Belarus:Überraschungseid in Minsk

Hand auf die Verfassung: Lukaschenko beim Amtseid. (Foto: Andrei Stasevich/BelTA/dpa)

Trotz anhaltender Proteste tritt Lukaschenko seine sechste Amtszeit als Präsident an.

Von Frank Nienhuysen, München

Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko hat sich am Mittwoch zum sechsten Mal als Präsident vereidigen lassen - allerdings war die Zeremonie so geheim gehalten worden wie sonst vergleichbar die Reisen von US-Präsidenten in Konfliktgebiete. Medien in Belarus berichteten erst über die Inauguration, als sie vorüber war. Nach der Amtseinführung Lukaschenkos gingen trotzdem zahlreiche Menschen auf die Straße. Auf Videos war zu sehen, wie die Sicherheitskräfte sich auf den Straßen positionierten, die Menschen zurückdrängten und die Gruppen auseinandertrieben. Im Zentrum der Hauptstadt Minsk kam es zu zahlreichen Festnahmen, die Einsatzkräfte gingen brutal vor. Es gab auch Verletzte, die genaue Zahl war zunächst nicht bekannt.

Lukaschenko hatte zuvor vor mehreren Hundert Offiziellen im Minsker Unabhängigkeitspalast von einem "beispiellosen Druck von außen" gesprochen. Aber "eine bunte Revolution" sei verhindert und die "Souveränität und Unabhängigkeit von Belarus verteidigt" worden.

Die Bundesregierung blieb bei ihrer Haltung, die Präsidentenwahl vom 9. August nicht anzuerkennen, und nun auch nicht Lukaschenkos Vereidigung. Die Wahl sei weder frei noch demokratisch gewesen, sagte ein Regierungssprecher. Er rief die belarussische Führung zu einem Dialog mit der Opposition auf.

Seit Wochen demonstrieren im ganzen Land immer wieder Zehntausende Menschen gegen das offizielle Wahlergebnis und fordern ein Ende der Gewalt sowie die Freilassung von Gefangenen. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Wiasna sind seit der Wahl Tausende Menschen zum Teil kurzzeitig festgenommen worden, es gebe derzeit mehr als 250 politische Strafverfahren.

© SZ vom 24.09.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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