Ismaning:Michelangelos Erben

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Kunstwerke aus kostbarem Marmor: Marlin Kewitsch und seine Mitschüler aus der Abschlussklasse der Ismaninger Waldorfschule zeigen ihre sehenswerten Steinmetzarbeiten. (Foto: Stephan Rumpf)

Waldorfschüler zeigen Steinmetzarbeiten aus Carrara-Marmor

Wie genau es Massimo gelungen ist, seine Lieferung trotz der wegen der Corona-Pandemie erschwerten Bedingungen über die italienische Grenze zu bringen, ist nicht bekannt. Die Ladung jedenfalls, siebzig etwa 30 mal 40 mal 30 Zentimeter große Stücke feinsten Carrara-Marmors, ist heil von Seravezza in der Toskana in Ismaning angelangt, davon kann sich jeder überzeugen: Aus den rohen Marmorbrocken haben die Zwölftklässler der Waldorfschule Ismaning ihre Abschlussarbeiten im Bereich Kunst geformt. Die beeindruckenden Ergebnisse sind noch bis zum 17. Juli im Foyer der Schule zu sehen.

Traditionell reisen die Schüler des Abschlussjahrgangs der Rudolf-Steiner-Schule für zwei Wochen in die Nähe von Florenz, um dort Originale zu studieren und ihr Bildhauerpraktikum zu absolvieren. Da dies heuer nicht möglich war, musste diesmal übertragen gesprochen der Stein zum Künstler kommen. Dank des Einsatzes der Lehrkräfte und der Mithilfe eines Schülervaters, der kurzerhand fünf großflächige Zeltaufbauten zur Verfügung stellte, konnten die 31 Schülerinnen und Schüler der Abschlussklasse auf einer großen Wiese hinter dem Schulgelände in einer Freiluftwerkstatt zu Werke gehen.

Der Umgang mit kostbarem Marmor fordert dabei viel Fingerspitzengefühl und künstlerisches Einfühlungsvermögen. Nicht umsonst bildet das Steinmetzpraktikum den Abschluss der zwölfjährigen künstlerischen Ausbildung an der Waldorfschule, die mit der Gestaltung von Ton beginnt und sich über Holz, Metall, Zeichnen und Malen fortsetzt. An Stein als Material muss sich der Künstler herantasten. "Wer mit Stein arbeitet, muss sich sicher sein, was entstehen soll", sagt Kunstlehrerin Cornelia Nadolny. Der Umgang mit Spitz- und Zahneisen, teilweise auch der Flex, ist anspruchsvoll. Einmal abgeschlagen, gibt es kein Zurück mehr.

Nicht zuletzt entscheidet die Aufstellung über die Aussage des fertigen Kunstwerks. "Durch eine Schräglage bekommt der Stein eine ganz andere Kraft", erklärt Nadolny. In den Ergebnissen verweben sich glatte Flächen und Struktur; der schwere, helle Marmor scheint gen Himmel zu streben, rankt sich annemonengleich, strafft sich als stolzer Torso.

Die Steinmetzarbeiten können noch bis zum 17. Juli von Montag bis Freitag, 14 bis 16 Uhr, im Foyer der Waldorfschule, Dorfstraße 77, besichtigt werden.

© SZ vom 10.07.2020 / gna - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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