Beachvolleyball:Gefragter als die Olympiasiegerin

Volleyballerin Louisa Lippmann

"Gang ins Ungewisse": Louisa Lippmann, 25, spielt am Wochenende ihr erstes Beachvolleyball-Turnier.

(Foto: Guido Kirchner/dpa)

Louisa Lippmann ist eine begabte Volleyballspielerin - in der Halle. Nun versucht sie sich im Sand und zieht vor ihrem ersten Turnier mehr Aufmerksamkeit auf sich als Laura Ludwig.

Von Sebastian Winter

Louisa Lippmann ist eine äußerst begabte Volleyballerin, aufschlag- und angriffsstark, sprunggewaltig - jedenfalls in der Halle. Sie ist dort zur deutschen Führungsfigur gereift, spätestens, als sie 2018 bei der WM in Japan das Publikum mit ihren Schmetterbällen verzückte. Nach Auslandslehrjahren in Florenz und Schanghai spielte sie zuletzt in Schwerin, das wegen der abgebrochenen Saison den Traum vom 13. Meistertitel noch vor den Playoffs begraben musste. Auch der Nationalmannschafts-Sommer fiel aus, weswegen sich Lippmann nun auf für sie völlig neues Terrain begibt.

Die Angreiferin startet am Wochenende in Düsseldorf beim ersten Qualifikationsturnier für die Beachvolleyball-DM in Timmendorfer Strand. Lippmann, 25, spielt mit Isabel Schneider, deren Partnerin Victoria Bieneck nach einer Verletzung noch nicht fit ist. "Als Gang ins Ungewisse" bezeichnete sie ihren experimentellen Ausflug in den Sand, der wohl nicht von Dauer ist. Der Halle möchte sie treu bleiben, auch weil sie dort ihr Geld verdient.

Mit ihrem Schritt zog sie trotzdem kurz vor dem Turnierstart die größte Aufmerksamkeit auf sich, die normalerweise Olympiasiegerin Laura Ludwig und deren Partnerin Margareta Kozuch für sich beanspruchen. Gerade die Verbindungslinien zu Kozuch sind dabei interessant. Denn Kozuch, die Champions-League-Siegerin von 2016, war selbst nach einer eindrücklichen Hallenkarriere in den Sand gewechselt - allerdings mit dem ehrgeizigen Ziel, zusammen mit Ludwig in Tokio zu glänzen.

Kozuch hat sich an der Seite von Ludwig weiterentwickelt im Sand, aber eine komplette Spielerin ist sie dort noch nicht. Bei ihr stellt sich - wie nun bei Lippmann - die Gretchenfrage: Kann jemand aus dem Hallenvolleyball, der allenfalls ein entfernter Verwandter der Sandvariante ist, auch auf dem weichen, unebenen Untergrund Erfolg haben? Dort also, wo neben mehr Gefühl, Spielwitz und Übersicht auch andere Techniken gefragt sind? In der Halle ersetzt die Libera eine Spielerin, wenn diese nicht annehmen kann. Zuspielen muss eine Angreiferin auch nicht. Die Aufgaben sind klar verteilt. Beachvolleyballer müssen so ziemlich alles gut können, Generalisten sein. Außer vielleicht im Block und in der Abwehr. Auch deshalb ist dieses Experiment so spannend. Es ist zugleich ein wichtiges Signal für den Verband (DVV), der - anders als früher - die kombinierte Ausbildung in Halle und Sand stärken will.

Der Modus der Meisterschaft ist gewöhnungsbedürftig

Für den DVV ist Lippmann als Publikumsmagnet (wenn es Publikum gäbe; Sport1 überträgt die Finals) eine gute Werbefläche, zumal es einige Ärgernisse gibt. Da wären zum Beispiel Kim Behrens und Cinja Tillmann, das fünftbeste deutsche Frauenduo, das vor dem Landgericht Frankfurt/Main Klage gegen den DVV eingereicht hat. Sie fechten die Nominierungskriterien des Verbandes an und fordern Schadenersatz für entfallene Preisgelder in Höhe von 22 000 Dollar. Am 12. August ist ein erster Gütetermin anberaumt.

Im Juni hatte außerdem Alexander Walkenhorst, dessen Schwester und Olympiasiegerin Kira gerade an ihrem Comeback arbeitet, eine hochkarätige private Serie initiiert, an der auch Spitzenduos teilnahmen - die "Beach-Liga" war groß in den Medien. Walkenhorst, im Verband sicher nicht der am besten beleumundete Spieler, sendete noch ein paar Spitzen in Richtung DVV, der demnach in der Corona-Zeit viel früher ein Konzept für eine zumindest abgespeckte Saison im Sand hätte vorlegen müssen. Als der DVV dann seine Planungen für die DM-Qualifikationsserie vorstellte, kam prompt wieder Kritik. Der Modus sei "ungerecht", kritisierte der frühere Hallen-Nationalspieler Dirk Westphal - der gerade die Beach-Liga gewonnen hat. Westphal spielt bei der offiziellen DM-Qualifikation nicht mit, wie der ehemalige DM-Zweite Eric Stadie und andere.

Der Modus ist tatsächlich gewöhnungsbedürftig, aber "mit den Spielervertretern abgesprochen gewesen", sagt der DVV: Die besten Acht der deutschen Rangliste sind für die DM gesetzt und spielen in Düsseldorf und später in Hamburg mit internationalen Teams aufgefüllte Einladungsturniere. Die Duos ab Platz neun kämpfen parallel an selber Stelle um die restlichen DM-Plätze. Je drei Einladungs- und Qualifikationsturniere gibt es für Frauen und Männer, immer im wöchentlichen Wechsel.

DVV-Sportdirektor Niclas Hildebrand verteidigt das Vorgehen, und macht klar, auf welchen Duos sein Fokus liegt: "Wir brauchen unsere Nationalteam-Spieler auf dem allerhöchsten Niveau für die Vorbereitung für Tokio." Deshalb sollen sie sich auch möglichst oft mit den Besten messen. Zumindest drei Duos möchte Hildebrand nach Japan schicken. Neben Kozuch und Ludwig, die ihre Babyplanungen für Olympia um ein Jahr verschoben hat, sind das Karla Borger und Julia Sude; außerdem die WM-Zweiten Julius Thole und Clemens Wickler, die wegen ihrer vielen Punkte schon für Tokio planen können. Louisa Lippmann muss aber zuschauen. Die DVV-Frauen haben im Herbst die Spiele in der Halle haarscharf verpasst.

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