Vereinte Nationen:UN-Bericht: Unterernährung ist gefährlich auf dem Vormarsch

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In Afrika wächst die Zahl der Hungernden am schnellsten, heißt es im Welternährungsbericht der Vereinten Nationen. Im ostafrikanischen Somalia etwa verschärft eine Heuschreckenplage die Situation. (Foto: imago images/Gallo Images)

Eigentlich wollte die Welt den Hunger im Jahr 2030 besiegt haben. Doch offenbar steigt die Zahl der Unterernährten seit mehreren Jahren. Aktuell verschärfen die Corona-Krise und eine Heuschreckenplage die Lage zusätzlich.

Die Vereinten Nationen warnen vor einem sprunghaften Anstieg bei der Zahl der unterernährten Menschen durch die Corona-Krise. Derzeit ist mindestens jeder elfte Mensch unterernährt, wie aus dem aktuellen Welternährungsbericht der UN hervorgeht. Dazu gehören Millionen Kinder, die nicht genug zu essen bekommen, um gesund aufzuwachsen.

Insgesamt schätzen die Experten in ihrer Studie, dass im Jahr 2019 etwa 690 Millionen Menschen unterernährt waren - also knapp neun Prozent der Weltbevölkerung. Aufgrund der Corona-Krise könnten 83 bis 132 Millionen Menschen zusätzlich ernste Not leiden, warnen die fünf an der Studie beteiligten UN-Behörden, darunter die Welternährungsorganisation FAO in Rom.

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"Seit 2014 ist die Zahl hungriger Menschen weltweit langsam angestiegen", heißt es in dem Report für 2020. Das Plus seither betrage knapp 60 Millionen Menschen - das ist etwa die Einwohnerzahl Italiens. In den Jahren 2017 und 2018 hätten Konflikte und extreme Klimalagen die Ernährungssicherheit negativ beeinflusst. Beim Anstieg des Vorjahres um etwa zehn Millionen unterernährte Menschen seien Wirtschaftskrisen ausschlaggebend gewesen.

Für 2020 verdüsterten nun die Corona-Pandemie und eine "beispiellose Heuschreckenplage" in Ostafrika die Aussichten drastisch. "Die Situation kann sich nur verschlimmern, wenn wir nicht dringend handeln", schreiben die Chefs der fünf UN-Organisationen.

Die meisten Hungernden leben in Asien

Noch vor sechs Jahren hatte die FAO von einem Lichtblick im Kampf gegen den Hunger und von sinkenden Zahlen gesprochen. Das Ziel der Staatengemeinschaft, den Hunger bis zum Jahr 2030 zu stoppen, bleibt mit den neuen Prognosen jedoch in weiter Ferne. Im Gegenteil: Wenn sich der Trend der vergangenen Studien fortsetze, könnte es in zehn Jahren mehr als 840 Millionen Unterernährte geben.

Für den neuen Report haben neben der FAO das Kinderhilfswerk Unicef, die UN-Gesundheitsorganisation WHO, der Hilfsfonds IFAD und das Welternährungsprogramm WFP Daten zusammengetragen. In Asien leben nach Angaben der Experten am meisten hungrige Menschen (etwa 380 Millionen). Allerdings habe der Kontinent Fortschritte im Kampf gegen den Hunger erzielt. In Afrika dagegen wachse die Zahl am schnellsten.

Jeder vierte Mensch - oder etwa zwei Milliarden Männer, Frauen und Kinder - haben in ihrem Leben schon gehungert oder zeitweise nicht gewusst, woher das Essen für die nächsten Woche kommen soll, heißt es in der Studie. Wenn das Problem Kinder treffe, würden sie oft lebenslange Gesundheitsschäden erleiden. Im Bericht steht, dass geschätzt 144 Millionen unter Fünfjährige (21 Prozent) im Jahr 2019 wegen Ernährungsnot zu klein waren. Weitere 47 Millionen (7 Prozent) der Altersgruppe hatten Untergewicht für ihre Größe. Zugleich gehen die Experten von 38 Millionen Kindern in dem Alter (knapp 6 Prozent) aus, die Übergewicht haben.

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