Fußball:Bundesliga soll wieder vor Zuschauern spielen

Die 36 Fußballklubs einigen sich auf ein Konzept für die neue Saison - ohne auswärtige Fans, Alkohol und Stehplätze.

Von Barbara Klimke, München/Frankfurt

Nach der erfolgreichen Wiederaufnahme des Spielbetriebs wagt sich die Deutsche Fußball-Liga (DFL) an den nächsten Versuch, ihr Geschäftsmodell zu retten. Zu den Partien der 36 Profiklubs soll wieder Publikum kommen dürfen, zumindest in überschaubarer Zahl.

Ob ein Verein Zuschauer auf die Tribünen lassen möchte und in welcher Größenordnung, obliegt der Entscheidung jedes einzelnen Klubs in Abstimmung mit den Behörden. Das letzte Wort hat ohnehin die Politik. Aber einen verbindlichen Rahmen für das Besucherprogramm hat die DFL nun abgesteckt. Im Grunde handelte es sich um eine Verbotsliste mit vier Punkten: keine Gästefans, keine Stehplätze, kein anonymer Ticketverkauf, kein Alkoholausschank im Stadion. "Aktuell", so erläuterte der DFL-Geschäftsführer Christian Seifert, "spielt Corona eben noch mit."

Sicherheitsbedenken standen im Vordergrund bei der Außerordentlichen Mitgliederversammlung der DFL in Frankfurt. Zwar wurde die Liga zuletzt allgemein gelobt für ihren fast hermetisch abgeschlossenen Geisterspielbetrieb nach der Corona-Pause, der weltweit Nachahmer fand. Aber der Vertrauensvorschuss, das ahnen die Klubs, ist leicht verspielt, wenn die neue Saison mit der ersten DFB-Pokalrunde am 11. September beginnt.

So legten die Klubs nun ein Konzept vor, "erst einmal ein Stück Papier", wie Seifert sagte, dessen Umsetzung bei jedem Schritt der Prüfung bedarf. Denn Priorität hätten in Deutschland "im Moment nicht volle Stadien, sondern die Gesundheit der Menschen". Auch wenn es für einige Klubs um den wirtschaftlichen Fortbestand geht. Einheitlich geregelt werden das Bierverbot und die Einführung personalisierter Online-Tickets, mit denen eine Nachverfolgung von Ansteckungsketten möglich wäre, ebenso der Stehplatzverzicht. Fanvertretungen reagierten zurückhaltend: dass die Beschlüsse dem Gesundheitsschutz dienten, sei verständlich, sagte Markus Sotirianos vom Bündnis "Unsere Kurve" der Agentur SID. Eine Möglichkeit, auch Gästefans einzulassen, hätte man aber begrüßt.

Doch es gibt Gründe für die Vorsicht. Als mahnendes Beispiel für den Fußball als Infektionsbeschleuniger steht das Achtelfinalspiel der Champions League zwischen Atalanta Bergamo und dem FC Valencia (4:1), das am 19. Februar in Mailand ausgetragen wurde. In Italien trägt es heute den traurigen Beinamen "Partita zero", Spiel null: Dicht an dicht schoben sich die Zuschauer damals durch die U-Bahn zur Arena und durch die Stadiontore, 44 000 Besucher drängten sich auf den Rängen. Zwei Wochen später schossen in der Region die Fallzahlen in die Höhe.

Auch deshalb werden die DFL-Beschlüsse zur Öffnung der Stadien für die Kundschaft nun kritisch von Experten geprüft. Der rheinland-pfälzische Sportminister Roger Lewentz nannte das Bemühen der Liga anerkennenswert. "Notwendig ist aber auf jeden Fall eine bundeseinheitliche Regelung", sagte er. Die Gesundheitsminister der Länder wollen sich kommende Woche mit dem DFL-Papier beschäftigen.

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