Erneute Bohrung:Dritter Anlauf für Geothermie-Nutzung

Mit einer Art überdimensionierter "Fußbodenheizung" will Enex-Geschäftsführer Robert Straubinger in Gelting die Erdwärme doch noch nutzbar machen. 2021 soll es losgehen

Von Susanne Hauck, Geretsried

Geothermieanlage Hofgut Breitenbach bei Gelting, Geretsried

Wieder einmal versucht die Firma Enex beim Gut Breitenbach in Gelting ihr Glück. "Eaver Loops" heißt das neue Verfahren, für dessen Technik viel Platz gebraucht wird. Für den neuen Bohrplatz müssen 9000 Quadratmeter Wald gerodet werden.

(Foto: Enex/oh)

Totgesagte leben womöglich länger. Kaum jemand hätte nach zwei gescheiterten Bohrungen geglaubt, dass zwei alte Bekannte mit einem neuen Geothermie-Projekt unterm Arm noch einmal im Geretsrieder Stadtrat vorstellig würden. Aber genau so kam es vor Kurzem. Enex-Geschäftsführer Robert Straubinger und Hörmann-Projektmanager Andreas Gahr wollen am Standort Geltinger Tierheim erneut bohren. Neue Technik soll die alten Probleme obsolet machen. Ob genug heißes Wasser in der Tiefe vorhanden ist, spielt bei dem Verfahren namens "Eavor Loops" nämlich keine Rolle.

Wie dieses Verfahren funktioniert, erklärte Straubinger, der sich mittlerweile mit der kanadischen Bohrfirma Eavor Technologies zusammengetan hat, in einfachen Worten so: "Man kann sich das wie eine überdimensionierte Fußbodenheizung vorstellen. Man schüttet an der einen Seite kaltes Wasser rein und holt an der anderen Seite heißes raus." Gebohrt wird diesmal nicht horizontal, sondern vertikal. Für die vier "Loops" genannten geschlossenen Wärmekreisläufe braucht es 60 Kilometer. "Eine ganz schöne Hausnummer", meinte Straubinger. "Aber wir benötigen viel Strecke, um Wärme reinzubringen." Für die langen vertikalen "Finger" muss der wegen seines Gesteins besonders geeignete Bohrplatz am Tierheim wesentlich vergrößert werden. Derzeit laufen deswegen die Verhandlungen mit dem Grundstückseigentümer.

Straubinger erklärte anschließend die Details zu dem Projekt. Es werden zwei Bohranlagen benötigt, die sich - ähnlich wie bei einem Tunnelbau - gleichzeitig in die Erde schrauben. An beiden Seiten will die "Erdwärme Geretsried" ein Kraftwerk errichten, dazu kommt ein Anschluss für das Fernwärmenetz der Stadt Geretsried. Denn es ist wie bei den gescheiterten Vorläuferprojekten geplant, die Kommune mit Strom zu versorgen. Der Enex-Geschäftsführer sprach von einer Leistung von bis zu 60 Megawatt. "Viel zu viel, um in Geretsried abgenommen zu werden", sagte er. Deshalb solle die Überproduktion in eine Verstromungsanlage eingespeist werden. Wermutstropfen: Für den neuen Bohrplatz müssen 9000 Quadratmeter Wald gefällt werden. Straubinger rechnet mit der Erweiterung des Geländes im zweiten Quartal nächsten Jahres und einer Bohrdauer von 18 Monaten.

Erneute Bohrung: Eine neue Technik und ein neuer Partner sollen Enex-Geschäftsführer Robert Straubinger den Erfolg bringen.

Eine neue Technik und ein neuer Partner sollen Enex-Geschäftsführer Robert Straubinger den Erfolg bringen.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Der Geothermie-Spezialist hat außerdem einen Forschungsauftrag in der Tasche für ein altbekanntes Problem, dessen Lösung man mittlerweile zu kennen glaubt. Die Auswertung der Ergebnisse der früheren Fehlbohrung habe gezeigt, dass der hohe Pumpdruck wohl die "Klüfte" genannten feinen Fugen im Gestein verschlossen hat, sodass das Heißwasser nicht in ausreichender Menge nachsprudeln konnte. Künftig soll das Einblasen von Stützmitteln wie Sand und Quarz das Offenhalten der Klüfte gewährleisten. Ende des Jahres soll am Standort Breitenbach, an dem außerdem ein großes Photovoltaik-Projekt geplant ist, ein Testbetrieb laufen und ein Vierteljahr später die Auswertung erfolgen.

Während die Vertreter der Energiewende Oberland alle Hoffnungen auf die innovative Technik legten, um den Ausstieg der Stadt Geretsried aus der fossilen Energie doch noch rechtzeitig bis 2035 zu schaffen, übte sich der Stadtrat in Zurückhaltung. Dominik Irmer (Freie Wähler/FDP) gab die "Unwägbarkeiten" angesichts des Loop-Verfahrens zu bedenken. Franz Wirtensohn (CSU) kritisierte, dass schon "wertvolles Biotop für Fehlbohrungen zerstört" worden sei. "Hände weg vom Buchberger Zipfel", warnte er. Noch ist offen, wie es mit der Geothermie weitergeht. Der Arbeitskreis Klima befasst sich mit dem Thema, ehe es wieder dem Stadtrat vorliegt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: