Fleischfabrikant:Generalbundesanwalt ermittelt wegen Brandsatz vor Haus von Tönnies

Clemens Tönnies

Clemens Tönnies (Archiv): Auf der Zufahrt zur Privatvilla des Fleischunternehmers ist möglicherweise ein Brandsatz gefunden worden

(Foto: dpa)

Fleischfabrikant Tönnies steht heftig in der Kritik. Jetzt fand sich vor seiner Villa ein möglicher Brandsatz, inklusive Bekennerschreiben.

Auf der Zufahrt zur Privatvilla des Fleischunternehmers Clemens Tönnies soll ein potenzieller Brandsatz gefunden worden sein. In der Nacht zum Donnerstag hätten Unbekannte dort Behälter mit Flüssigkeit, Fackeln und Feuerzeuge abgestellt, bestätigte am Wochenende ein Sprecher der Polizei im ostwestfälischen Gütersloh der dpa. Die Ermittlungen hätten zunächst die Beamten vom Staatsschutz der Polizei in Bielefeld übernommen. Ein Sprecher der Bielefelder Polizei teilte auf Anfrage der SZ am Sonntag mit, dass "weiter mit Hochdruck ermittelt" werde. Derzeit aber gebe es keine neuen Erkenntnisse. Am Sonntag berichtete in Bielefeld erscheinende Westfalen-Blatt unter Berufung auf den Sprecher des Generalbundesanwaltes in Karlsruhe, dass die Generalbundesanwaltschaft die Ermittlungen übernommen hat.

Wie zunächst die regionale Tageszeitung Die Glocke berichtet hatte, sei zu dem Fund ein zweiseitiges Bekennerschreiben bei der Tönnies-Konzernzentrale eingegangen, das dem Blatt in Kopie vorliege. Demnach übernehmen zwei Organisationen die Verantwortung für den potenziellen Brandanschlag: Die "Revolutionären Aktionszellen" sowie die "Westfälische Animal Liberation Front". Sie sprächen von einer gemeinsamen Aktion gegen Konzernchef Tönnies. Er sei die Spitze des Eisbergs des kapitalistischen Systems, dem die Gesellschaft den Kampf ansagen müsse. Laut Glocke beinhaltet das Schreiben mehrfach Referenzen an die Rote Armee Fraktion (RAF), die im April 1998 ihre Selbstauflösung bekannt gegeben hatte.

Laut dem Bericht der Glocke habe bei dem jetzigen, potenziellen Anschlag keine konkrete Gefahr bestanden: Die Flüssigkeit sei nicht angezündet worden, und die Gegenstände seien lediglich auf der Zufahrt zu Tönnies luxuriösem Wohnhaus in Nordrheda-Ems, einem Stadtteil von Rheda-Wiedenbrück im Kreis Gütersloh, drapiert worden.

Tönnies ist Geschäftsführer des größten deutschen Fleischkonzerns. Er steht unter anderem wegen eines Corona-Massenausbruchs unter Beschäftigten am ostwestfälischen Stammsitz seiner Firma in der Kritik. Vorwürfe gibt es auch in Bezug auf die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten und die Haltung der Schlachttiere.

Protest gegen Fleischfabrik - Tönnies verteidigt sich

Seine Fleischfabriken ziehen immer wieder den Unmut von Tierschützern auf sich. Erst am Samstag hatten Dutzende Tierschützer in Kellinghusen im Kreis Steinburg gegen seine Fleischindustrie demonstriert. Auf einem Transparent forderten sie "Schluss mit dem System Tönnies - gemeinsam gegen die Tierindustrie". Der Konzern betreibt in Kellinghusen einen Schlachtbetrieb, den etwa 30 Tierschützer im Oktober 2019 rund elf Stunden lang blockiert hatten. Der Konzern hatte Mitte August angekündigt, er fordere von der Gruppe dafür 40 000 Euro Schadenersatz. Das wiederum empörte die Tierschützer und provozierte den neuen Protest.

Vergangene Woche hatte Tönnies beklagt, dass sein Unternehmen in der Corona-Pandemie "an den Pranger gestellt" werde. In einer Stellungnahme an mehrere Ausschüsse des Düsseldorfer Landtags schrieb er: "Wir verwahren uns gegen pauschale Vorwürfe in Bezug auf die arbeitsrechtliche Behandlung" von Mitarbeitern. Als Arbeitgeber sei der Konzern in Rheda-Wiedenbrück "mehr als jeder andere an der Gesundheit und dem Wohlergehen der in unseren Häusern Beschäftigten interessiert".

Tönnies kritisierte weiter, es würden Mindestlohn-Verstöße erhoben, dem Konzern werfe man "kriminelles Handeln" vor, eine ganze Branche werde "verbal kriminalisiert" - allerdings ohne Beweise vorzulegen. Die Infektionslage im Juni sei "kein ungeheuerlicher Skandal" gewesen, heißt es darin. Die Infektionen seien von außen in das Unternehmen hineingetragen, die Virusausbreitung dann unter anderem durch eine genehmigte Lüftungsanlage begünstigt worden. Mit den nun nachgerüsteten neuen Filtern könnten Viren auch in der Luft eliminiert werden, schilderte Tönnies die Lage für eine öffentliche Anhörung im Landtag am 23. September.

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