Angela Merkel hat am Mittwoch zum letzten Mal im Europaparlament die Prioritäten einer deutschen Ratspräsidentschaft vorgestellt. Anfang Juli hatte die Bundesregierung für sechs Monate den Vorsitz im Rat der EU übernommen. Und die Kanzlerin fand nun die richtigen Worte.
Gleich zu Beginn betonte sie die Bedeutung von Menschen- und Bürgerrechten; sie warnte, eine Demokratie sei auf kritische Debatten angewiesen, und auch oppositionelle Stimmen müssten vernehmbar sein.
Das klingt selbstverständlich, ist es aber leider nicht mehr in Europa, wie die zunehmend autokratische Herrschaft von Premier Viktor Orbán in Ungarn oder der Regierungspartei PiS in Polen zeigt.
Wichtig ist daher, dass den schönen Worten Taten folgen. So werden kommende Woche die 27 Staats- und Regierungschefs bei einem Gipfel in Brüssel über das Corona-Hilfspaket und den Haushalt der EU verhandeln. Die EU-Kommission schlägt vor, Auszahlungen künftig davon abhängig zu machen, dass in den Empfängerländern der Rechtsstaat funktioniert.
Das würde heilsamen Druck auf Warschau und Budapest ausüben. Doch ist die Gefahr groß, dass diese Klausel am Widerstand osteuropäischer Regierungen scheitert. Merkel muss für diese Rechtsstaat-Vorgabe kämpfen - damit es nicht allein bei hehren Worten bleibt.