Rosenheim:Protest gegen neue Gleise

Brennerbasistunnel

Die Deutsche Bahn will zwei neue Gleise um Rosenheim herum und weiter durch das bayerische Inntal Richtung Brennerbasistunnel legen.

(Foto: Matthias Köpf)

Die Deutsche Bahn will Richtung Brennerbasistunnel neue Schienen legen. Der Bund Naturschutz und Bürgerinitiativen lehnen dies ab - und bekommen nun Unterstützung von der Stadt und dem Landkreis Rosenheim.

Von Matthias Köpf, Rosenheim

Es müsse endlich mehr Verkehr auf die Schiene, daran will Richard Mergner keine Zweifel aufkommen lassen. Doch diese beiden neuen Gleise, wie sie die Deutsche Bahn um Rosenheim herum und weiter durch das bayerische Inntal Richtung Brennerbasistunnel legen will, lehnt der Landesvorsitzende des Bund Naturschutz genau so eindeutig ab, und das in jeder der momentan fünf Varianten. Diese prüft die Regierung von Oberbayern gerade in einem Raumordnungsverfahren auf ihre landesplanerische Verträglichkeit, womit das Großprojekt aus Mergners Sicht "in eine entscheidende Phase" eintritt. Von Verträglichkeit könne aber bei keiner der möglichen Neubautrassen die Rede sein, bekräftigt Mergner am Donnerstag in Rosenheim. Zu viel landwirtschaftlicher Grund gehe verloren, erklärt der BN in seltener Einigkeit mit dem Bauernverband, zu groß seien die Eingriffe ins Landschaftsbild, in Biotope, Moore, FFH-Flächen, Trinkwasser- und Naturschutzgebiete.

Wenn sich die Bahn-Planer wie angekündigt spätestens Anfang kommenden Jahres auf eine Trasse festlegen, wird es aus Sicht des BN und nahezu der ganzen Region so oder so die falsche sein: Statt einer neuen, technisch äußerst aufwendigen Hochgeschwindigkeitstrasse fordern sie, die beiden bestehenden Gleise durchs Inntal auszubauen, zu modernisieren und mit maximalem Lärmschutz auszustatten. Dass diese Gleise in einem europäischen Bahnkorridor zwischen Skandinavien und dem Mittelmeer keinen neuen Flaschenhals bilden, sondern auch nach Eröffnung des Brennerbasistunnels noch genügend freie Kapazitäten haben werden, sehen der BN und die 18 Bürgerinitiativen im Raum Rosenheim durch ein Gutachten belegt, das sie selbst in Auftrag gegeben haben. Die Szenarien zur Entwicklung der Wirtschaft und des Güterverkehrs bis 2050, mit denen Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) die Notwendigkeit neuer Gleise begründet hat, halten der BN und die Bürgerinitiativen auch ohne mögliche Corona-Spätfolgen für unglaubwürdig.

Die Notwendigkeit neuer Gleise sei nicht belegt, heißt es auch in einer Stellungnahme der Stadt Rosenheim, die der Stadtrat am Mittwoch beschlossen hat. Damit stellt sich die Stadt so klar gegen das Projekt, dass es auch Thomas Riedrich als Sprecher des Vereins Brennerdialog Rosenheimer Land und damit aller 18 BIs überrascht hat. Kurz zuvor hatte auch der Rosenheimer Kreistag einhellig alle Varianten zurückgewiesen, aber zugleich die Forderung aufgestellt, neue Gleise so weit wie möglich unterirdisch verlaufen zu lassen. Trotz dieser vom Rosenheimer OB Andreas März und Landrat Otto Lederer (beide CSU) organisierten Einhelligkeit traut Riedrich der CSU erklärtermaßen nicht über den Weg. Sollte sie den Brennerzulauf in der geplanten Form durchsetzen wollen, werde sie ein zweites Wackersdorf erleben.

Auch BN-Chef Mergner verweist auf die Politik, und da besonders auf die Reihe der christsozialen Bundesverkehrsminister, die es durchgehend versäumt hätten, den Güterverkehr per Lkw teurer zu machen und den Brennerzulauf in ein Gesamtkonzept zur Stärkung der Bahn einzubetten. Ministerpräsident Markus Söder, Scheuer und dessen Vorgänger Alexander Dobrindt als jetziger Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag müssten endlich ihre Blockadehaltung aufgeben und auch einen Ausbau der Bestandsstrecke durchs Inntal prüfen lassen. Doch nicht nur bei der CSU gibt es unterschiedliche Ansichten auf unterschiedlichen Ebenen. Auch die bayerischen Grünen haben sich bei ihrem kleinen Parteitag vor zwei Wochen mit zwei gegensätzlichen Anträgen zum Brennerzulauf befasst. Die große Mehrheit folgte dem Antrag aus der Landes- und Bundesebene, wonach neue Gleise zum Brenner gebaut werden sollen.

Zur SZ-Startseite

Brennerbasistunnel
:Die Angst der Anwohner vor einem "Inntal 21"

Die Planer der Bahn haben ihre zahlreichen Gleiskorridore Richtung Brennerbasistunnel zu fünf Grobtrassen verdichtet. Kritiker halten sie allesamt für unnötig.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: