Italien:Königliches Duftwasser

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Die Farmacia di Santa Maria Novella wurde einst von Klosterbrüdern gegründet, ihre Erzeugnisse, hier verschiedene Likörsorten, sind heute noch beliebt. (Foto: Gabriel Bouys/AFP)

Caterina de´ Medici bestellte hier einst ihr Hochzeitsparfum: Nun wird die älteste Klosterapotheke der Welt an einen Finanzinvestor verkauft.

Von Ulrike Sauer, Rom

Nach 800 Jahren ist die Zeit reif. Die älteste Klosterapotheke der Welt geht in den Besitz eines Finanzinvestors über. Für 160 Millionen Euro kauft die italienische Industriellenfamilie Pesenti 80 Prozent der Officina Profumo Santa Maria Novella aus Florenz. Üppige Profite und das Wachstumspotenzial des Beauty-Labels machten die Kosmetikfirma schon vor Jahren zu einem begehrten Übernahmeobjekt. Denn aus der 1221 von den Dominikanermönchen aufgenommenen Herstellung heilsamer Tinkturen und Tees für die Klosterbrüder ist eine international bekannte Marke für Schönheitsprodukte mit 300 Verkaufsstellen weltweit erwachsen.

Auf die Sprünge half den Mönchen einst eine Ikone der florentinischen Renaissance, Caterina de´ Medici. Sie gab 1533 den Dominikanern in der Klosterapotheke den Auftrag, einen Duft für ihre Vermählung mit dem französischen Königssohn zu entwerfen, der als Heinrich II. 1547 den Thron bestieg. Nach dem frühen Tod ihres Mannes wuchs der Urenkelin von Lorenzo dem Prächtigen Regierungsverantwortung zu, und sie legte ihr politisches Geschick an den Tag. Caterina de´ Medici wirkte aber in Paris auch als erfolgreiche Influencerin im Dienst ihrer Heimat. Sie machte am französischen Hof zum Beispiel Duftwasser und Schönheitsmittel aus Florenz bekannt. So trug die Königin dazu bei, dass die Mönche, ihrer Zeit weit voraus, 1612 die Officina Santa Maria Novella als Werkstattladen eröffneten. Ihr Hochzeits-Parfum mit der Bergamotte-Note ist noch heute im Sortiment.

Das Stammgeschäft in der Via della Scala in der ehemaligen Kapelle gleicht einem Schrein, zu dem vor Corona täglich Scharen von Touristen pilgerten. Die 600 Naturprodukte der Firma sind aber längst rund um die Welt erhältlich. Der erste deutsche Flagship-Store der Klosterapotheke wurde 2019 im Bayerischen Hof in München eröffnet. Die meisten Heilkräuter werden noch immer in den Hügeln um Florenz angebaut. Chemische Zusatzstoffe sind verpönt. Was in die Tiegel und Tuben kommt, wird in der Manufaktur in Florenz aus Naturstoffen gewonnen und angerührt.

Die Voraussetzung für den Aufstieg der Marke schuf der Florentiner Ingenieur Eugenio Alphandery. Er wurde 1989 zur Reparatur der maroden Produktionsanlagen ins Werk geholt. Nachdem er die Maschinen wieder flottgemacht hatte, kaufte er die schwer angeschlagene Firma auf und brachte sie wirtschaftlich wieder in Schuss. Nach dem Expansionskurs stieg der Umsatz 2019 auf 31,5 Millionen Euro. Das Geschäft warf einen Bruttoertrag von 12 Millionen Euro ab. Übernahmeangebote ausländischer Investoren gab es in den vergangenen Jahren genug. Auch der französische Luxuskonzern LVMH soll ein Auge auf die Klosterapotheke geworfen haben. Doch zum Zuge kam nun die italienische Beteiligungsholding Italmobiliare der Industrie-Dynastie Pesenti aus Bergamo. Vier Jahre vor ihrem Debüt in Italiens renditestarker Kosmetikbranche hatte die Unternehmerfamilie den Zementhersteller Italcementi für 3,7 Milliarden Euro an HeidelbergCement abgestoßen. Statt auf Baustoffe setzt sie nun lieber auf Rosenwasser und Anti-Falten-Creme.

© SZ vom 20.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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