2:1 gegen Atlético:Adams belohnt Leipzigs Geduld

Champions League - Quarter Final - RB Leipzig v Atletico Madrid

Da lacht er: Tyler Adams erzielt den späten Siegtreffer für Leipzig.

(Foto: REUTERS)

Das Team von Julian Nagelsmann zieht ins Halbfinale der Champions League ein. Entscheidend für den größten Erfolg der jungen Klubgeschichte: Eine kluge Spielweise, ein überragender Upamecano und ein abgefälschter Schuss.

Von Javier Cáceres, Lissabon

Fernando Pessoa, der berühmte portugiesische Dichter, arbeitete an seinem "Buch der Unruhe" 20 Jahre. Was ja gar nicht so lange ist: Unruhe will mit Geduld bewältigt werden. Geduld war das, was Leipzigs Trainer Julian Nagelsmann seiner Mannschaft für das Viertelfinalspiel der Champions League gegen Atlético Madrid aufgetragen hatte, und sie zeigte sie. Erst zwei Minuten vor dem Ende der regulären Spielzeit erzielten sie durch Tyler Adams den 2:1-Siegtreffer. RB Leipzig trifft im Halbfinale auf Paris St.-Germain.

"Ich bin eigentlich nicht der Torjäger. Ich wollte da sein, wenn ich gebraucht werde. Es macht mich stolz, was uns gelungen ist. Jeder hat alles gegeben", sagte Matchwinner Adams. Auch Marcel Sabitzer war überglücklich. "Das war ein hartes Stück Arbeit. Wenn man die 90 Minuten sieht, gehen wir verdient als Sieger vom Platz. Wir haben eine Top-Leistung gezeigt. Wir sind nach dem 1:1 ruhig geblieben und haben auf unsere Chance gewartet", meinte Sabitzer und blickte bereits auf das PSG-Spiel: "Wir wissen, was für eine brutale Qualität da kommt. Die haben Einzelspieler auf dem Platz, die hat kaum eine Mannschaft."

Vermutlich wird Nagelsmann auch für Neymar und Mbappé einen Plan. Er hatte zumindest öffentlich mit dem Gedanken gespielt, Atlético mit zwei "Brechern" im Sturm zu begegnen. Am Ende entschied er sich dafür, das Mittelfeld zu bevölkern - mit vielen flinken, feinfüßigen Spielern, die Zwischenräume explorieren sollten, mit Geduld. Hinter - und rund um - Mittelstürmer Yussuf Poulsen agierten Dani Olmo, Christopher Nkunku, Marcel Sabitzer, Konrad Laimer und Kevin Kampl. Wer eine zartbesaitete oder flatterhafte Leipziger Mannschaft erwartet hatte, sah sich getäuscht. Es war ihr jedenfalls nicht anzumerken, dass Atlético schon europäische K.o.-Runden spielte, als an die Gründung von RB Leipzig noch gar nicht gedacht war. Von A bis Z, vom überragenden Dayot Upamecano, der Atléticos Strafraumschrecken Diego Costa annullierte und Zeit für die Spieleröffnung fand, bis zu Poulsen im Angriff wirkten die Leipziger jederzeit imstande, Atlético zu übertrumpfen.

Nichts brachte sie aus der Ruhe; schon gar nicht, dass es Mühe machte, Chancen zu erarbeiten. Derlei ist Teil eines jeden Skripts, wenn man gegen die Defensivkünstler von Atlético Madrid spielt. Umso tragischer war es aus Sicht der Leipziger, dass Marcel Halstenberg gleich in den Anfangsminuten den Ball aus sechs Metern in die verwaisten Tribünen des Estádio José Alvalade schickte. Auf der Gegenseite erinnerte Yannick Carrasco die Leipziger an die Verwundbarkeit, doch Torwart Peter Gulasci lenkte den Schuss des Belgiers zur Ecke. Leipzig kontrollierte, doch zur ersten wirklichen Chance kamen sie nach der Pause. Der Ball wanderte von links nach rechts, geduldig, so dass Marcel Sabitzer flanken konnte. Olmo, der seine Klasse schon in der ersten Halbzeit angedeutet hatte, hielt aus fünf Metern den Kopf hin (siehe Foto) - und traf zur Führung (51.).

Atlético-Trainer Diego Simeone brachte umgehend João Félix, als Signal dafür, dass Atlético sich in rastlose Angriffe stürzen sollte. Und der 126-Millionen-Euro-Einkauf Atléticos veränderte das Spiel, beschwor zunächst Unordnung und in der 70. Minute einen klaren Foulelfmeter herauf, nach einer Grätsche von Lukas Klostermann. Félix verwandelte den Strafstoß per Spannstoß. Der Ausgleich elektrisierte das Spiel, Atlético drängte, Leipzig wankte. "Dass wir ruhig geblieben sind, war besonders nach dem 1:1 sehr wichtig. Wir mussten keine Hektik aufkommen lassen", sagte Nagelsmann später. Er wusste ja schon: In der 88. Minute kam nach einer feinen Kombination der Schuss von Adams, den Stefan Savic abfälschte und Leipzigs Geduld belohnte. "Das 2:1 war in der Entstehung ein bisschen glücklich. Aber wir waren die besserer Mannschaft, wir waren abgezockt", waren die finalen Worte des immer noch erst 33-jährigen Trainers.

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