Jahresausstellung:Vielleicht klappt's im Klub

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Kunststudenten kämpfen gegen Restriktionen

Von Jürgen Moises, München

Die Klubs und die Kunststudenten gehören zu denjenigen, die besonders stark von den Corona-Maßnahmen betroffen sind. Die einen, weil ihre Türen Monate nach dem Lockdown weiterhin geschlossen sind. Die anderen, weil ihre seit jeher recht prekäre Lage noch schwieriger geworden ist. Da klingt es doch nach einer wunderbaren solidarischen Geschichte, wenn sich die Klubbetreiber, deren Mitarbeiter und die jungen Künstler gegenseitig unterstützen wollen. Und zwar, indem sie gemeinsam Kunstaktionen in den geschlossenen Klubs organisieren und damit ihre Probleme künstlerisch in die Öffentlichkeit tragen. Soweit zumindest die Idee, die auch deswegen entstand, weil die Jahresausstellung der Kunstakademie in diesem Jahr wegen Corona nicht in den eigenen Räumen stattfindet.

Aber nun grätschte plötzlich die Politik dazwischen, mit einer Verordnung, die die Nutzung der Klubs für andere Zwecke nun doch nicht zulassen soll. Damit, so die Stoßrichtung, keine "Hintertürchen" für heimliche Corona-Partys entstehen. Für Lou JP Mußgnug ist das unbegreiflich. Sie ist Studentin in der Klasse Julian Rosefeldt und an den Kunstaktionen inhaltlich und organisatorisch beteiligt. Insgesamt sechs Akademieklassen sind es, die in den Münchner Klubs Blitz, Harry Klein und Rote Sonne ausstellen wollen. Als Ergänzung zur Online-Ausstellung, die es in diesem seltsamen Corona-Jahr von Samstag an unter www.jahresausstellung2020.de zu sehen gibt. Weil keine Besucher in die Akademie dürfen. Selbst die Studenten dürfen diese nur noch unter strengen Reglements betreten, die von einer Security-Firma kontrolliert werden.

Auch das macht es mit der freien Kunst nicht einfach. Aber es ist für Lou JP Mußgnug verständlich, weil sie und ihre Kommilitonen natürlich auch nicht wollen, dass jemand krank wird. Deswegen hat sie selbst für den Blitz-Club einen Hygieneplan geschrieben. Sie haben sich um ein Besuchskonzept, Masken und Desinfektionsmittel gekümmert. Also alles, was es in Corona-Zeiten braucht. Auf dem Hygieneplan basiert übrigens auch Mußgnugs geplante Arbeit. Sie hat eine kleine Oper komponiert und einen Opernsänger gefunden, der für sie die Hygieneregeln singen wird. Also falls es dazu kommt. Wenn nicht, war die wochenlange Vorarbeit umsonst. Einige Studenten haben privates Geld in ihre Aktionen gesteckt. Und ein Ortswechsel würde nichts bringen, weil sich die Arbeiten alle inhaltlich auf die Klubs beziehen.

Über den Grund für den politischen Vorstoß kann die Studentin nur spekulieren. Weil man Klubs in Bayern nur mit Sex und Drogen verbindet und keine Wertschätzung für die Kunst und Clubkultur hat? Sollte es bei dem Öffnungsverbot bleiben, wäre das für Mußgnug vielleicht sogar ein Grund, aus München wegzugehen. Dabei habe sie sich nach vier Jahren, sagt sie, endlich hier eingelebt. Aus ihrer Enttäuschung heraus hat sie einen offenen Brief geschrieben, der die Sachlage zusammenfasst und den sie nach Absprache mit dem Präsidium und den Kommilitonen verbunden mit einer Petition in den sozialen Medien lancieren will. Im Moment hat sie aber noch Hoffnung. Und laut aktuellem Stand sieht auch gut aus, dass es zumindest für die Rote Sonne ein "OK" gibt. Über den Wert der Kunst und Klubkultur zu diskutieren, kann aber auch so nicht schaden. Denn das ist letztlich das, was Mußgnug mit ihrem Brief erreichen will.

© SZ vom 22.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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