Vergifteter Kremlkritiker:Charité: Nawalny ist aus Koma erwacht und reagiert auf Ansprache

Alexei Navalny

Alexej Nawalny ist aus dem Koma erwacht. (Archivbild)

(Foto: Pavel Golovkin/AP)

Der russische Oppositionspolitiker wurde aus dem künstlichen Koma geholt. CDU-Wirtschaftsminister Altmaier stellt die Wirksamkeit von Sanktionen gegen Staaten wie Russland infrage.

Der russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny ist nach Angaben der Berliner Klinik Charité aus dem Koma erwacht und ansprechbar. Nawalny sei aus dem durch Medikamente künstlich aufrechterhaltenen Koma geholt worden, teilte das Krankenhaus am Montag mit. Der Patient werde schrittweise von der maschinellen Beatmung entwöhnt.

Die Mediziner wollen allerdings Langzeitfolgen der schweren Vergiftung weiterhin nicht ausschließen. Sie veröffentlichen die Informationen über Nawalnys Gesundheit in Absprache mit dessen Ehefrau, weil sie davon ausgehen, dass es in seinem Sinne ist.

Nawalny war am 20. August während eines Fluges von Sibirien nach Moskau zusammengebrochen. Anfänglich wurde er in einem Krankenhaus im sibirischen Omsk behandlet, dann in die Berliner Charité verlegt. Dort hatten die Ärzte vergangene Woche von Anzeichen einer Vergiftung gesprochen hatten. Nach Untersuchungen in einem Speziallabor der Bundeswehr hatte die Bundesregierung am Mittwoch erklärt, sie sehe es als zweifelsfrei erwiesen an, dass Nawalny mit dem militärischen Nervengift Nowitschok vergiftet worden sei.

Moskau weist jede Verwicklung in die Vergiftung zurück. Trotzdem hat Großbritannien jetzt wegen des Falls Nawalny den russischen Botschafter einbestellt. Die Londoner Regierung bringe ihre "tiefe Sorge über die Vergiftung" Nawalnys zum Ausdruck, schrieb Außenminister Dominic Raab auf Twitter. "Es ist völlig inakzeptabel, dass ein verbotener chemischer Kampfstoff eingesetzt wurde." Russland müsse für vollständige, transparente Ermittlungen sorgen. Raab schrieb weiter, er sei erleichtert, dass Nawalny aus dem künstlichen Koma geholt werden konnte. "Ich hoffe, dass sich sein Zustand weiter verbessert."

Der neue französische Europa-Staatssekretär Clément Beaune hat den Giftanschlag als Test für Europa bezeichnet. Die Europäer müssten gegenüber Moskau gemeinsam auf eine transparente Aufklärung pochen und gleichzeitig über Maßnahmen für den Fall nachdenken, dass dies nicht geschehe oder dass sich eine Verantwortung beim russischen Staat ergebe. Eine mögliche Reaktion sei die Beendigung von Nord Stream 2, sagte Beaune in einem Phoenix-Interview.

Auch in Deutschland hat der Vorfall die Debatte über ein mögliches Aus der umstrittenen Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 angeheizt. CDU-Wirtschaftsminister Peter Altmaier bezweifelte am Montagabend in der ARD-Talksendung Hart aber fair allerdings die Wirksamkeit von Sanktionen gegen Staaten wie Russland. Er kenne keinen Fall, in dem ein Land wie Russland durch Sanktionen zu einer Verhaltensänderung bewegt worden sei, sagte der CDU-Politiker. Eher führe dies zu einer Verhärtung der Politik. "Wir müssen auch die Frage klären, was wir denn mit unseren Sanktionen erreichen wollen: Geht es nur darum, in den Spiegel zu schauen, oder geht es darum, etwas positiv für Menschenrechte zu erreichen und zu schaffen?", so Altmaier.

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