Iran:Bereit zum Showdown

Iran: Die iranischen Revolutionsgarden, hier bei einer Militärparade 2019.

Die iranischen Revolutionsgarden, hier bei einer Militärparade 2019.

(Foto: -/AFP)

Die USA wollen das Waffenembargo gegen Teheran drastisch verschärfen. Europäische Diplomaten sprechen von einer "reinen Propaganda-Aktion".

Von Paul-Anton Krüger

Im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen steht eine beispiellose Konfrontation zwischen den USA auf der einen Seite sowie Europa, Russland und China auf der anderen Seite bevor. Bereits in der kommenden Woche wird es aller Wahrscheinlichkeit zum Showdown über das Atomabkommen mit Iran kommen - mit schwer absehbaren, aber in jedem Fall gravierenden Folgen für die Handlungsfähigkeit des ohnehin durch den Streit der Vetomächte geschwächten Gremiums und das gesamte System der UN-Sanktionen. Hintergrund des Streits ist das Auslaufen des Waffenembargos gegen Iran, das die USA um jeden Preis verhindern wollen.

Die Europäer tragen diesen Wunsch an sich mit. "Wir machen uns über Irans Rolle in der Region keinerlei Illusionen, sei es im Irak, in Jemen oder natürlich in Syrien", heißt es seitens europäischer Diplomaten. Aus Sicht Frankreichs, Großbritanniens und Deutschlands, auch E3 genannt, wäre eine Fortschreibung des Embargos richtig gewesen. Die Lage sei "nicht so, dass es aufgehoben werden sollte". Es ist ihnen aber nicht gelungen, die Regierung von US-Präsident Donald Trump für eine Kompromisslinie zu gewinnen, die im Sicherheitsrat mit Blick auf das Vetorecht Russlands und Chinas Aussicht auf Erfolg hat.

USA wollen Verschärfung des Embargos

Die USA haben nun angekündigt, einen Resolutionsentwurf zur Abstimmung zu stellen, der das Waffenembargo nicht nur verlängern, sondern drastisch verschärfen würde. Der überraschende Rücktritt des bisherigen Iran-Sondergesandten der USA, Brian Hook, soll aber nicht im Zusammenhang mit dieser Entscheidung stehen, sondern private Gründe haben. Im Sicherheitsrat hat das Vorhaben allerdings keine Chance, was auch den USA klar sei, wie Diplomaten sagen. Sie sprechen von einer "reinen Propaganda-Aktion" Washingtons, denn mit "einer gescheiterten Resolution wird kein einziger Waffenexport oder Waffenimport verhindert".

Im Falle einer Ablehnung will die Trump-Regierung nun, wie schon von Außenminister Mike Pompeo angedroht, einen Mechanismus aus dem Atomabkommen mit Iran aktivieren, der letztlich dazu führen würde, dass binnen 30 Tagen alle im Zuge des Abkommens von 2015 aufgehobenen UN-Sanktionen wieder in Kraft treten. Hier tritt die Konfrontation mit den Europäern ein, die wie Russland und China der einhelligen Auffassung sind, dass sich die USA nicht auf Klauseln aus dem Abkommen berufen können, aus dem Trump im Mai 2018 ausgetreten ist.

Die Position der USA ist dagegen, dass sie sich lediglich auf die UN-Resolution 2231 stützen, mit der das Abkommen vom Sicherheitsrat in internationales Recht umgesetzt wurde. Auf eine Ratifizierung durch den US-Kongress, wie für einen völkerrechtlichen Vertrag nötig, hatte die Regierung von Präsident Barack Obama mangels Erfolgsaussichten verzichtet.

Der Mechanismus ist jedoch bewusst so konstruiert worden, dass er durch ein Veto nicht gestoppt werden kann. Vielmehr müsste der UN-Sicherheitsrat demnach binnen 30 Tagen eine neue Resolution beschließen, um die Aufhebung der Sanktionen aufrechtzuerhalten. Das wiederum können die USA mit ihrem Veto blockieren. Damit dürfte die einmalige Situation eintreten, dass die fünf ständigen Mitglieder in der Frage gespalten sind, ob die Sanktionen gegen Iran wieder gelten oder nicht. Das werde "zu Chaos" im Sicherheitsrat führen, warnen Diplomaten, und einen gefährlichen juristischen Präzedenzfall schaffen, der das gesamte System der UN-Sanktionen ins Wanken bringe - die schärfste Waffe des Rates.

Iran droht mit "vernichtender Antwort"

"Letztlich geht es dieser US-Administration darum, vor den Wahlen das Iran-Atomabkommen zu beenden", sagen europäische Diplomaten. Sie wollen den Deal zumindest als Grundlage für künftige Gespräche erhalten, also bis klar ist, ob Trump weiterregiert oder ein Demokrat an die Macht kommt, der geneigter sein dürfte, auf Teheran zuzugehen.

Irans Präsident Hassan Rohani hat mit einer "vernichtenden Antwort" gedroht, sollte das Waffenembargo nicht wie im Atomabkommen vorgesehen im Oktober auslaufen. Teheran hält sich die Optionen offen: Sie könnten von der Einschränkung der Zusammenarbeit mit der Internationalen Atomenergiebehörde bis zum Austritt aus dem Nuklearabkommen oder gar aus dem Atomwaffensperrvertrag reichen.

Die Europäer hatten seit Anfang des Jahres versucht, die USA zu überzeugen, auf eine "kluge Alternative" hinzuarbeiten - ein abgespecktes UN-Embargo, das sich auf offensive Waffen konzentriert, verknüpft mit weitergehenden Einschränkungen etwa der EU, die nicht Teil der UN-Resolution werden sollten. Damit hätte man Moskau und Peking vor die Wahl stellen wollen, "sachlich mit uns an einem guten Ergebnis zu arbeiten". Eine geschlossene Haltung des Sicherheitsrates hätte auch Irans Spielraum für Reaktionen eingeschränkt. Offen ist noch, ob die Europäer versuchen, mit Russland und China eine Resolution zu verabschieden - Peking zeigt bislang wenig Entgegenkommen.

China ist mit Iran in weit fortgeschrittenen Verhandlungen über ein umfassendes Kooperationsabkommen, das neben wirtschaftlicher Zusammenarbeit und Öllieferungen für 25 Jahre zum Vorzugspreis eine Sicherheitspartnerschaft vorsieht, etwa die gemeinsame Entwicklung von Waffen. Damit würde China seine Präsenz in der Golfregion drastisch ausbauen und dort mit den USA, der bisher dominierenden Macht, in Konkurrenz treten. Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping hatte ein solches Abkommen bei einem Besuch in Teheran 2016 vorgeschlagen. Im Juni wurde es laut dem iranischen Außenminister Mohammad Dschawad Sarif vom Kabinett in Teheran gebilligt. China würde damit auch Europa zunehmend aus Iran hinausdrängen.

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