Denkmalschutz:59 Millionen Euro für die Venusgrotte des Kini

Venusgrotte von König Ludwig II künstliche Tropfsteinhöhle mit See und muschelförmigem Boot Gemäl

Hightech aus dem 19. Jahrhundert. König Ludwig II. ließ sich diese Tropfsteinhöhle mit allerlei elektrischen Spielereien bauen. Schon kurz nach der Fertigstellung erwies sich die Venusgrotte aber als undicht.

(Foto: Imago)

Ludwig II. ließ sich eine künstliche Tropfsteinhöhle in Schloss Linderhof anlegen. Die Venusgrotte sollte Hightech sein, erwies sich aber schnell als undicht. Heute steigen die Renovierungskosten immer weiter.

Von Matthias Köpf, Ettal

Normale Besucher haben das marode Wunderwerk schon seit Jahren nicht mehr zu Gesicht bekommen. Auch sonst waren der bayerischen Schlösser- und Seenverwaltung neugierige Gäste, die sich in der Venusgrotte von Schloss Linderhof ein Bild von der laufenden Sanierung machen wollten, zuletzt eher nicht willkommen. Neulich haben es mal wieder zwei Gäste in die Grotte geschafft: Florian Herrmann (CSU) als Leiter der Staatskanzlei und FW-Fraktionschef Florian Streibl aus dem nahen Oberammergau inspizierten die Arbeiten. Dafür gibt es allen Grund: Im Frühjahr musste der Haushaltsausschuss des Landtags weitere 26 Millionen Euro für die Sanierung genehmigen, nachdem er den Kostenrahmen erst zwei Jahre zuvor von 25 auf 33 Millionen Euro erhöht hatte. Nun hoffen die Haushälter, dass es am Ende wenigstens mit diesen insgesamt 59 Millionen Euro getan sein wird.

Die Venusgrotte hatte sich Bayerns Mythen- und Märchenkönig Ludwig II. in den Jahren 1876/77 in den Park seiner ebenfalls gerade im Bau befindlichen "Königlichen Villa" Linderhof setzen lassen. Die künstliche Tropfsteinhöhle gilt bis heute als die größte der Welt. Sie verfügte schon zu Zeiten des in vieler Hinsicht rückwärtsgewandten, aber in technischen Dingen äußerst fortschrittsfreudigen Königs über eine ausgeklügelte Effektbeleuchtung, einen See mit elektrisch erzeugtem Wellenschlag und einen ebenfalls elektrisch betriebenen Wasserfall.

Die viele Feuchtigkeit und auch das Wasser, das von oben in die Konstruktion eindringt, bedrohen das fragile Gebilde aus Bruchstein, Ziegel, Draht und Gips seit der Fertigstellung. Schon 1889 wurde ein neues Dach gebaut, seither gab es noch mehrere kleinere Sicherungsmaßnahmen. Doch ein bisschen Abdichten und Ausbessern reicht schon lange nicht mehr. Darum hat sich der Freistaat zu einer ersten grundlegenden Sanierung durchgerungen, die 2015 begonnen hat und seither immer aufwendiger wird. Fertig wird sie frühestens 2024 - und damit zwei Jahre später als geplant.

Dass die Kosten dafür "nochmals explodiert" seien, wie es der SPD-Abgeordnete Harald Güller formuliert, hatte die Staatsregierung dem Haushaltsausschuss des Landtags schon im vergangenen Herbst angekündigt. Um die 50 Millionen würden es wohl werden, hieß es damals noch. Weil die Abgeordneten zuletzt immer weniger Geduld mit Kostensteigerungen bei staatlichen Bauvorhaben gezeigt hatten, lud sie das Finanzministerium im November zur Besichtigung. Was da zu sehen war, hatte mit den prunkvollen Bildern aus der Erinnerung der Abgeordneten wenig zu tun.

Zweifel, ob das mit der Sanierung in Linderhof so weitergehen kann, ließ der Anblick aber auch kaum zu, denn da war nichts zu sehen, was auch nur annähernd so bleiben könnte. Dass die Sache zu Ende gebracht und die Grotte saniert werden muss, sei in historischer und kunstgeschichtlicher Perspektive und auch im Hinblick "auf den platten Tourismus" völlig unstrittig, sagt der SPD-Abgeordnete Harald Güller. Er allerdings frage sich schon manchmal, warum es immer die "High-End"-Version sein müsse. So hat sich nach Angaben der Schlösser- und Seenverwaltung im Lauf der Sanierung gezeigt, dass die "historische Seesäule aus Gusseisen statisch ertüchtigt werden muss". Allein diese Ertüchtigung kostet laut Güller mehr als 2,5 Millionen Euro, weil es unbedingt dieses filigrane Original sein müsse und kein tragfähiger neuer Nachguss.

Dass es für die Grotte praktisch keinerlei originale Pläne mehr gibt, erschwert auch die heutige Planung der Sanierung, an der laut Schlösser- und Seenverwaltung bisher schon mehr als 200 Firmen, Büros und Gutachter beteiligt waren. Was den wachsenden Aufwand betrifft, argumentiert sie mit der Einzigartigkeit der Venusgrotte. FW-Fraktionschef Florian Streibl sieht das ganz ähnlich: "Das gibt's kein zweites Mal auf diesem Planeten", sagt Streibl und erinnert daran, dass Ludwig II. die Grotte ohnehin nur für sich selbst bauen ließ und sie nach seinem Tod wie alle seine Bauten abgerissen haben wollte.

Stattdessen besuchten zumindest vor der Corona-Pandemie rund 450 000 Menschen im Jahr Schloss Linderhof, was die ganze Anlage neben ihrer kulturellen Bedeutung auch zu einem großen Wirtschaftsfaktor und über den Umweg des Tourismus wohl sogar rentabel macht. In einer Republik müsse so ein Projekt nun aber absolut transparent gehandhabt und "eng parlamentarisch begleitet" werden, sagt Streibl. "Und wenn es dann noch mal 150 Jahre hält, dann war es das Geld wert."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: