Erding:Jede Minute zählt

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Sein Flug von Jamaika nach München habe drei Stunden Verspätung gehabt, klagte ein Mann aus Nürnberg. Das Gericht versagte ihm eine Ausgleichszahlung. (Foto: oh)

Ein Fluggast klagt am Amtsgericht Erding auf einen Ausgleich von 300 Euro wegen einer verspäteten Ankunft. Die Frage ist nur: Waren es mehr als drei Stunden?

Wegen einer dreistündigen Flugverspätung wollte ein Mann aus Nürnberg am Amtsgericht Erding eine Ausgleichszahlung in Höhe von 300 Euro einfordern. Strittig war dabei, ob die Verspätung die maßgebliche Dauer um eine Minute überschritten hat oder nicht, wie der stellvertretende Amtsgerichtsleiter Stefan Priller in einer Pressemitteilung informiert. Die Klage wurde schließlich abgewiesen, ebenso die Berufung am Landgericht Landshut.

Der Kläger war am 1. März 2019 von Montego Bay, Jamaika, nach München geflogen, wo er planmäßig um 8.20 Uhr Ortszeit hätte eintreffen sollen. Das Flugzeug landete dort jedoch erst um 11.13 Uhr und erreichte fünf Minuten später die Parkposition. Der Kläger trug vor, er habe erst um 11.21 Uhr die Möglichkeit gehabt, das Flugzeug zu verlassen, da frühestens zu diesem Zeitpunkt die Anschnallzeichen erloschen seien. Erst ab da sei es ihm daher erlaubt gewesen, aufzustehen. Damit habe die Flugverspätung mehr als drei Stunden betragen - nach seiner Rechnung bei einer geplanten Ankunftszeit von 8.20 Uhr also exakt drei Stunden und eine Minute.

Die beklagte Fluggesellschaft wandte hingegen ein, die Flugzeugtüren seien bereits um 11.19 Uhr geöffnet worden. Der Kläger - so das Gericht - sei grundsätzlich beweispflichtig für den Umstand einer relevanten Verspätung, die bei einem Flug über eine Distanz von über 3500 Kilometern gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ab drei Stunden anzunehmen sei. Dabei dürfe aber nicht auf den Zeitpunkt abgestellt werden, zu dem es dem Anspruchsteller konkret möglich gewesen sei, das Flugzeug zu verlassen, sondern darauf, ab wann die Flugzeugtüren geöffnet waren. Von da an unterliege ein Passagier nicht mehr den durch den zwingenden Aufenthalt im Flugzeug bedingten Einschränkungen, so Priller.

Ein vom Kläger als Zeuge benannter Fluggast konnte indes lediglich bekunden, dass er selbst noch um 11.21 Uhr im Flugzeug auf seinem Platz gesessen habe, während der Gang voll mit Menschen gewesen sei, die sich nicht bewegt hätten. Der Leiter des Kontrollzentrums zitierte aus der handschriftlichen Flugdokumentation, dass die Flugzeugtüren um 11.19 Uhr geöffnet wurden. Aus seiner Erfahrung berichtete er, dass Passagieren üblicherweise sofort danach der Ausstieg gestattet werde.

Bei dieser Beweislage hielt das Gericht den Nachweis der Richtigkeit der Behauptung des Klägers nicht für erbracht und wies die Klage ab. Auch die Berufung am Landgericht Landshut führte zu keinem Erfolg. Die Richter waren einstimmig der Auffassung, dass das Amtsgericht die Beweise zur Frage des Zeitpunktes, zu dem es den Passagieren möglich war, das Flugzeug zu verlassen, zutreffend gewürdigt habe und wiesen die Berufung zurück. Das Urteil ist rechtskräftig.

© SZ vom 16.09.2020 / sz/regi - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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