Großkonzert in NRW:Ist das die neue Konzert-Normalität?

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Soll in Düsseldorf singen: Sarah Connor, hier bei einem Konzert in der Laeiszhalle in Hamburg. (Foto: Christian Charisius/dpa)

In Düsseldorf wird ein Abend mit 13 000 Menschen, ganz viel Abstand, alkoholfreien Getränken und scharfen Ermahnungen geplant. NRW-Gesundheitsminister Laumann hat dennoch Bedenken.

Von Jakob Biazza

Wer wissen will, wie es um die Livemusik im Bereich Pop derzeit steht, muss nur zwei Meldungen nebeneinanderhalten: "Live-Nation-Umsätze brechen im zweiten Quartal 2020 um 98 Prozent ein" lautet eine. Die andere: "Konzert mit 13 000 Zuschauern in Düsseldorf geplant." Die eine verdeutlicht, wie finanziell fatal, wie künstlerisch leer der Musiksommer für Veranstalter und Fans war. Die andere könnte womöglich eine Rückkehr zu irgendeiner Form von Normalität bringen. Zumindest in sehr kleinen Schritten.

Beide Meldungen laufen bei Marek Lieberberg zusammen, Geschäftsführer von Live Nation in Deutschland und damit Veranstalter unter anderem von "Rock am Ring" und "Rock im Park". Jenen Festivals also, die, wie jedes Großkonzert seit März, abgesagt worden sind. Live Nation lebt vom Tourgeschäft großer Bands. Und von Festivals. Daher die Quartalszahlen. Live Nation will auch das Konzert in Düsseldorf veranstalten. "Give Live a Chance" soll es heißen, und der Umstand, dass man diesen Namen auch so lesen kann, als solle hier der Veranstalter gerettet werden, wird Zynikern bestimmt Anlass für Spott geben.

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Marek Lieberberg ist kein Zyniker. Er gehört zu jenen Veranstaltern, die sich in dieser mitunter brutalen Branche auch deshalb halten, weil Künstler, Geschäftspartner und ja, auch Fans, ihm meistens abnehmen, dass er das, was er tut, aus Leidenschaft macht. Er neigt außerdem zu Pathos. Sein für Anfang September im Düsseldorfer Fußballstadion geplantes Konzert ist in seinen Worten deshalb auch nicht einfach ein Experiment, es ist eine "Leuchtturmveranstaltung". Und "für die gesamte Branche ein Fanal, dass wir endlich den Wiedereinstieg finden." Es gehe darum, der Kultur langsam wieder zu ihrem Recht zu verhelfen - und gleichzeitig mit einem Hygienekonzept die Zuschauer zu schützen.

Grob zusammengefasst besagt das Konzept, bei dem die Stadt sehr vehement auf den Veranstalter verweist: Von der Kapazität von knapp 55 000 Plätzen werden nur 13 000 genutzt - beschränkt auf Sitzplätze, womit ein Abstand von 1,5 Metern sichergestellt sein soll. Dazu gibt es ein Alkoholverbot, Maskenpflicht auch während des Konzerts, personalisierte Tickets und hinterlegte Personaldaten, um Kontakte notfalls nachvollziehen zu können. Wer gegen das Konzept verstößt, fliegt raus. Wobei Lieberberg hier mit dem Verantwortungsbewusstsein der Fans rechnet. "Jeder, der in dieses Konzert geht, weiß, dass das sehr wichtig ist für die künftige Wiedereröffnung."

Noch etwas könnte da helfen: das Booking. Bei Künstlern wie Bryan Adams, Sarah Connor oder Rea Garvey wirkt ein Punkt in den allgemeinen Geschäftsbedingungen umsichtig, Verstöße aber eher unwahrscheinlich: "Jede Gefährdung anderer Besucher - insbesondere durch 'Crowd-Surfen', 'Circle of death', 'Pogo-Tanzen' (...) - ist strengstens untersagt und führt zum Ausschluss von der Veranstaltung." Trotz aller Vorsicht hat NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) Bedenken geäußert: Das Konzept sei nicht mit dem Land abgestimmt, "und ich habe begründete Zweifel an der rechtlichen Grundlage".

© SZ vom 08.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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