Fürstenfeldbruck:Beste Unterhaltung auf der Freiluftleinwand

Fürstenfeldbruck: Mit dem Kinosommer ist der Veranstalter zufrieden.

Mit dem Kinosommer ist der Veranstalter zufrieden.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Unter sternklarem Himmel zeigt der Fürstenfelder Kinosommer die Highlights des Landshuter Kurzfilm-Festivals

Von Sonja Pawlowa, Fürstenfeldbruck

Vom Mini-James-Bond bis zur bitterbösen Heimatkomödie - die Unterhaltung war perfekt und die Filme hochprofessionell, nur kürzer. Das 21. Landhuter Kurzfilm-Festival fiel in diesem Jahr aus. Nur wenige Tage vor dem Start musste Michael Orth, der Veranstalter des LAKFF, alles absagen. Die Kataloge waren gedruckt, die Pressehefte fertig, die Kinos gebucht und ganz Niederbayern plakatiert. Ein Jahr Planung und Sichtung der Filme war plötzlich umsonst. 5000 Besucher mussten auf eine Woche Festivalgenuss verzichten. 250 Kurzfilme liegen momentan auf Eis. Wettbewerbe, die ja mit Preisgelder dotiert sind, müssen auch dringend nachgeholt werden. Das Programm 2020 will Michael Orth noch unbedingt zeigen, denn: "Das sind wir den Fimemachern schuldig". Beim Fürstenfelder Kinosommer wurden nun die "Classics" gezeigt, die Publikumslieblinge der vergangenen Jahre in Landshut. Garanten für Kinounterhaltung vom Feinsten.

Für einen Kurzfilm-Abend muss das Publikum Neugierde und Offenheit mitbringen. Auch Michael Blum aus Gernlinden wusste nicht im Ansatz, was ihn erwartet, als er seine Eintrittskarte bei einer Radioverlosung gewann. Er hatte noch nie einen Kurzfilm gesehen, doch "Randgruppe" von Julius Grimm aus dem Jahre 2015 hat ihm sofort gefallen. Schwarzer Humor und ein überraschend böses Ende, auf den Punkt gebracht in nur knapp sechs Minuten - das ist eine echte Meisterleistung. Zögerliche Selbstmörder auf einem Hochhausdach und ein hilfreicher Hausmeister wandern auf dem schmalen Grat zwischen Komödie und Schock und springen freiwillig und unfreiwillig zugleich in ihren Tod. Schaurig-schön, das hat dem Publikum allgemein sehr gefallen.

Auch "Familie", der bös-bayerische HFF-Abschlussfilm von Anna-Katharina Maier, schlägt in diese Kerbe. Starbesetzt mit Monika Gruber und Luise Kinseher geht es auch hier um Mord und Totschlag. Heimatlich harmlos verpackte Morde, da wird das bayerische Selbstbild pfeilgrad bedient. Anders böse und ganz und gar nicht harmlos kommt der Wiener Humor in "All the tired horses" von Sebastian Mayr daher. Gesellschaftssatire als Kammerspiel, brillante Dialoge und tiefschürfend im Nachgang - nicht typisch für einen Kurzfilm. Dieser hätte durchaus länger sein dürfen, denn eine Spannung, die sich aus dem perfekten Zusammenspiel von Ungesagtem und oscarreifer Schauspielerleistung ergibt, sieht man nicht oft. Temporeich und überraschend sorgte dieser Film für laute Lacher und nicht nur leise Schmunzler.

"Schnee in Rio" von dem jungen Regisseur Manuel Vogel hingegen lebt von Action und Style. Die Hommage an die frühen James-Bond-Filme der 1960-er Jahre trumpft mit einem Intro auf, das "Goldfinger" kaum nachsteht. Alles passt ins Genre, von der Musik bis zum Setting in einem Zug, der in den Ostblock fährt. Schwarz/Weiß sind Inhalt und Form zugleich, denn so fühlt sich der Zuschauer sofort in eine Zeit zurück versetzt, die eine nostalgische Gefühlspalette bedient. Die Zitate aus Edgar Wallace- oder Hercule Poirot-Verfilmungen setzen Vorwissen voraus. Aber dank großartiger Schauspieler wie Andreas Thiele oder Erol Sander muss nicht jeder Hinweis verstanden werden.

Noch eine Starbesetzung bietet Christof Pilsl bei seinem Kurzfilm "Krampus". Hannes Ringlstetter als Horrorvater am Nikolausabend ist es allein schon wert, den Film anzusehen. Interessant ist der ungewöhnliche Schnitt, ohne den der ganze Film nicht funktionieren würde. Überhaupt, so betont Michael Orth, sind Kurzfilme ein Experimentierfeld. Nicht nur Studenten und Jungregisseure nutzen dieses Medium, um sich zu profilieren. Neues auszuprobieren gelingt bei teuren Langfilmen eher selten. Geschichten in knapper Zeit zu erzählen, ist eine Herausforderung. Christof Schuler gelingt es bei "First Date" in nur zwei Minuten.

Tom Blum, dem Veranstalter des Kinosommers, liegen die Kurzfilme am Herzen, auch wenn sie nicht massentauglich und gewinnträchtig sind. Finanziell war der Kinosommer kein volles Fiasko, sondern wohl eine Nullrunde. Die kräftige Unterstützung des Veranstaltungsforums und die Erhöhung der erlaubten Zuschauerzahl auf 400 halfen sehr. Eine Bestuhlung mit den geplanten 1300 Plätzen war dennoch nötig, um die Abstände einhalten zu können. Freiluft und gutes Wetter kommt nicht nur in Corona-Zeiten gut an. 2019 gab es in Landshut beim 20-jährigen Jubiläums eine Open-Air-Premiere mit einem mobilen Projektor-System. Die Filme wurde überall in der Stadt an Gebäudewände projiziert. Das 450-köpfige Publikum lief von Haus zu Haus mit. Ein Riesenerfolg. Das soll sich zukünftig alle zwei oder drei Jahre wiederholen.

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