Filmdreh in Giggenhausen:Aus unrühmlichen Zeiten

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Mitte des 19. Jahrhunderts brach in der Gegend um Giggenhausen eine Räuberbande in Bauernhäuser ein und raubte sie aus. Das hält Heimatforscher Ernst Keller in seinem neuesten Buch fest (Symbolbild). (Foto: Gerhard Leber/imago stock&people)

In Giggenhausen werden Szenen für Ernst Kellers Film über historische Kriminalgeschichten gedreht. Für die Theatergruppe der Maibaumfreunde eine willkommene Gelegenheit, im Corona-Jahr doch noch zu spielen.

Von Birgit Grundner, Neufahrn

Unheimliche Gestalten schleichen nachts um ein altes Gebäude in Giggenhausen. Einige haben Säbel und Knüppel in der Hand. Ihr Pferd ist mit Säcken beladen. Ein Gewitter zieht auf. Immer wieder erleuchten grelle Blitze die Szenerie. Aber irgendetwas hat noch nicht gepasst. "Ihr seid zu schnell gewesen", hört man aus der Dunkelheit, und: "Der Blitz war zu gach." Also alles auf Anfang und noch mal von vorne. Die Räuberbande samt Pferd geht zurück Richtung Haus und bringt sich wieder in Position

Dreharbeiten in Giggenhausen - kein echter Überfall also, aber einer mit echtem Hintergrund: Tatsächlich hat Mitte des 19. Jahrhunderts eine Räuberbande in der Gegend ihr Unwesen getrieben. Es geht um eine der historischen und bisher größtenteils unveröffentlichten Kriminalgeschichten, die der Fürholzener Heimatforscher Ernst Keller für sein neuestes Projekt zusammengetragen hat: "Vergessene Geschichten aus unrühmlichen Zeiten" lautet der Titel seines nächsten Buchs, für das er in staatlichen, kirchlichen und privaten Archiven recherchiert hat. Unterstützung bekam er nicht zuletzt auch vom Stadtarchiv Freising.

Parallel zum Buch wird ein Film produziert, und einer der Fälle wird mit Spielszenen und Darstellern nachgezeichnet - am Montagabend in Giggenhausen. Der Plot: Während die alten Bauersleute schlafen, steigen die Einbrecher in Haus, Hühnerstall und Werkstatt ein und nehmen reichlich Beute mit. Den Hofhund - dargestellt von einem äußerst folgsamen Jagdhund, der auf Anweisung sofort ruhig liegen bleibt - erschlagen sie. Ein schweres Gewitter zwingt die Bande schließlich, den Raubzug abzubrechen.

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Heuer mussten alle Vorstellungen abgesagt werden

Als auf dem ehemaligen Bauernhof hinter dem Lokal "Slavonija" gedreht wird, ist die Bande eigentlich "schon geschnappt", erzählt Walter Thumann von der Theatergruppe der Maibaumfreunde Giggenhausen. Denn die Szene, in der die Bande am Lagerfeuer von Gendarmen überrascht und festgenommen wird, ist bereits im Kasten. Thumann hat zusammen mit Markus Loibl das Drehbuch geschrieben, "das war schon neu für uns". Normalerweise spielt die Theatergruppe des Vereins nicht vor Kameras, sondern auf der Bühne beim Metzgerwirt. Die Vorstellungen in diesem Jahr mussten wegen Corona allerdings kurz vor der Premiere abgesagt werden.

Dafür ist zum Beispiel die Vorsitzende Verena Schuhbauer jetzt Chefin der Räuberbande. Josepha Wimmer arbeitete nach den Recherchen von Ernst Keller als "Oberdirn" in Massenhausen und war die Geliebte eines Verbrechers, der mit einem Kumpanen aus einem schwäbischen Zuchthaus fliehen konnte und sich nach Massenhausen durchschlug. Das Trio fand dann neun Gleichgesinnte, und die Bande raubte unter der Führung von Josepha, die als einzige lesen und schreiben konnte, einige Anwesen der Umgebung aus.

Nach ihrer Verhaftung wurde am Schwurgerichtshof in München verhandelt, die Räuber bekamen bis zu zehn Jahre Zuchthaus. Josepha dagegen kam mit "nur" acht Jahren Arbeitshaus davon, weil sie bei den Überfällen lediglich "Schmiere gestanden" hatte.

Film und Buch sollen Ende des Jahres präsentiert werden

Gedreht wird mit professionellen Kameraleuten - Willi Winklmeier aus Fürholzen und Georg Barth. Die Maibaumfreunde haben auch mit ihrem Kostümfundus und Requisiten geholfen, und Christian Fiedler zum Beispiel hat zum Schluss auch noch mit seinem Bulldog das im Hof gelagerte Holz zur Seite gefahren, um Platz für die Darsteller zu schaffen. "Ein guter Ausgleich", scherzen ein paar Zuschauer, die am Abend die Dreharbeiten beobachten. Fiedler ist von Beruf Arzt und Hygienebeauftragter im Freisinger Krankenhaus.

Zu denen, die dem Film-Team hinter dem "Slovenija" zuschauen, gehört auch Siegfried Schuhbauer. Er zeigt auf den Mittelteil des alten Bauernhofs. In den 1960-er Jahren sei der damalige "Grafwirt" wegen Bauarbeiten übergangsweise dort untergebracht gewesen, erzählt er und schmunzelt bei der Erinnerung: "Da war was los."

Film und Buch sollen Ende des Jahres erstmals präsentiert werden, "sofern uns Corona nicht noch einen Strich durch die Rechnung macht", sagt Ernst Keller.

© SZ vom 27.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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