Nordrhein-Westfalen:Junge verdurstet: Siebeneinhalb Jahre Haft für Mutter

Die Angeklagte im Landgericht Mönchengladbach während des Prozesses. (Foto: Marius Becker/dpa)

Die Frau hatte ihren zweijährigen Sohn in einen Schlafsack gesteckt, einen Heizstrahler auf ihn gerichtet und ihn mehr als einen Tag allein gelassen.

Nach dem qualvollen Tod eines Zweijährigen in Grevenbroich hat das Landgericht Mönchengladbach die Mutter zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt. Das Gericht sprach die 28-Jährige am Donnerstag des versuchten Totschlags und der Körperverletzung mit Todesfolge, jeweils durch Unterlassen, schuldig.

Die Frau hatte das Kind demnach bewusst zwei Tage lang unversorgt in einem überhitzten Zimmer ihrer Wohnung in Nordrhein-Westfalen liegen lassen. Es verdurstete. Nach Feststellung des Gerichts hatte die Mutter von zwei Kindern den kleinen Jungen am Abend des 14. April 2019 in einen Schlafsack gepackt und ins Kinderbett gelegt. Weil die Heizung in der Wohnung ausgefallen war, drehte sie einen Heizlüfter voll auf und stellte ihn vor das Bett.

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Erst am Vormittag des übernächsten Tages ging sie wieder in das Zimmer, um nach ihrem Sohn zu schauen. Sie habe ihn "schlicht im Stich gelassen", sagte der Richter. Mit dem Urteil folgte die Kammer dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die ältere Tochter lebt dem WDR zufolge momentan bei einer Pflegefamilie.

Da der genaue Todeszeitpunkt im Prozess nicht festgestellt werden konnte, habe der Angeklagten kein Tötungsvorsatz nachgewiesen werden können, sagte der Richter. Deshalb wurde sie nur wegen versuchten Totschlags durch Unterlassen verurteilt. Die depressive Angeklagte hatte die Tat im Prozess gestanden und ausgesagt, sie sei überfordert gewesen. Sie habe aber nie gedacht, dass das Kind sterben könnte.

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