EU-Flüchtlingspolitik:Nicht mehr zu retten

Die Menschen kommen, und Europa lässt sie stranden.

Von Andrea Bachstein

Zum trostlosen Flüchtlingsgeschehen am Mittelmeer gehört, dass es kaum Neues gibt, außer der Komplikation durch Corona. Wie immer steigen im Sommer mehr Menschen in Boote, um von Nordafrika nach Europa zu gelangen, wie immer gibt es Tote. Und so lange schon ist die Lage in Libyen desaströs, gerade für die Hunderttausenden Migranten dort. Unverändert aber auch, was sich ändern ließe: Es fehlt ein neues EU-Regelwerk für Migration und Flüchtlingsverteilung.

Italien, Griechenland und Spanien tragen die Bürde, Bootsflüchtlinge zu retten und aufzufangen. Rom hat sich von einem Gutteil der Verantwortung freigekauft durch ein dieses Jahr erneuertes Abkommen zur Aufrüstung von Libyens sogenannter Küstenwache. Die tritt jedoch weniger in Erscheinung als Retter Schiffbrüchiger denn durch deren Rückführung - wider internationales Recht. Rom hat den Deal unterzeichnet, doch auch die EU kauft sich so frei, weil sie mitzahlt - wissend, was Flüchtlingen in Libyen droht.

Dass nun Militär in Sizilien für Sicherheit sorgen soll, weil sich trotz Corona aus völlig überlasteten Zentren Migranten absetzen, ist nur eine weitere Notlösung im dysfunktionalen EU-System. Der Bundesinnenminister sagte kürzlich, die aktuelle Lage sei "nicht würdig" für die EU. Recht hat er.

© SZ vom 29.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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