Erfinder:Steinbock statt Sense

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Lukas Schrottenbaum hat einen Rasenmäher mit Gummistachelwalzen für alpine Steilhänge entwickelt.

Interview von Dominik Prantl

Die Firma Terratec in Bludenz stellt seit 2013 Motormäher für besonders steile Berghänge her. Lukas Schrottenbaum, geboren 1978, ist Maschinenbauingenieur, Geschäftsführer, alleiniger Gesellschafter des Neun-Personen-Unternehmens - und weiß noch, wie hart das Mähen ohne Maschinen ist.

SZ: Herr Schrottenbaum, sind die Hänge in Vorarlberg besonders steil?

Schrottenbaum: Ich würde sagen, sie sind bei uns so steil wie das in den Alpen von Frankreich bis Slowenien üblich ist.

Wieso kommt dann ausgerechnet ein gebürtiger Vorarlberger darauf, einen Berghangmotormäher zu konstruieren?

Ich komme selbst aus der Landwirtschaft, meine Eltern haben 40 Hektar Land, davon acht in wirklicher Steillage. Später hat es mich durch die Liebe noch weiter hoch an den Berg verschlagen, zu meiner Frau in die Gemeinde Bartholomäberg, wo wir zwei Hektar Steilhang bewirtschaften. Vor der Gründung der Firma Terratec habe ich als studierter Maschinenbau-Ingenieur Sondermaschinen gezeichnet, wie zum Beispiel die mechanischen Komponenten der Seebühne Bregenz. Das war eigentlich was ganz anderes. Der Motormäher ist dann eher aus einem Hobby heraus entstanden.

Wann kam Ihnen der Gedanke, aus dem Hobby eine Firma zu machen?

Als wir unsere Hobbymaschine 2012 präsentierten, standen da auf einmal 200 Leute. Das war der ausschlaggebende Punkt.

Dabei gibt es nicht nur andere Motormäher-Produzenten, sondern Traktoren, die fürs Mähen im Berggelände geeignet sind. Warum also noch einen extra, fast 30 000 Euro teuren Rasenmäher?

Ein Zweiachsmäher oder Traktor schafft es nur bis 30, höchstens 35 Grad. Motormäher wie unsere werden zwischen 30 und 45 Grad eingesetzt. Wir beginnen also dort, wo auch der Bergtraktor nicht hinkommt. Deshalb heißt unser Motormäher auch Ibex, also Steinbock.

Der Hang-Rasenmäher Ibex-G2 der Firma Terratec. (Foto: TerraTec)

Was ist so speziell an dem Steinbock?

Da ist erstens die verschiebbare Achse, wodurch sich der Schwerpunkt verschieben lässt. Im Steilhang ist das entscheidend. Dazu kommt zweitens die sehr effiziente Hydraulik und schließlich die einfache Bedienung mit nur einer Hand.

Laien fallen wohl erst einmal die Räder mit Stacheln auf. Wie Spikes wirken die.

Um das Luftstachelrad zu entwickeln, haben wir alleine vier Jahre gebraucht; ich wollte dazwischen auch schon aufgeben. Es ist jetzt genau genommen ein Gummistachelrad, das auch alle Mitbewerber bei uns bestellen können.

Wird das alles in Vorarlberg gefertigt?

Wir konzentrieren uns auf Entwicklung, Endmontage, Inbetriebnahme und Vertrieb. Die Komponenten kommen aus Österreich, der EU und teils aus den USA.

Verkauft wird aus Vorarlberg dann wieder in die ganze Welt?

Interessant ist schon, dass wir die meisten Kunden dort haben, wo es auch die meisten Förderungen durch Staat und EU gibt. In unserem Fall ist das Südtirol, wo wir mehr als ein Drittel absetzen. Der Rest teilt sich zu etwa gleichen Teilen auf die restliche EU und die Schweiz auf.

Apropos Globalisierung: Warum bestellt man das Heu heutzutage nicht einfach im Internet statt Steilhänge zu mähen? Ist das Gras so viel besser? Oder neigen Bergmenschen zu Masochismus?

Im Grunde braucht es vor allem ganz viel Idealismus. Es sind im Berggras ja vielleicht mehr Kräuter drin, und es duftet besser, aber ehrlich gesagt, ist es nicht unbedingt besser. Die Kühe meines Bruders zum Beispiel bekommen das Gras aus dem Tal; das Berggras essen die Pferde. Allerdings muss man auch bedenken, dass unsere Bergwiesen auch wichtig für den Tourismus sind. Die gehen eher weniger dorthin, wo es nur Wald gibt.

Der Geschäftsführer der Firma TerraTec, Lukas Schrottenbaum. (Foto: Privat)

Moment. Gerade für die vielen Bergurlauber gehören doch weniger Motormäher zum romantischen Ideal der Berge, sondern Sensen mähende und Gras rechende Menschen?

Die Sense gibt es im Bergbereich heute nur noch auf Youtube oder bei Wettkämpfen, wo dann ein paar Quadratmeter gemäht werden. Da muss man realistisch sein. In der Praxis herrschen heute Motorsensen und Heubläser, die dann im halben Tal zu hören sind.

Aus den Gärten im urbanen Raum sind Rasenmähroboter inzwischen kaum wegzudenken. Ist so ein Roboter-Ibex ohne Bedienung durch Menschen auch an Steilhängen der Berge denkbar?

Ja, ist es. Die Technik ist schon so weit, um Maschinen autonom fahren zu lassen. Nur gibt es eben einen rechtlichen Graubereich, was man machen darf und was nicht. Ich bin der Überzeugung: Das ist die Zukunft. Wir haben nur nicht die Größe, um das voranzutreiben.

Haben Sie selbst auf den Bergwiesen ihrer Eltern noch mit der Sense gemäht?

Ja, ich kann das auch noch. Aber bei acht Hektar, da hast du keine Chance.

© SZ vom 17.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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