Strafenkatalog für Raser:Grüne Verkehrsminister warnen Scheuer vor Verwässerung

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU)

Gilt wegen des Maut-Debakels als politisch angeschlagen: CSU-Politiker Andreas Scheuer.

(Foto: REUTERS)
  • Wegen eines Formfehlers sind seit Juli Teile der neuen und strengeren Straßenverkehrsordnung (StVO) außer Vollzug gesetzt.
  • Nun machen fünf grüne Landesverkehrsminister zusätzlichen Druck auf Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer.
  • In einem Brief fordern sie den CSU-Politiker auf, den Fehler zeitnah zu tilgen und warnen ihn davor, die Verschärfung des Strafgeldkatalogs zu verwässern.

Von Stefan Mayr, Stuttgart

Seit Anfang Juli herrscht "Straßenverkehrs-Unordnung" in Deutschland, wegen eines juristischen Formfehlers mussten Teile der neuen und strengeren Straßenverkehrsordnung (StVO) außer Vollzug gesetzt werden. Nun machen fünf grüne Landesverkehrsminister zusätzlichen Druck auf Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU).

In einem gemeinsamen Brief fordern die Ressortchefs der Länder Baden-Württemberg, Berlin, Bremen, Hamburg und Hessen, dass der Formfehler schnellstmöglich getilgt wird, ohne die vom Bundesrat beschlossene Verschärfung des Strafenkatalogs nachträglich zu verwässern. "Ich habe mich sehr geärgert über Bundesminister Scheuer", sagt Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann am Freitag in Stuttgart.

Scheuer wolle die selbstverschuldet nötig gewordene Nachbesserung der juristischen Eingangsformel dazu nutzen, die Verschärfung des Strafenkatalogs abzumildern. "Das ist an Dreistigkeit nicht zu überbieten", kritisiert Hermann.

Die fünf Grünen Ressortchefs wollen nun zur kommenden Sitzung des Bundesrats- Verkehrsausschusses einen Antrag einreichen, der eine Tilgung des juristischen Formfehlers vorsieht - und ansonsten einen vierwöchigen Führerscheinentzug vorsieht, wenn ein Autofahrer innerorts 21 Stundenkilometer zu schnell und außerorts 26 zu schnell fährt.

Diese Neuregelung hatte Scheuers Ministerium zunächst nach einem Beschluss im Bundesrat verkündet. Danach gab es in Bayern eine Petition gegen die neuen Regeln, daraufhin bezeichnete Scheuer die Fahrverbote als "unverhältnismäßig".

Winfried Hermann kritisiert dieses Vorgehen scharf: "Der neue Strafenkatalog wurde vom Bundesrat nach einer langwierigen Kompromissfindung mit überwältigender Mehrheit beschlossen", betont Hermann. "Wer ihn jetzt ablehnt, muss sich fragen lassen, warum er jetzt wieder Abstand von den Maßnahmen für mehr Verkehrssicherheit nimmt."

Er und die anderen grünen Landesminister und -Senatorinnen fordern nun "die rechtskonforme Wiederherstellung der Novelle."

Mehrere Tausend Temposünder sollen ihre Führerscheine "gnadenhalber" zurückbekommen haben

Nach Angaben von Hermann diene diese dem Schutz von Leib und Leben: "Bei einer Kollision mit einem Fahrzeug bei Tempo 30 stirbt einer von zehn Fußgängern", sagt er, "bei Tempo 50 sind es schon sieben."

Der Strafenkatalog sei in Deutschland ohnehin viel weniger streng als in anderen Ländern. "Das Fahrverbot gilt wohlgemerkt nicht für ewig, sondern nur für einen Monat." Sollte der Antrag der Grünen im Ausschuss Anfang September eine Mehrheit finden, könnte der Bundesrat bereits in seiner nächsten Plenarsitzung am 18. September seine Zustimmung erteilen. Danach liege es am Bundesministerium, die Änderungen zeitnah erneut zu erlassen.

Die aktuelle Lage auf der Straße sieht so aus: Die neu festgeschriebenen Tempoverstöße werden nicht geahndet, weil die Länder die StvO außer Vollzug gesetzt haben. Nach Winfried Hermanns Angaben wurden bundesweit mehrere Tausend bereits eingezogene Führerscheine "gnadenhalber" wieder an die Temposünder zurückgegeben.

Dieser Zustand soll laut Hermann zeitnah beendet werden: "Da sind sich alle Politiker über die Parteigrenzen einig", sagt er, "eine längere Hängepartie wäre fatal."

Langfristig kündigen die fünf Grünen-Politiker eine Initiative zur weiteren Verschärfung des deutschen Strafenkatalogs an: "Wir halten die Bußgeldkatalog-Verordnung für überarbeitungsbedürftig", heißt es in dem Schreiben an die Verkehrsministerkonferenz. "Das Sanktionsniveau sollte sich an unseren Nachbarländern Österreich, den Niederlanden und der Schweiz orientieren."

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