Medizin:Spender gesucht

Der Blutspendedienst des Bayerischen Roten Kreuzes schlägt Alarm: Nach dem Corona-Lockdown fehlen lebenswichtige Blutreserven. Im schlimmsten Fall müssten auch in Dachau Operationen verschoben werden

Von Julia Putzger, Dachau

Ob für die Behandlung von Krebspatienten, die Versorgung von Unfallopfern oder bei Herz-Transplantationen: Ohne Blutkonserven geht es nicht. Allein in Bayern werden täglich rund 2000 dieser Konserven benötigt. Doch die Lagerbestände schrumpfen und die Spendebereitschaft ist während der Corona-Pandemie zu gering. Der Blutspendedienst (BSD) des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) schlägt deshalb Alarm und ruft auf, sich solidarisch zu engagieren und einen aktiven Beitrag zu leisten. In Dachau gibt es in den kommenden Wochen gleich mehrere Termine, an denen man Blut spenden kann.

Die Versorgung mit Blutkonserven ist weiterhin in ganz Deutschland und somit auch in Dachau gewährleistet, beruhigt Pressesprecher Patric Nohe vom BSD in München gleich vorneweg. Doch die aktuelle Lage sei schon wirklich "sehr außergewöhnlich". Ähnliches habe es in der Vergangenheit nicht gegeben, auch wenn die Situation nicht überall gleich ist: Mancherorts berichteten Blutspender auch von langen Warteschlangen. Beim letzten Blutspendetermin im Landkreis, vergangene Woche in Petershausen, seien zum Beispiel rund 150 Menschen gekommen, um ihr Blut zu spenden, sagt der BRK-Kreisvorsitzende Bernhard Seidenath. Doch bayern- und bundesweit wird momentan insgesamt deutlich weniger Blut gespendet. Laut Nohe kommen derzeit nämlich mehrere Faktoren zusammen, auf die das geringe Spendenvolumen seiner Meinung nach zurückzuführen ist. "Man muss die Aufkommenssituation seit Beginn der Corona-Pandemie verfolgen, das Ganze gleicht in den letzten Monaten einer Achterbahnfahrt."

Zu Beginn der Pandemie, als es im März zum Lockdown kam, sei die gesamte Terminstruktur "von heute auf morgen völlig durcheinander" gekommen, erzählt Nohe. Öffentliche Einrichtungen oder Turnhallen, in denen die Blutspende sonst stattfanden, durften nicht mehr betreten werden, Firmentermine entfielen, das Blutspendemobil konnte nicht mehr eingesetzt werden, da die nötigen Abstände dort nicht eingehalten werden können - ein Problem, das weiterhin besteht. Doch nachdem anfänglich so gut wie kein Blut mehr gespendet wurde, besserte sich die Lage schnell: Zahlreiche Menschen folgten den Spendenaufrufen aus Politik und Medien, der BSD profitierte von einer großen Welle an Solidarität. Gleichzeitig wurden weniger Blutkonserven benötigt, da Operationen verschoben wurden, um Kapazitäten in den Krankenhäusern für Covid-19-Patienten freizuhalten. Große Reserven konnten in dieser Zeit dennoch nicht angelegt werden, denn Blutkonserven sind nur 42 Tage haltbar.

Mit Beginn der Lockerungen verschlechterte sich die Situation somit wieder: Während die Solidaritätswelle abklang und weniger Menschen Blut spendeten, wurde in den Kliniken gleichzeitig wieder mehr operiert, der Bedarf an Blutkonserven stieg sprunghaft. Außerdem fuhren viele potenzielle Spender in den Urlaub, waren also nicht vor Ort. "Wir bewegen uns nun schon sehr lange am unteren Rand, was die Reserven betrifft", fasst Nohe zusammen.

Ein Auslandsaufenthalt ist jedoch kein Ausschlusskriterium für eine Blutspende: Spendenwillige, die sich in den vergangenen 14 Tagen in einem Coronavirus-Risikogebiet aufgehalten haben, werden zur Blutspende zugelassen, wenn sie einen negativen Corona-Abstrichtest vorweisen können, der nicht früher als 48 Stunden vor der Einreise nach Deutschland durchgeführt wurde. Das Infektionsrisiko beim Spenden selbst sei nicht erhöht, erklärt Pressesprecher Nohe: "Generell treffen da ja Menschen zusammen, die sich gesund und fit fühlen. Und schon im Normalfall gelten sehr strenge Regularien, die nun noch verschärft wurden." Diese würden auch vorbildlich eingehalten werden. Verunsicherung, sich beim Blutspenden mit dem Coronavirus zu infizieren, habe man nur ganz zu Beginn der Pandemie gespürt.

"Dass wir es überhaupt so weit geschafft haben, das ist der Verdienst der Spender", sagt Nohe. Gleichzeitig - und auch wenn er keine Panik verbreiten will - steht für ihn eines fest: Wenn weiterhin so wenig gespendet wird, wird man sich zwar zunächst bundesweit aushelfen können. Dann jedoch werden OPs verschoben werden müssen und "dann hängen schnell Menschenleben dran", erklärt Nohe.

Die nächsten Blutspendetermine im Landkreis Dachau sind: Mittwoch und Donnerstag, 16. und 17. September, jeweils von 15.30 bis 20 Uhr beim BRK Kreisverband, Rotkreuzplatz 3-4.

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