Borussia Mönchengladbach:Finger weg von Ginter!

15 09 2018 Fussball GER Saison 2018 2019 1 Bundesliga 3 Spieltag VFL Borussia Mönchengladbach

Umworben von Inter Mailand, dem FC Chelsea und Atlético Madrid: Innenverteidiger Matthias Ginter.

(Foto: Siegfried Wensierski/Imago)

Bei Gladbach soll in diesem Transfer-Sommer alles anders laufen: Der Klub will keine Spieler abgeben. In Europa sind aber einige Leistungsträger begehrt - allen voran Stabilisator Matthias Ginter.

Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

Jedes Mal, wenn der Fußballmanager Max Eberl öffentlich erklärt, dass sein Verein Borussia Mönchengladbach in diesem Sommer keinen relevanten Spieler verkaufen wird, gibt es anschließend Transfergerüchte. Es wirkt geradezu, als wolle die gewaltige Branche dem Einzelnen klar machen, wie klein und machtlos er ist.

Vor wenigen Wochen hatte Eberl erstmals erläutert, dass man diesmal eigentlich bloß den bewährten Kader zusammenhalten wolle, da schien auf einmal die halbe englische Premier League Interesse am Mittelfeldspieler Denis Zakaria zu entwickeln. Vor wenigen Tagen untermauerte Eberl seine coronabedingte Personalstrategie, und jetzt sollen sich plötzlich Atlético Madrid, Inter Mailand und der FC Chelsea aus London um den Verteidiger Matthias Ginter bemühen. An den Stürmern Alassane Plea und Marcus Thuram gibt es dem Vernehmen nach ohnehin latentes Interesse zahlungskräftiger britischer Klubs. Bis zum 5. Oktober ist in diesem Jahr ausnahmsweise das Transferfenster geöffnet. Das könnten noch 68 ganz schön nervige Tage werden für Gladbachs Sportdirektor.

Gladbachs lukrativste Spielerverkäufe

2012 Marco Reus für 17 Millionen zu Borussia Dortmund

2014 Marc-André ter Stegen für 12 Millionen zum FC Barcelona

2015 Max Kruse für 12 Millionen zum VfL Wolfsburg

2016 Granit Xhaka für 45 Millionen zum FC Arsenal

2017 Mahmoud Dahoud für 12 Millionen zu Borussia Dortmund

2018 Jannik Vestergaard für 25 Millionen zum FC Southampton

2019 Thorgan Hazard für 25 Millionen zu Borussia Dortmund

2020 Bislang diverse Angebote, unter anderem für Matthias Ginter

Nach jeder der vergangenen sechs Spielzeiten hat die Borussia mindestens einen relevanten Spieler verkauft. "Diesmal geben wir niemanden ab", sagt Eberl, "zum ersten Mal seit langem halten wir unseren Kader zusammen." In Mönchengladbach hat man eigentlich längst akzeptiert und sogar davon profitiert, dass nach erfolgreichen Spielzeiten bedeutsame Spieler verkauft werden, weil man auch über derlei lukrative Transfers den Kader finanziert. Doch in diesem Sommer sind zwei Dinge anders: Erstens passt Gladbachs Kader schon jetzt so gut zusammen, dass man damit auch zusätzlich die Champions League spielen kann; zweitens könnte es in einem durch Corona verunsicherten Markt schwierig werden, für eventuelle Verkäufe adäquaten Ersatz zu finden.

Statt also eine vielleicht zweistellige Millionensumme in neue Spieler zu stecken, würden die Gladbacher sich lieber darum bemühen, ihre international umworbenen Fußballer zu behalten. Bei Zakaria (Vertrag bis 2022), Plea und Thuram (Verträge bis 2023) könnte das gelingen, sofern nicht plötzlich ein "unmoralisches Angebot", wie es Eberl gern nennt, auf den Tisch flattert. Bei Ginter ist die Sache ein bisschen schwieriger. Sein Vertrag läuft im nächsten Jahr aus, und es heißt, er könnte etwa bei Inter Mailand das Zwei- bis Dreifache seines derzeit auf 3,5 Millionen Euro geschätzten Jahresgehalts verdienen. Wenn Eberl jetzt also versuchen sollte, Ginters Vertrag zu verlängern, dann müsste dies vermutlich mit einer kräftigen Gehaltserhöhung einhergehen.

Ginter nimmt in Roses System eine bedeutsame Rolle ein

Ginter, 26, vor drei Jahren für 17 Millionen Euro von Borussia Dortmund verpflichtet, ist für die Stabilität der auf hohes Pressing ausgerichteten Mannschaft sehr wichtig. Spektakulär muten in Mönchengladbach zwar die vielen Tore und schönen Zuspiele der Angreifer Pléa, Thuram, Breel Embolo und Lars Stindl an, doch stolz ist man auch auf etwas anderes - nämlich dass die Borussia schon in der ersten Saison mit dem neuem Spielsystem unter dem neuen Trainer Marco Rose nur 40 Gegentore kassiert hat. Nur Bayern München (32) und RB Leipzig (37) waren da besser. Ginter und Zakaria auf der letzten und der vorletzten Horizontalebene vor dem eigenen Tor nehmen dabei eine bedeutsame Rolle ein. "Hoch anlaufen und hoch verschieben", hat Ginter das System einmal knapp umschrieben und betont, dass das Pressing in solch luftigen Höhen (also weit drinnen im Spielfeld) ein ausgeprägtes Miteinander erfordere. Jeder müsse immer für den anderen da sein. Und wirklich will Ginter in Gladbach "einen ganz besonderen Teamgeist" ausgemacht haben.

Ein sowohl emotionaler wie auch finanzieller Anreiz wäre eine optimale Voraussetzung dafür, um den Weltmeister von 2014 - allerdings ohne Einsatz - zu halten. Und tatsächlich lässt Ginter diesbezüglich bereits die Tendenz erkennen, am Niederrhein verweilen zu wollen. Er benutzt dazu allerdings Vokabeln wie etwa "grundsätzlich", weil man im Fußball bekanntlich nie etwas ausschließen darf. Dass sich nun offenbar Klubs in aller Herren Länder für den gebürtigen Freiburger interessieren, daran hat er mit seinen zuletzt starken Leistungen selbst den größten Anteil.

Im Fall Ginter wird sich in den kommenden Wochen zeigen, ob Eberl seinen Worten Taten folgen lassen kann

Vom Fachblatt Kicker ist Ginter notengleich mit dem Dortmunder Mats Hummels und minimal besser als Münchens David Alaba zum besten Innenverteidiger der Bundesliga gekürt worden. Zu Beginn der Saison, in den ersten Spielen unter dem neuen Trainer Rose, hatte noch nicht alles gleich geklappt. Beim 1:3 gegen Leipzig in der Bundesliga Ende August und zwei Wochen später beim blamablen 0:4 gegen das österreichische Team aus Wolfsberg in der Europa League wirkte das Team noch etwas schreckhaft. Aber obwohl man in dieser Europa League dann auch schon in der Gruppenphase ausschied und sich aus dem DFB-Pokal bereits Ende Oktober in Dortmund verabschiedete, wuchs die Mannschaft in der Rückrunde spielerisch immer besser zusammen.

Am Ende zog man - anders als in der vorangegangenen Saison - an Bayer Leverkusen vorbei auf den vierten Platz und sicherte dem Klub Champions-League-Mindesteinnahmen von 25 Millionen Euro. Diese veranlassten den Sportchef Eberl zu der Aussage, dass man diesmal keinen Spieler abgeben wolle. Im Fall Ginter wird sich in den kommenden Wochen nun zeigen, ob Eberl seinen Worten Taten folgen lassen kann. Der Markt wird es ihm vermutlich ziemlich schwer machen in den nächsten 68 Tagen.

Zur SZ-Startseite
Champions League: Timo Werner beim Spiel RB Leipzig gegen Tottenham Hotspur

Timo Werner
:Chelseas neues Wahrzeichen

Timo Werner kommt als Topspieler in ein Team, in dem viele erst Anfang 20 sind. Der Auftrag des Sprinters ist klar: Er soll den Klub auf ein neues Niveau heben.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: