Mama's Küche:Türkischer Eintopf und starker Tee

Mama's Küche: "Mamas Küche" versteht sich als türkische Kantine, bietet aber auch abends Speisen und morgens ein anatolisches Frühstück an.

"Mamas Küche" versteht sich als türkische Kantine, bietet aber auch abends Speisen und morgens ein anatolisches Frühstück an.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

"Mama's Küche" bietet einfaches, aber trotzdem gutes Essen mitten in der Altstadt.

Von Tankred Tunke

Sieht man einmal von den Dönerbuden ab, dann ist der türkische Einfluss auf Gastronomie und Küche in Deutschland während der vergangenen 50 Jahre erstaunlich gering geblieben. Klar, es gibt ein paar Lichtblicke, vor allem wenn man den kleinen Hype um die Levanteküche mitrechnet, die ohne frühe türkische Einflüsse heute wohl anders aussähe. In München verleiht zudem Sternekoch Ali Güngörmüs sogar anatolischer Kargheit kulinarischen Glamour und der Szenegastronom Cihan Anadologlu holte gerade den Döner mit einem Kochbuch aus der Imbissecke. Doch vor allem im Mittelfeld bleibt es recht still, ist die türkische Küche bei uns kein Thema. Schade.

Da freut man sich natürlich immer über Tipps, und ein solcher ist das kleine Lokal "Mama's Küche", das dort liegt, wo man es am wenigsten vermuten würde: mitten in der Altstadt, aber dabei so versteckt, dass man es nicht gleich entdeckt, in der schmalen Hotterstraße, eingeklemmt zwischen dem Sternerestaurant "Mural", dem Museum for Urban and Contemporary Art und der Rückseite des früheren Moshammer-Wirtshauses "Hundskugel". Wobei "Tipp" nicht "Geheimtipp" bedeutet. Um die Mittagszeit und bei gutem Wetter ist inzwischen etwas Glück nötig, um einen der Tische im Freien zu ergattern. Die schönsten sind übrigens die im vorderen Bereich, wegen des freien Blicks auf die Frauenkirche.

"Mama's Küche" gehört zum Münchner Forum für Islam (MFI), einem Verein für Münchner Muslime, mit Gebets- und Veranstaltungsräumen und Büros. Es ist ein Familienbetrieb, am Herd steht "die Mama und Chefin" Seher Malak, die hier typische Gerichte kocht und zwar nur aus frischen Zutaten. Ein klassisches Restaurant sollte man nicht erwarten, das Lokal versteht sich eher als öffentliche Kantine (was wiederum etwas tief gestapelt ist); es geht um einfaches aber eben trotzdem gutes und bezahlbares Essen für alle, wie man es sich vielleicht für den Alltag zu Hause wünscht.

Das Lokal ist ein "Ort der Begegnung", wie er der immer ärger durchkommerzialisierten Münchner Innenstadt ganz gut tut. Helle, freundliche Räume mit geweißelten Wänden, Bücherregalen und Holztischen, an denen Büromenschen - derzeit mit viel Abstand - neben Touristen Mittag machen, oder ältere türkische Herren zwischen bayerischen Familien. Neben der Tür steht ein Samowar, aus dem sich jeder (Hände desinfizieren!) starken türkischen Tee zapfen darf. Und an der Essensausgabe, einer Glasvitrine, erläutert der freundliche Service geduldig die Gerichte.

Trotz der Betonung, eine "Kantine" zu sein: Das Speisenangebot ist vielfältig.

Trotz der Betonung, eine "Kantine" zu sein: Das Speisenangebot ist vielfältig.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Es geht vor allem um Geschmortes und um Eintopfklassiker, dazu als Beilagen Reis, Bulgur, Salat, Humus oder Tzatziki. Seher Malaks Mann Ismail war acht Jahre Taxi gefahren in München und hatte vergeblich Mittagslokale mit guten türkischen Eintöpfen gesucht. Seit 2017 hat er nun selbst eins, und wegen des Andrangs mussten die Malaks die Küche schon ausbauen. Fleischgerichte kosten 9,90 Euro, Gemüse 7,90 Euro. Mittags kann man drei oder vier Gerichte auf einem Teller kombinieren (8,90 oder 11,90), (nur nicht-alkoholische) Getränke (Wasser 1,50 Euro) nimmt sich jeder aus dem Kühlschrank.

Der Çay-Tee wird im Samowar und mit Zubereitungsempfehlung serviert.

Der Çay-Tee wird im Samowar und mit Zubereitungsempfehlung serviert.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Unbedingt sollte man sich an die wechselnden Specials halten (9,90), die es aber nicht jeden Tag gibt. Besonders köstlich ein Auflauf, von dem der Service den Namen nicht kannte ("Die Küche hat was ausprobiert"): Butterzartes Rindfleisch in würzigem Fleisch-Tomatensud unter drei dicken Schichten aus weich geschmorter Aubergine, kurz gegarter Spitzpaprika und Tomate. Ebenfalls sehr gut waren die Köfte; die Hackfleischbällchen kamen mit viel knackigem Gemüse und Tomatenbulgur. Freude machten auch der fein säuerliche Okraschoteneintopf (Bamya) oder die weißen Bohnen in Tomatensauce (Kuru Fasülye). Und ebenfalls eine Empfehlung sind die schlichten Desserts, das knusprige Baklava und karamellisierter Flan (je 2,90)

So testet die SZ bei der Kostprobe

Die Kostprobe gibt es als Format für Restaurantkritiken seit 1975 in der Süddeutschen Zeitung. Die Autorinnen und Autoren haben sich ehernen Regeln verpflichtet: Sie testen ein Restaurant frühestens 100 Tage nach Eröffnung (damit sich das Küchenteam bis dahin einspielen kann), essen dort mehrmals (denn jeder Koch und jede Köchin kann mal einen schlechten Tag haben), geben sich nicht als Tester zu erkennen und schreiben unter Pseudonym (um unerkannt und unabhängig bleiben zu können). Und die Rechnung? Die bezahlt natürlich die SZ selbst.

Insgesamt sind die Gerichte hier sehr zurückhaltend gewürzt. Beim Fleischeintopf (Et Sote) schmeckt man Anklänge von Kreuzkümmel und Rosenpaprika, der Hühnereintopf (Tavuk Sote) hat viel Tomate und das gemischte Gemüse oder das Auberginenpüree auf Béchamel-Basis sind so mild, dass die Wirkung geradezu beruhigend ist. Die Milde sei durchaus gewollt, erklärt auch der Service am Tresen manchen Gästen vorab. Einfach, weil man als hauptsächliches Mittagsrestaurant viele verschiedene Geschmäcker unter einen Hut bringen müsse. Für Gäste, die nachschärfen wollen, gibt es eine Gewürzbar.

Von der Linsensuppe zum Baklava: In "Mama's Küche" lassen sich ganze Menüs zusammenstellen und nach Geschmack nachwürzen.

Von der Linsensuppe zum Baklava: In "Mama's Küche" lassen sich ganze Menüs zusammenstellen und nach Geschmack nachwürzen.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Längst haben die Malaks auch abends geöffnet. Und neuerdings bieten sie am Wochenende Brunch und wochentags anatolisches Frühstück an. Ein mediterraner Start in den Tag ist Menemen (4,90), ein würziges vegetarisches Bauernfrühstück mit Gemüse und gestocktem Ei. Danach hatten wir den Frühstücksteller (9,90) mit türkischer Wurst, Schafskäse, gebratener Aubergine und schwarzen Oliven. Am Ende tunkt man dann den warmen, gebutterten Sesamkringel in die Feigenmarmelade und nippt am süßen türkischen Mokka. Wenn man nun die Augen zusammenkneift, dann hat das Blau des Himmels hinter den Frauentürmen fast die Farbe des Meeres vor Antalya.

Adresse: Hotterstraße 16, 80331 München, Telefon: 089/96051949, Öffnungszeiten: Mo.-Fr. 10 bis 12 Uhr (Frühstück) und 12 bis 20 Uhr (Essen), Sa.-So. 10-14 Uhr (Frühstück) und 14-20 Uhr (Essen), www.mamasdelivery.de

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