Kino:Schöner scheitern

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In der Doku "Weltreise mit Buddha" trifft Jesco Puluj buddhistische Mönche auf der Suche nach Glück - und findet etwas anderes

Von Cora Wucherer, München

Irgendwo tief in Thailand sitzt ein buddhistischer Mönch und streichelt seine vegan lebende Katze. Die Sonne taucht sein Gesicht in warmes, goldenes Licht, sein Lächeln lässt ihn aussehen, als wäre er auch von innen erleuchtet. "Meine Katze ist meine beste Freundin", sagt Julien, der Mönch, "sie kennt sich aus mit Karma, deshalb lebt sie seit Jahren freiwillig vegan."

Eine skurrile Szene und die erste Begegnung von einem buddhistischen Mönch mit Jesco Puluj. Puluj ist 33 Jahre alt und Filmemacher. 2017 machte er sich auf, den Buddhismus in verschiedenen Ländern zu erkunden und mit seiner Kamera festzuhalten. Herausgekommen ist die Dokumentation "Weltreise mit Buddha", die an diesem Donnerstag in den Kinos startet. Für sein Erstlingswerk reiste Puluj nach Thailand, Japan, Nepal, China und die Mongolei, aber auch an überraschende Orte wie Irland und Afrika. Dort spricht er mit buddhistischen Mönchen und Nonnen und versucht sich selbst als Novize.

Jesco Puluj ist Münchner, versteht sich selbst aber als Nomade. Seit er 18 ist, reist er, auch während der "Weltreise mit Buddha" hatte er keinen festen Wohnsitz. Für den Dokumentarfilm zog der Filmemacher alleine los, ohne Team, ohne Regisseur, ohne komplette Finanzierung. "So gab es auch niemanden, der mir sagte: 'Das Projekt wird scheitern, schmeiß hin.' Wenn ich zuvor alles geplant und finanziert hätte, wäre der Film niemals entstanden", sagt der 33-Jährige. Durch glückliche Zufälle, Spenden und Crowdfunding ging seine Reise immer weiter. "Ich habe immer auf die Krise gewartet, doch es kam keine." Sein größtes Problem: der Essenz des Buddhismus auf den Grund zu gehen und sie gleichzeitig filmisch aufzubereiten. Zwei Ziele, die sich komplett widersprachen. "Weltreise mit Buddha" schafft den Balanceakt, auch indem der Konflikt thematisiert wird.

Die Faszination des Buddhismus liegt für Puluj, der sich selbst als nicht religiös einstuft, unter anderem darin, dass diese Religion noch nicht so umfassend betrachtet wurde. "Weltreise mit Buddha" ist kein Werbefilm für den Buddhismus, aber auch keine kritische Auseinandersetzung. Wer sich eine Wertung wünscht, wird enttäuscht. Vielmehr zeigt Puluj die Weltreligion aus einer neutralen Beobachtungsperspektive und überlässt es dem Zuschauer, sich seine Meinung zu bilden über die mal merkwürdigen, mal unerwarteten, mal klischeehaften Begegnungen. Dabei bleibt sein Blick immer neugierig und authentisch. Das Voice-Over, mit dem Puluj mit ruhiger Stimme durch die Reise führt, erinnert an einen Meditations-Podcast. Langweilig wird der Dokumentarfilm höchstens für Zuschauer, die sich nicht für Buddhismus interessieren.

Was ist der Kern des Buddhismus? Wieso scheint die Weltreligion so glücklich zu machen? Die Doku setzt sich detailliert mit diesen Fragen auseinander, zeigt aber vor allem den Facettenreichtum des Buddhismus. Seien es ein sprechender Roboter-Mönch, japanische Mönche, die eine buddhistische Szene-Bar betreiben oder ein irischer Buddhist, der von moderner Wissenschaft überzeugt ist. Jeder hat seine eigene Lehre aus dem Buddhismus gezogen, Letzterer diese: Leiden ist eine komplexe, nützliche Erfahrung, weil es ein Warnsignal ist, dass etwas im Individuum falsch läuft. Das ist einer dieser Sätze, bei denen sich der Zuschauer fast wünscht, ein Notizbuch mit in den Kinosaal genommen zu haben.

Der Buddhismus hat viele Facetten. Jesco Puluj (re.) hat diese mit seiner Kamera eingefangen. Vor ihm ein Roboter-Mönch, der Weisheiten von sich gibt, in einem Tempel bei Peking. (Foto: Happy Entertainment)

Neben buddhistischen Weisheiten bietet der Dokumentarfilm auch faszinierende Einblicke in die 60 000 Kilometer lange Reise, die Jesco Puluj zurücklegte. Sonnenuntergänge in Thailand, erschreckende Skulpturen in Irland, Cocktailkarten in Japan: "Weltreise mit Buddha" macht deutlich, wie unterschiedlich der Buddhismus ausgelebt wird.

Sein eigenes Glück findet Jesco Puluj auf seiner Reise nicht im Buddhismus - dafür aber die Liebe zu seinem Beruf. Puluj hat Film an der Raindance Filmschool studiert, Kurzfilme dreht er schon seit Jahren. "Es war immer mein Lebenstraum, mit einem großen Film ins Kino zu kommen", erzählt er. "Das Filmemachen ist Glück und Unglück in meinem Leben. Wenn Ablehnungen kamen, war das sehr frustrierend." Von Filmfestivals zum Beispiel, die die Buddhismus-Doku ablehnten, weil sie zu nischig sei oder zu oberflächlich. Dass "Weltreise mit Buddha" es doch auf die Kinoleinwände schafft, verdankt Puluj auch seinem Agenten, der an den Film glaubte, selbst wenn Puluj es nicht mehr tat.

Nun bereiten Jesco Puluj nur noch die leeren Kinosäle Sorgen, wegen der Pandemie und den sommerlichen Temperaturen - und sein nächstes Projekt, eine fiktionale Fernsehserie, für die er noch Partner sucht. "Ich setze mir so hohe Ziele, dass sie mich einschüchtern", sagt Puluj. "Genau wie damals mit dem Dokumentarfilm. Weil man dann problemlos scheitern kann, ohne sich gescheitert zu fühlen." Gescheitert ist er mit "Weltreise mit Buddha" nicht. Auf der Suche nach dem Glück ist er aber noch immer.

Weltreise mit Buddha , Regie: Jesco Puluj, Preview mit Regisseur, Mi., 29. Juli, 20.30 Uhr, Neues Rottmann, Rottmannstraße 15, Telefon 52 16 83, weitere Kinos und Spielzeiten ab Do., 30. Juli

© SZ vom 29.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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