Waldbrände in Europa:Jede Menge Brennstoff

Waldbrand bei Ziltendorf

Brandenburg hat 2019 bereits Erfahrung gemacht mit Großfeuern wie hier bei Ziltendorf.

(Foto: Julian Stähle/dpa)

Auch in Deutschland sind Großbrände wie in Kalifornien prinzipiell möglich. Statt jedoch die Feuerwehren aufzurüsten, mahnen Experten andere Strategien an.

Von Christoph von Eichhorn

Man muss gar nicht bis nach Kalifornien schauen, um sich der wachsenden Gefahr von Waldbränden bewusst zu werden - es reicht schon der Blick ins europäische Ausland. Etwa nach Rumänien, wo dieses Jahr 79 000 Hektar Wald verbrannten - etwa die Fläche Hamburgs, und mehr als fünf Mal so viel wie sonst in einem Jahr. Oder nach Italien, das mit mehr als 1000 Bränden dieses Jahr Spanien und Portugal locker überholt hat. So zeigen es die Statistiken von EFFIS, des Waldbrand-Informationssystems der EU, das per Satellit alle größeren Feuer auf dem Kontinent registriert.

"Wir sehen in Europa durchaus Feuerverhalten, das den Bränden in Kalifornien in Nichts nachsteht", sagt Alexander Held, Waldbrand-Experte beim European Forest Institute in Bonn. Hierbei verweist er vor allem auf verheerende Brände in Portugal in den vergangenen Jahren, sagt aber auch: "Man muss sich damit auseinandersetzen, dass so etwas in Deutschland prinzipiell möglich ist."

Zwar nimmt Deutschland im europäischen Vergleich mit durchschnittlich rund 550 Hektar verbrannter Fläche bislang eher einen Platz im oberen Mittelfeld ein. Allerdings betrug die Zahl vor zehn Jahren meist noch null, erst in den vergangenen Jahren ist die Gefahr hierzulande deutlich angestiegen. Im Dürresommer 2018 verbrannten dann mehr als 4000 Hektar.

Regionen mit sandigen Böden wie Niedersachsen sind besonders gefährdet

Laut Experten könnte das ein Vorgeschmack für die Zukunft sein. "Der Klimawandel sorgt für die passenden Wetterbedingungen, er macht Gegenden brennbar, die vorher zu nass waren", sagt Held. Zugleich habe Deutschland eben sehr viel brennbare Biomasse in Form von Wald. Besonders gefährdet sieht Held Regionen mit sandigen Böden wie in Brandenburg oder in Niedersachsen, aber auch die Rheinebene in Baden-Württemberg, die infolge eines sinkenden Grundwasserspiegels trockener werde. Es fehle bislang die Vorstellungskraft, dass diese Gebiete durch Feuer gefährdet seien, sagt Held. Aber bis vor wenigen Jahren habe sich auch niemand vorstellen können, dass Trockenheit und Schädlinge wie der Borkenkäfer zu einem Waldsterben auf Hunderttausenden Hektar führen, wie es derzeit schon der Fall ist.

Die Europäische Kommission hat 2018 untersuchen lassen, wie Europa den Waldbrandgefahren begegnen kann. Der Report stellt fest, dass die Anzahl der Waldbrände in vielen Ländern wie Spanien und Frankreich seit den 1980ern zurückgegangen sei. Zugleich beginne durch die Erderhitzung die Brandsaison bereits im Juni und ende erst im Oktober - und die Gefahr durch "größere und zerstörerischere Feuer" nehme zu. Diese sogenannten "Megafeuer" breiten sich rasch aus, brennen äußerst intensiv, wechseln recht unvorhersagbar die Ausbreitungsrichtung - und könnten Feuerwehren damit schnell an ihre Grenzen bringen. Die Studie bemängelt zugleich, dass viele Länder der kurzfristigen Feuerbekämpfung vor Ort Vorzug einräumen gegenüber langfristigen Präventionsmaßnahmen. Allerdings käme die herkömmliche Brandbekämpfung gerade bei den Megafeuern schnell an ihre Grenzen.

Der Schlüssel zur Bekämpfung liegt laut EU-Kommission stattdessen in einem "integrierten Feuermanagement", das neben der Aufklärung der Bevölkerung über die Risiken und Auslöser von Waldbränden vor allem den Umbau des Walds selbst im Blick hat. "Wenn wir so wirtschaften, dass wir einen sehr naturnahen Wald haben - mit viel Schatten, wenig Gras, Pufferzonen in Form von breiten Wegen - wäre er schon viel weniger brennbar", sagt Alexander Held. Portugal habe in diesem Bereich sehr viel gelernt und pflege zum Beispiel seine Eukalyptuswälder mittlerweile besser, was die Feuergefahren deutlich senke.

Auch die Feuerwehren müssen sich wohl an die veränderte Lage anpassen. Gefragt sei aber zunächst eine bessere Ausbildung, sagt Held, etwa was das Feuerverhalten in Wäldern angehe oder die Löschwasserversorgung mitten in der Natur. Auch der Einsatz von Vor- und Gegenfeuern, wie sie bereits vielerorts praktiziert werden, müsse hierzulande erlernt werden.

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