Sonnenenergie:Solaranlagen in Ebersberg brauchen eine Umrüstung

Sonnenenergie: Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) im Frühjahr bei der Besichtigung der Fotovoltaikanlage auf dem Canon-Werk in Poing.

Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) im Frühjahr bei der Besichtigung der Fotovoltaikanlage auf dem Canon-Werk in Poing.

(Foto: StMWi/E. Neureuther/oh)

Wer sich vor 20 Jahren eine Photovoltaikanlage aufs Dach gebaut hat, bekommt zum Jahresende kein Geld mehr für die Einspeisung. Trotzdem lohnt sich der Kollektor auch weiterhin - unter einer Bedingung.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Dinge des täglichen Bedarfs über den Tag hinaus aufheben zu können, gilt als wichtige Errungenschaft der Zivilisation. Was in den vergangenen Jahrtausenden für Werkzeuge und Nahrungsmittel galt, könnte künftig für eine Ressource der Moderne attraktiv werden: Strom. Für Betreiber einer Fotovoltaikanlage wird ein Stromspeicher immer interessanter, das gilt wegen einer Regelung im Erneuerbare-Energien-Gesetz auch und besonders für Besitzer alter Anlagen.

Denn am 31. Dezember dieses Jahres fliegen nicht nur so manche Sektkorken aus den Flaschen, sondern auch zahlreiche alte PV-Anlagen aus der Förderung. Wie Tobias Sassmann von der Energieagentur Ebersberg-München erklärt, sind davon zunächst alle Anlagen betroffen, die zum Jahresende 20 Jahre oder älter sind und für die Einspeisevergütung bezahlt wird. Aber die 20-Jahres-Frist betrifft früher oder später alle Fotovoltaikanlagen, die ins Netz einspeisen. Alleine für dieses Jahr schätzt Sassmann die Zahl der Anlagen, die im Landkreis aus der Förderung fallen, auf einige 100 Stück.

Das Problem: Derzeit gibt es keine gesetzliche Regelung, ob und wie diese Anlagen weiterhin Teil des Stromnetzes sind und wie der von ihnen gelieferte Strom zu vergüten ist. "Es ist ein großer Graubereich", sagt Sassmann, das beginne schon bei der Frage "darf die Anlage überhaupt weiter ins Netz einspeisen?" Und wenn ja, zu welchen Bedingungen und Preisen? Zwar gebe es die Möglichkeit der Direktvermarktung, also dass etwa ein Gewerbe- oder Industriebetrieb den Strom abnimmt, allerdings lohne sich das erst ab einer Leistung von 30 Kilowatt, was viele Hausanlagen nicht erreichen.

Bei den Besitzern sei das Thema durchaus bekannt, schließlich seien die meisten von ihnen "die Pioniere auf dem Gebiet". Ende der 1990er war das Hausdach mit Solarzellen noch relativ selten, was auch an der damals verfügbaren Technik und der noch geringen Zahl an Fachleuten für solche Anlagen lag. Was aus diesen werden soll, fragen sich nun viele, sagt Sassmann, deshalb bietet die Energieagentur dazu Beratung an, die auch gut angenommen werde. Zudem gab es im Juni ein ebenfalls gut besuchtes Onlineseminar mit dem Titel "Photovoltaik und Speicher". Gerade bei letzterem gebe es eine Vielzahl an Modellen, welche für welche Anlage geeignet sind, müsse man individuell ermitteln.

Das tut man unter anderem beim Eberwerk, dem aus der Energieagentur hervorgegangenen Kommunalunternehmen. Zuständig für den Bereich Photovoltaik ist Franz Lichtner, der zu so viel Eigenverbrauch wie möglich rät. Das gelte sowohl für alte wie auch für neue Anlagen, die theoretisch noch Einspeisevergütung bekommen könnten. Zwar ist diese bei kleineren Anlagen, wie sie meist auf Hausdächern zu finden sind, noch etwas höher, aber immer noch geringer als der Strompreis (siehe Infokasten). Und nicht nur für die PV-Anlage auf dem Hausdach ist ein hoher Anteil von Eigenverbrauch oft die beste Variante. So hat das Eberwerk Ende vergangenen Jahres in Poing bei der Firma Canon/OCE auf fünf Hallendächern eine PV-Anlage installiert. Diese ging im März in Betrieb und hat eine Gesamtleistung von 1,5 Megawatt. Gut 1,3 Millionen hat laut Canon die Anlage gekostet, in rund fünf Jahren soll sie dank Eigenverbrauch amortisiert sein.

Eine PV-Anlage mit ähnlicher Leistung betreibt das Eberwerk seit September in der Nachbargemeinde Markt Schwaben. Auf einem 1,5 Hektar großen Feld zwischen zwei Bahnlinien sollen in Spitzenzeiten ebenfalls rund 1,5 Megawatt Strom erzeugt werden, was für etwa 500 Haushalte ausreicht. Streng genommen sind es in Markt Schwaben eigentlich zwei Anlagen. Das liegt daran, dass nur Anlagen bis 750 Kilowatt Einspeisevergütung bekommen, die zweite Hälfte der Kollektoren auf dem Feld liefert daher Strom zum Marktpreis.

Vergütung

Um die Jahrtausendwende sollte die Produktion von Strom aus regenerativen Quellen durch Subventionen gefördert werden. Dazu wurde mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das 2000 in Kraft trat, die Einspeisevergütung deutlich erhöht. Diese legt fest, wie viel Geld der Betreiber einer Photovoltaikanlage für seinen Strom bekommt und das für 20 Jahre garantiert. Damals gab es pro Kilowattstunde noch 99 Pfennig, das entspricht 50,62 Cent. 1999 hatte der Preis noch bei 16,52 Pfennig gelegen. In etwa dieses Niveau und ein Stück darunter hat die Einspeisevergütung mittlerweile wieder erreicht, je nach Größe der Anlage bekommt man pro Kilowattstunde zwischen 9,03 Cent (17,66 Pfennig) und 6,22 Cent (12,17 Pfennig) und damit deutlich unter dem Strompreis, den Endkunden zahlen, Stand September waren das durchschnittlich 31,71 Cent pro Kilowattstunde. wkb

Lichtner geht davon aus, dass in Zukunft immer mehr große PV-Anlagen gebaut werden, welche die Einspeisevergütung nicht in Anspruch nehmen. Mit der nächsten Senkung fällt diese auf unter sechs Cent pro Kilowattstunde und soll kommendes Jahr weiter sinken, der Marktpreis für Strom lag im dritten Quartal 2020 dagegen bereits bei 3,99 Cent. Um am Markt mitspielen zu können, sei aber Netzstabilität wichtig, also den Strom rund um die Uhr anbieten zu können. Darum bekommt die Anlage in Markt Schwaben demnächst noch einen großen Stromspeicher, sagt Lichtner, bestehend aus Lithiumakkus, wie sie auch in Computern und E-Autos verbaut werden, nur eben mehr.

Auch für Besitzer kleinerer PV-Anlagen könne sich ein solcher Akku lohnen, sagt Lichtner, die Rentabilitätsgrenze liege derzeit bei einer Jahresleistung von 3,5 bis vier Megawattstunden, darunter sei der Direktverbrauch sinnvoller. Aktuell gebe es zwei verschiedene Modelle von Stromspeichern für den Hausgebrauch, neben dem Lithiumakku ist das ein Speicher auf Salzbasis. Dieser folgt dem Prinzip der Kochsalzbatterie, die manche vielleicht noch aus dem Physikunterricht kennen. Hier fungiert Salzwasser als Elektrolyt zwischen Metall- und Graphitelementen. Was den Vorteil hat, dass keine giftigen Substanzen verbaut werden, auch die Herstellung ist umweltfreundlicher als beim Lithiumakku. Nachteil ist, dass die Salzbatterien etwa ein Zehntel teuer seien, so Lichtner und auch etwas mehr Platz bräuchten, für kleine Anlagen seien sie zudem weniger gut geeignet.

Auch alte PV-Anlagen, bei denen die Förderung demnächst ausläuft, lassen sich auf Eigenverbrauch umrüsten und gegebenenfalls mit so einem Speicher versehen, sagt Lichtner, technisch sei das unproblematisch. Meist seien die Anlagen noch sehr gut in Schuss und zudem dank der Einspeisevergütung auch längst amortisiert, so dass sich die kleine Investition in den Umbau lohne. Daher gelte auch ohne Fördergeld: "Auf keinen Fall abbauen."

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