Schweiz:Heiße Fahrt

Schwitzen auf dem Wasser: Mit dem Saunaboot ist der Vierwaldstättersee ein Erlebnis. Das Boot dorthin zu bringen, war alles andere als einfach.

Von Isabell Pfaff

Saunaboot

Nicht nur zum Schwitzen, auch für Ausflüge auf dem Vierwaldstättersee ist das Saunaboot gefragt.

(Foto: Saunaboot)

Das Schönste an der ganzen Sache ist die Einfachheit. Ein 17 Quadratmeter kleines Boot, das sich so leicht steuern lässt wie ein Automatik-Auto. Ein Anker, den man einfach dort auswirft, wo es einem gefällt. Ein Ofen, der ziemlich schnell auf Touren kommt. Und eine kleine, feine Sauna, die nichts ist als ein heißer Raum mit einem großen Fenster, in dem man bei grandioser Aussicht schwitzen darf.

Dabei war es alles andere als einfach, dieses Boot auf den Vierwaldstättersee im Herzen der Schweiz zu bringen. "Als ich anfangs von der Idee erzählte, hat mich eigentlich keiner dazu ermutigt", sagt Res Wallimann. Der 32-jährige Luzerner mit den wilden Locken hatte das Prinzip in Finnland kennengelernt: eiskalte Winter, wilde Natur, ein See - und mittendrin eine Sauna auf einem Boot. Warum, dachte Wallimann, gibt es so etwas nicht in der Schweiz mit ihren ebenso malerischen Seen und ihren ebenso ungemütlichen Wintern? Die Idee setzte sich fest. Wallimann ging auf Reisen, tourte durch Neuseeland. Doch nebenbei begann er Informationen zu sammeln. Über die technischen Voraussetzungen, die rechtliche Lage in der Schweiz, das passende Baumaterial. "Als ich wiederkam, dachte ich: Ich versuche das jetzt so lange, bis mir einer sagt, hier geht es nicht weiter."

Wallimann, selbst gelernter Schreiner, tat sich mit zwei Freunden zusammen: dem Elektriker und Filmschaffenden Samuel Muff und der Designerin Stella Holz. Die beiden waren praktisch die einzigen, die von Anfang an begeistert waren von seiner Idee. "Und von unserem Können her haben wir uns einfach megagut ergänzt." Den Unterbau des Boots aus Schwimmern und geschweißter Plattform ließen die drei in Venedig anfertigen, den Rest bauten sie selber - in Handarbeit, in jeder freien Minute, die ihnen neben ihren anderen Jobs blieb.

Schweiz: 100 Grad, aber nur sieben Km/h: Das erste Saunaboot der Schweiz haben Stella Holz, Res Wallimann und Samuel Muff (von links) erdacht und gebaut.

100 Grad, aber nur sieben Km/h: Das erste Saunaboot der Schweiz haben Stella Holz, Res Wallimann und Samuel Muff (von links) erdacht und gebaut.

(Foto: Saunaboot)

Im Mai 2019 war es dann so weit: Nach zwei Jahren Planen und Bauen ließ das Trio das nagelneue Saunaboot zu Wasser. Zweieinhalb Meter breit, sieben Meter lang, ein quaderförmiger Holzbau, der auf der Plattform thront, darin die Sauna und ein kleiner Ruheraum. Und tatsächlich: Die SSR1 , benannt nach den Initialen ihrer Schöpfer, schwamm. "Natürlich haben wir alles berechnet, kalkuliert und auch Bootsstatiker um Rat gefragt", sagt Res Wallimann. Aber bis zur Wasserung ist das Boot eben nur ein Prototyp auf Papier. Erst als es auf dem Vierwaldstättersee schaukelte, wurde den drei Jungunternehmern klar: Das könnte was werden.

Seitdem ist die SSR1 nun das, was sich Res Wallimann vor drei Jahren einmal ausgedacht hat: das erste Saunaboot der Schweiz. Man kann es für maximal sechs Personen mieten und ohne Bootsprüfung steuern. Spitzengeschwindigkeit: sieben km/h. Anders hätte Wallimann es nicht haben wollen: "Saunieren ist etwas Intimes, vor allem auf einem so kleinen Boot. Da will man keinen Kapitän dazu engagieren."

Und tatsächlich besticht das Erlebnis Saunaboot neben seiner Einfachheit vor allem durch das Gefühl, autonom und ganz für sich den See zu erobern. Wer das Saunaboot gebucht hat, meldet sich einfach am Empfang des Seehotels Kastanienbaum in der Nähe von Luzern, in dessen Hafen das Saunaboot ankert. Dort erhält man den Schlüssel und eine kurze Einführung - und ist von da an schneller auf sich allein gestellt, als einem zunächst lieb ist. Leinen los, Motor an. Mit acht PS tuckert man sanft aus dem kleinen Hafenplatz, dann liegt er vor einem: der von Bergen umrahmte Vierwaldstättersee, der mit seinen vielen Armen in vier Kantone hineinragt. Während man sich einen Platz zum Ankern sucht, wird der Ofen angefeuert. Und dann ist alles wie immer beim Saunieren: schwitzen, entspannen, raus in die kalte Luft, eine Dusche mit Seewasser aus der Regenkelle, ein kurzes Bad im See, wieder rein in den Vorraum, ruhen.

Zwischen vier und sechs Stunden kann man die SSR1 mieten - vorausgesetzt, es regnet und stürmt nicht zu stark. Immer mit an Bord: Trinkwasser, Feuerholz, Anzünder, genug Benzin im Tank, Rettungswesten und ein Rettungsring. Wer mag, darf es spartanisch halten und Verpflegung, Bademäntel und Handtücher von zu Hause mitbringen. Doch auch luxuriöse Varianten sind möglich: Saunautensilien können dazu gemietet werden, und je nach Wunsch bereitet das Seehotel Kastanienbaum auch Frühstückskörbe, Snacks oder einen typisch schweizerischen Apéro zum Mitnehmen vor. Auf dem legendären Gewässer der Urschweiz in ein Stück Bergkäse oder Salsiz beißen: Es dürfte wenige Momente geben, in denen man der Schweizer Seele so nahe kommt.

Saunaboot

Aufheizen, reinspringen, abkühlen: Platz ist für sechs Personen.

(Foto: Saunaboot)

Obwohl Wallimann sich das Ganze ursprünglich mal als Winteraktivität vorgestellt hat, bekommen sie auch den Sommer über Buchungen. "Das hat mich überrascht. Wenn es warm ist, feuern die Leute den Ofen gar nicht immer an, sondern nutzen es wie ein Hausboot, sie picknicken und schwimmen im See." Man habe jetzt im Sommer mehr Buchungen für abends ab 20 Uhr oder für Regentage. Nach der Corona-Zwangspause ist das Boot seit Anfang Mai wieder regulär buchbar, desinfiziert wird vor jeder neuen Vermietung.

Was die Zukunft des Saunaboots angeht, haben Wallimann und seine Mitstreiter noch keine festen Pläne. Gleich ein zweites Boot in Angriff nehmen, weil es mit dem ersten so gut angelaufen ist? Wallimann denkt kurz nach. "Ich habe Freunde, die sich in meinem Alter selbständig gemacht haben und jetzt in der Arbeit ertrinken und ausbrennen", sagt er, "so etwas schreckt mich ab." Er arbeitet immer noch drei Tage die Woche als Werkstattleiter an der Luzerner Kunsthochschule und kümmert sich in der restlichen Zeit um die SSR1. Auch Stella Holz und Samuel Muff haben nebenbei andere Jobs. "Noch ein Saunaboot - das würde mehr Risiko, mehr Angebundensein bedeuten", sagt Wallimann. Er mag es lieber frei und einfach. Ganz so, wie sich ein Tag auf der SSR1 anfühlt.

Informationen: Auf dem Boot haben bis zu sechs Menschen Platz, vier Stunden kosten, je nach Wochentag, zwischen 300 und 450 Franken (280 bis 420 Euro), saunaboot.ch

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