Wahl in Syrien:Trauriges Schauspiel

Das Volk wendet sich ab, die Kriegsherren fordern ihren Lohn.

Von Paul-Anton Krüger

Mit freien und fairen Wahlen, wie sie der UN-Sicherheitsrat fordert, hatte diese Parlamentswahl nichts zu tun. Sie fügte sich ein in eine lange Reihe pseudodemokratischer Abstimmungen in Syrien, das wie eine korrupte Monarchie vom Familienclan um Präsident Baschar al-Assad beherrscht wird. Eine Opposition, die den Namen verdient, war nicht zugelassen, Millionen vertriebene Syrer blieben von dem Votum ausgeschlossen. Das Ergebnis stand fest, bevor das erste Wahllokal die Türen öffnete.

Nichts Neues an der Levante, wo die Assads und ihre Baath-Partei das Land seit 50 Jahren im eisernen Griff halten. Interessant aber ist, wie nun Milizenführer und Kriegsherren ins Parlament streben und dort anderen Sitze streitig machen, die fürs Überleben des Regimes nicht weniger zentral waren: loyale Geschäftsleute, die zu den Profiteuren von Assads Feldzug gegen das eigene Volk gehören.

Das Volk wendet sich ab, nur 33 Prozent beteiligten sich an dem traurigen Schauspiel; 2016, mitten im Krieg, sollen es 57 Prozent gewesen sein. Assad hat den Krieg wohl für sich entscheiden, den Syrern aber geht es so schlecht wie nie zuvor. Nun fordern die Kriegsherren ihre Pfründe. Die Korruption zerfrisst das Regime; dieses Problem kann Assad nicht lösen, indem er Bomben auf seine Untertanen werfen lässt.

© SZ vom 23.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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