünf beteiligten Wirte dürfen von August an gerne dran verdienen, doch sonst muss das Projekt keinerlei Gewinn abwerfen. Profitieren sollen stattdessen vor allem die Umwelt, das Klima und ein bisschen auch das Heimatgefühl der Miesbacher.

Nach deren mundartlicher Selbstbezeichnung als "Miaschbecker" ist auch der Burger benannt, der je nach Wirt und Garnitur ganz verschiedene Formen und Geschmacksnuancen annehmen kann. Am besten sollten alle weiteren Zutaten ebenfalls regional und bio sein, aber Anschi Hacklinger ist da ganz pragmatisch. "Der soll ja auch auf den Tisch kommen", sagt sie über den Burger. Wenn also ein Wirt mal spanischen Eisbergsalat in die Semmel steckt, weil er eben seine eigenen Bezugsquellen hat, dann ist es eben so. Einstehen will die "Wirkstatt" nur für ihr Pflanzerl.

Auch dessen Rezept ist in einer Art kulinarischem Crowdfunding entstanden. Am "Klimafrühling", den einige Landkreise im Oberland 2019 gemeinsam ausgerufen hatten, wollte sich auch die Wirkstatt beteiligen, eine Gruppe von veränderungswilligen Menschen, im Kern ein gutes Dutzend Aktive und dazu noch etliche fallweise Engagierte. Ihre Idee war es, dem massenweisen Fleischkonsum samt der oft scheinbar unvermeidlichen Leberkässemmel eine regionale Alternative entgegen zu setzen.

Von solchen Alternativen gibt es nach Anschi Hacklingers Geschmack viel zu wenige. Die Aktivistin aus Weyarn sitzt dort für die Grünen im Gemeinderat und wird neuerdings sogar ein bisschen fürs dauernde Vernetzen von allerlei regionalen Akteuren bezahlt. Eigentlich aber ist sie Musikerin. Als Kontrabassistin der alpinen Weltmusik-Gruppe "Fei Scho" war Hacklinger schon viel unterwegs und hat oft auswärts gegessen. "Kässpatzen oder Semmelknödel - immer das Gleiche, das nervt wahnsinnig." Markus Hoppe hat das bei dem Treffen im Januar nach eigenen Worten erst gar nicht verstanden. "Warum denn? Kässpatzen sind doch eigentlich total gut", habe er sich gedacht. Aber seither tischt er im "Hoppebräu" mehr Vegetarisches auf, und siehe da: "Die Resonanz ist gut."

Miaschburger - Alternative zur Leberkassemmel

Dass das fleischlose Miesbacher Burgerpflanzerl bald in Serie produziert wird, hat viel mit dem Einsatz von Anschi Hacklinger zu tun.

(Foto: Manfred Neubauer)

Der "Miaschburger" wird sich dem kulinarischen Wettbewerb stellen müssen, aber er ist ja auch selbst aus einem hervorgegangen. Denn die Wirkstatt lobte einen Preis für das beste vegetarische Burgerrezept aus, und überall im Landkreis fingen Menschen das Manschen an. Das Finale war dann ein kleines Spektakel, die Jury probierte sich durch 13 Burger und erklärte zwei junge Schwestern zu den Siegerinnen. Doch deren schwer käselastiges Pflanzerl hätte sich kaum wirtschaftlich produzieren lassen, sagt Anschi Hacklinger. Also machte Bernhard Wolf in der Küche seines "machtSinn" in Gmund aus dem Rezept eine Version, die ohne Käse auskommt.

Dieses "Patty", wie Kenner den zentralen Burger-Bestandteil nennen, besteht aus Buchweizen, Lauch, Gelben Rüben, Zwiebeln und zum Binden - ja, auch das: aus ein bisschen Sojamehl. Weil Soja und Buchweizen im Landkreis Miesbach nicht wachsen, hat die Miesbacher Burger-Initiative das Regionale als Umkreis von 80 Kilometern definiert. Das schließt gerade noch den Biohof bei Erding ein, von dem Buchweizen und Soja stammen. Als echter "Miaschburger" gilt das Pflanzerl dann eben wegen der anderen Zutaten. Expansionspläne gebe es nicht, sagt Anschi Hacklinger, und zum Beispiel die Tölzer oder die Rosenheimer in den Nachbarlandkreisen könnten sich womöglich sowieso nicht mit dem Namen identifizieren. Aber wenn jemand die Sache nachmachen wolle und kein Schindluder damit treibe: nur zu.

Daheim in Miesbach jedenfalls geht der "Miaschburger" bald in Serie. Der Auftritt dazu ist professionell, und die aktuellen Einblicke in deutsche Schlachtfabriken werden als Werbung auch nicht schaden. Man wolle niemanden missionieren und nicht gleich alle Welt zu Vegetariern machen, sagt Anschi Hacklinger. Mit dem Prototypen aus Markus Hoppes Küche könnte das jedenfalls öfter mal gelingen.

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