Verfahren gegen Winterkorn:Der Prozess könnte für VW heilsam sein

Martin Winterkorn 2017 vor dem Diesel-Untersuchungsausschuss des Bundestags

Martin Winterkorn 2017 vor dem Diesel-Untersuchungsausschuss des Bundestags.

(Foto: REUTERS)

Haben der damalige VW-Chef Winterkorn und vier weitere Manager den Dieselbetrug in Wolfsburg angezettelt? Wie auch das Urteil ausfallen wird - es ist gut für das Unternehmen, dass nun Licht ins Dunkel kommen dürfte.

Kommentar von Max Hägler

Über die Jahre hinweg hat der interessierte Beobachter einiges gelernt im Dieselskandal. Es gibt zulässige Abschalteinrichtungen bei der Abgasreinigung und unzulässige. Vor allem weiß man nun, dass das giftige Abgas Stickoxid mittels Harnstoff unschädlich gemacht werden kann. Dieses Verfahren ist jedoch teuer - so teuer, dass die Autobauer oft unverschämterweise auf den Sparmodus schalteten. Still und heimlich und über viele Jahre ging das so.

"Sittenwidrig", urteilte der Bundesgerichtshof in diesem Jahr bei den größten Missetätern, VW und Audi. Mit dem Dieselbetrug habe das Unternehmen gegen die Mindestanforderung im Rechts- und Geschäftsverkehr verstoßen. Doch im Blick war bei den Schadenersatzklagen von Autobesitzern eben stets nur "der Konzern". Die Frage, wer denn nun genau betrogen hat, ist leider nach wie vor offen. Wer war's?

Die gute Nachricht ist: Aufklärung rückt näher. Das Landgericht Braunschweig hat jetzt die Anklage gegen den damaligen VW-Chef Martin Winterkorn und vier weitere Manager zugelassen. Dass im anstehenden Strafprozess Licht ins Dunkel kommen dürfte, ist gut für das Unternehmen. Dort herrschen in manchen Abteilungen immer noch Misstrauen und werden Gerüchte gesponnen über den Tathergang. Wie eine klaffende Wunde lähmt das Verfahren die Firma, kostet Kraft und Geld, die woanders benötigt würden in diesem zurzeit so schwierigen Geschäft.

Dass die damaligen Topmanager im Fokus der Anklage sind, mag darüber hinaus auch Mahnung sein für alle heutigen gut bezahlten "Entscheider", nicht nur bei VW, sondern in allen Firmen. Allzu oft verschwimmt bei Fehlern und Vergehen die Verantwortlichkeit in Unternehmen, oder sie wird in der Hierarchie nach unten abgeschoben. Diesmal ist das glücklicherweise ganz anders.

Im anstehenden Prozess soll geklärt werden, ob es jene fünf Manager waren, die diesen gewerbs- und bandenmäßigen Dieselbetrug in Wolfsburg anzettelten. Wer das dann technisch ausführte, ist zweitrangig. Sich drücken vor Verantwortung und Transparenz gilt nicht mehr. Was übrigens nicht heißt, dass am Ende des Verfahrens nicht auch ein Freispruch stehen kann.

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