Rassismus-Vorfall beim FC Bayern:Es mangelt an Problembewusstsein

Fussball FC Bayern Muenchen Campus 02.08.2017 Aussenansicht, Schrieftzug FC Campus Muenchen PUBLICATIONxNOTxINxAUTxSUIx; Campus

Das Nachwuchsleistungszentrum des FC Bayern im Norden Münchens.

(Foto: imago images/Ulmer)

Der FC Bayern muss dringend klären, wie tief rassistische Haltungen im Jugendbereich verankert sind. Gerade dort sind die Abhängigkeiten groß - es droht ein Klima der Angst.

Kommentar von Thomas Hummel

Der Hochglanz-Fußball verkauft seiner Klientel gerne, er zeige Rassismus die rote Karte. Kapitäne lesen vor Spielen Floskeln vom Blatt ab, Werbefilme mit Stars werden gedreht. Für eine Branche, die weltweit Millionen einsammeln will von Fans und Sponsoren, ist Rassismus ein heikles Thema. Deshalb hat der FC Bayern nun ein Problem. Ausgerechnet der Global Player hat einen Rassismus-Fall im Haus. Dass dieser im Jugendzentrum spielt und offenbar über Jahre geduldet wurde, macht es noch schlimmer.

Wenn Eltern ihre Kinder und Jugendlichen in die Obhut eines Nachwuchsleistungszentrums (NLZ) geben, müssen sie sich darauf verlassen können, dass man ihnen dort nicht nur Fußball beibringt. Viele wohnen auf dem Klubgelände, trainieren fast täglich, verbringen den Großteil ihrer Zeit unter der Obhut des Klubs. Dabei bilden Spieler mit Migrationshintergrund oft die halbe Mannschaft oder mehr. Wenn nun ein langjähriger Jugendtrainer des FC Bayern in einer Chat-Gruppe mit teilweise mehr als 20 Mitarbeitern Ausdrücke wie "drecks Türke", "Neger", "Kanake" und "Kameltreiber" benutzen darf, führt das zu der Annahme, dass auf dem Campus etwas gewaltig schiefläuft.

Auch Trainer und Scouts waren in der Chat-Gruppe. Warum hat sich nie jemand beschwert? Warum wurden die Vorfälle erst einem Journalisten zugespielt und dann anonym auf Twitter veröffentlicht? Aus dem Umfeld des Klubs heißt es, der Trainer sei zwar umstritten, ein harter Hund. Aber Rassist? Nein. Es sind Aussagen, die von mangelndem Problembewusstsein zeugen. Der FC Bayern muss klären, wie tief rassistische Haltungen in seinem Jugendbereich verankert sind. Zudem wirft der Fall ein Licht darauf, dass der Fußball gerade an der Basis eben doch ein Problem hat mit Klischees, Vorurteilen und Rassismus. Das kann man jedes Wochenende auf den Amateurplätzen beobachten.

In einem NLZ kommt hinzu, dass die Abhängigkeiten groß sind. Wer sich hier mit dem Falschen anlegt, kann schnell den Job verlieren. Der beschuldigte Trainer war offenbar eng verbunden mit Teilen der Führungsebene des FC Bayern Campus. Und von den Jugendlichen zu verlangen, sich bei Diskriminierung zu wehren, geht an der Realität vorbei. Sie müssen bei einem Großklub jedes Jahr fürchten, dass ihr Platz im Kader von einem anderen Talent übernommen wird. Dann müssen sie nicht nur den Verein wechseln, sondern auch die Wohnung, die Schule, mitunter die Stadt.

Die Profiklubs beteuern stets, dem Nachwuchs eine Rundumbetreuung mit Psychologen, Sozialarbeitern und Nachhilfelehrern anzubieten. Der Vorfall beim FC Bayern zeigt, dass sie trotz aller Fixiertheit auf Leistung und Erfolg aufpassen müssen, dass in ihren Jugendzentren kein Klima der Angst entsteht.

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:Jugendtrainer des FC Bayern unter Rassismusverdacht

Ein Trainer des Nachwuchsleistungszentrums soll sich in Chats mehrfach rassistisch geäußert haben - es sind nicht die ersten Vorwürfe gegen den Coach. Den Klub treffen die Vorgänge an einer empfindlichen Stelle.

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