Fernmeldeschule:Bundeswehr blockiert Feldafings Pläne für den Bau günstiger Wohnungen

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Staatssekretär Peter Tauber (Mitte) erkundigt sich mit CSU-Politiker Michael Kießling bei Kommandeur Rainer Simon über die Pöckinger Kaserne. (Foto: Georgine Treybal)

Staatssekretär Peter Tauber schließt bei seinem Besuch den Abzug auf absehbare Zeit aus. Bürgermeister Bernhard Sontheim ist verärgert.

Von Christian Deussing, Feldafing/Pöcking

Nachdem sich immer stärker abzeichnet, dass die Bundeswehr doch nicht aus Feldafing abziehen wird, reagiert Bürgermeister Bernhard Sontheim mit Empörung. Das Verhalten des Verteidigungsministeriums sei eine "Unverschämtheit und nicht mehr hinnehmbar", sagte er der SZ, nachdem Verteidigungsstaatssekretär Peter Tauber die IT-Bundeswehrschule in Feldafing und Pöcking am Donnerstag besucht hatte. Der CDU-Politiker machte hierbei klar, dass wegen des erhöhten Bedarfs an Cybersicherheit und IT-Ausbildung der Feldafinger Standort auf absehbare Zeit nicht aufgegeben werde.

Bereits seit 19 Jahren plane die Gemeinde, auf dem Areal dringend benötigten und auch bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und Gewerbe anzusiedeln. Doch man werde immer wieder hingehalten und vertröstet, "das Ministerium lässt uns am langen Arm verhungern und alles ist für die Katz", klagt der Feldafinger Rathauschef und spricht von einem Drama. Es habe mehrere Bürgerbeteiligungsverfahren gegeben, es seien Leitbilder entwickelt worden und schon vor 14 Jahren hätten die Technische Universität München und das Fraunhofer-Institut großes Interesse gezeigt, auf dem Gelände einen Campus zu entwickeln. Seit 2001 habe laut Sontheim die Gemeinde etwa 8,5 Millionen Euro gespart, um Flächen für die zivile Nutzung des 37 Hektar großen Geländes zu erwerben, auf dem die Artemed-Klinik gebaut und im vorigen Jahr eröffnet wurde - was Sontheim als "einzigen Lichtblick" wertet.

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Der Bürgermeister will noch die endgültige Entscheidung des Verteidigungsministeriums zur Standortfrage abwarten, die bis Frühjahr 2021 vorliegen soll. Sollte es tatsächlich nicht zum vollständigen Abzug kommen, wolle er die Planungsgelder von mehreren 100 000 Euro, die die Gemeinde bisher ausgegeben habe, bei der Bundesrepublik Deutschland einklagen.

Auch der Starnberger Wirtschaftsförderer Christoph Winkelkötter ist frustriert und erbost über das Verhalten der Bundeswehr. Er managt die Konversion, also die Umwandlung des militärischen Areals und hat hierfür mit interessierten Unternehmen und der Kommune Visionen entwickelt. Das Projekt hat der Freistaat mit mehr als 400 000 Euro gefördert, aber diese Gelder dürften nun auch verpulvert sein. Es sei viel angestoßen und die Konversion weit vorangetrieben worden, doch das Militär lasse "einen in der Luft hängen", ärgert sich Winkelkötter. Er betont, dass man mit so einer kleinen Gemeinde nicht wie mit einer Befehlsempfängerin umgehen dürfe. Denn Feldafing hätte ohne diese "Hinhaltetaktik" längst umplanen können, bedauert Winkelkötter die Entwicklung.

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Dabei war auch der einstige Heimat- und Finanzminister Markus Söder (CSU) vor drei Jahren noch davon ausgegangen, dass 2020 das weitläufige Areal in unmittelbarer Nähe des Starnberger Sees als "Herausforderung und Chance auf Neues mit großem Entwicklungspotenzial für die ganze Region" genutzt werden könne. Daraus ist nichts geworden.

Staatssekretär Tauber, der auch Kreisrat in seinem Heimatwahlkreis ist, räumte ein, dass er die kommunalpolitische Perspektive durchaus verstehe. Doch die Standorte der Schule für Informationstechnik und deren notwendigen Ausbau mit mehr Ausbildern sei nicht singulär, sondern nur politisch und gesamtmilitärisch bei einer inzwischen neuen Sicherheitslage zu lösen, sagte der Politiker bei seinem Besuch.

© SZ vom 18.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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