Regeln vom Finanzministerium:Steuerberater müssen Tricks melden

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Finanzminister Olaf Scholz (SPD) verfolgt eine Debatte im Bundestag. (Foto: dpa)

Finanzminister Scholz weist die Branche an, grenzüberschreitende Steuersparmodelle transparent zu machen. Die Union ist dagegen - obwohl schon vor Jahren Scholz-Vorgänger und CDU-Mann Schäuble genau das versprach.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) will bei der Meldepflicht von Steuertricks Fakten schaffen, notfalls gegen den Widerstand unionsgeführter Bundesländer sowie der Bundestagsfraktionen von Union und FDP.

Wirtschaftsprüfer und Steuerberater sind seit dem 1. Juli 2020 gesetzlich verpflichtet anzuzeigen, wenn sie für Kunden grenzüberschreitende Steuersparmodelle entwickeln. An diesem Freitag will Scholz der Branche nun mitteilen, wie die neuen Vorschriften anzuwenden sind: Wann und wie müssen sich Steuerberater und Wirtschaftsprüfer bei grenzüberschreitenden Steuerausgestaltungen an das Bundeszentralamt für Steuern wenden - und wie geht es dann weiter?

Das 72 Seiten umfassende, mit technischen und bürokratischen Details gefüllte Schreiben "Anwendung der Vorschriften über die Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen" ist an die obersten Finanzbehörden der Länder und das Bundeszentralamt für Steuern gerichtet. Es liegt der Süddeutschen Zeitung vor. Es definiert sowohl die Anwendungsbereiche der Meldepflicht, insbesondere bei welchen Steuerarten sie anfällt, als auch die Art von Gestaltungsmodellen, sowie, wer als Beteiligter oder Vermittler gilt. Die Pflicht soll für alle gängigen Steuerarten (Einkommen, Erbschaft, Gewerbe, Körperschaft, Grunderwerb, Kraftfahrzeug, Versicherung, Grund und Boden, Erbschaft und Schenkung sowie Luftverkehrsteuer) gelten, mit Ausnahme der Kirchensteuer.

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Zu typischen grenzüberschreitenden Steuersparmodellen gehören etwa spezielle Firmengründungen im Ausland, besondere Investments oder auch Beteiligungen an Kapitalgesellschaften.

In dem Schreiben heißt es, die Meldepflicht hänge nicht davon ab, ob der Nutzer die grenzüberschreitende Steuergestaltung tatsächlich umsetze. Es reiche, wenn der Berater einem Mandanten im Beratungsgespräch verschiedene steuerliche Handlungsoptionen gebe, die jeweils als grenzüberschreitende Steuergestaltungen anzusehen wären. Am Ende sind zudem zahlreiche Ausnahmen von der Meldepflicht aufgeführt. Nicht meldepflichtig ist etwa das Ausschöpfen von Freibeträgen, der Abschluss von Altersvorsorgeverträgen, Forschungszulagen oder die Übertragung von Anrechten.

CDU und CSU wollen die Regeln verschieben. Das sei für Firmen derzeit zu viel

Mit der gesetzlich verankerten Anzeigepflicht von Steuersparmodellen löst die Bundesregierung eines ihrer Versprechen ein, die sie nach der Veröffentlichung der Panama Paper im April 2016 gegeben hatte. Aus den damals von der Süddeutschen Zeitung und einem internationalen Journalistennetzwerk veröffentlichen vertraulichen Unterlagen ging hervor, dass über eine Kanzlei in Panama jahrelang mithilfe von verschachtelten Firmenkonstruktionen, Briefkastenfirmen und fragwürdigen Steuersparmodellen Hunderte Milliarden Euro an Steuergelder nicht gezahlt oder verschoben wurden.

Direkt nach den Enthüllungen hatte der damalige Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) angekündigt, künftig hart gegen Steuerhinterziehung vorgehen zu wollen. Er legte einen Zehn-Punkte-Plan vor. Unter Punkt 7 heißt es, die internationale Staatengemeinschaft sehe Offenlegungspflichten für die Anbieter von Steuersparmodellen vor. "Wir werden dafür sorgen, dass Banken und Berater die Rechtsrisiken aus dem Anbieten oder Vermitteln solcher Modelle künftig nicht mehr eingehen wollen. Schon jetzt lohnt es sich immer weniger, in offenkundigen Graubereichen Geschäfte machen zu wollen."

Von der Ankündigung bis zur Umsetzung sind inzwischen mehr als vier Jahre vergangenen; und die Union bremst weiter. Wirtschaft und Steuerverwaltungen stünden wegen der Coronavirus-Krise unter erheblichem Druck, sagte die finanzpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Antje Tillmann, Mitte Juli. Man müsse also wegen Corona verschieben. Der Union und einigen Bundesländern sei "nicht verständlich", warum der Bundesfinanzminister den betroffenen Unternehmen nicht "Atem lässt, um sich von den aktuellen Corona-Folgen zu erholen." Tillmann ist selbst Finanzwirtin und Steuerberaterin.

© SZ vom 07.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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