Altersvorsorge:Selbständige müssen an Erspartes ran

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immer mehr Menschen sorgen mit Aktienfonds oder ETF an der Börse vor - doch in der Corona-Krise können gerade Selbständige gewungen sein, ihr Wertpapierdepot zu plündern. Eine Petition will das ändern.

Von Timm Seckel, München

Ein Blick auf die Website der Deutschen Rentenversicherung desillusioniert. Die gesetzliche Rente für einen finanziell sorgenfreien Ruhestand allein reiche nicht. "Es ist deshalb sehr wichtig, zusätzlich für das Alter vorzusorgen", heißt es dort. Eine Empfehlung, die auch die Verbraucherzentralen und die Bundesregierung geben. Neben geförderten Riester- oder Rürup-Renten und privaten Versicherungen legen deshalb viele Menschen ihr Geld auch per Sparplan in Wertpapieren und Fonds an. Angesichts niedriger Zinsen versprechen sie sich höhere Renditen am Aktienmarkt. Doch genau dieser Weg kann in der Corona-Krise zum Verhängnis werden.

Besonders Solo-Selbständige trifft der Wirtschaftseinbruch hart, vielen sind große Teile ihrer Aufträge weggebrochen. Wer nun die staatliche Grundsicherung (Hartz IV) in Anspruch nehmen will, steht mit den fürs Alter gedachten Fonds und andere Anlagen an der Börse vor einem Problem. Denn wer Unterstützung vom Staat will, muss zunächst all das Geld aufbrauchen, das nicht zum sogenannten Schonvermögen gehört. Für eine einzelne Person beträgt dieses Schonvermögen bis zu 60.000 Euro, für Angehörige in einem Haushalt kommen 30.000 Euro hinzu.

Explizit geschützt sind hingegen Versicherungen zur Altersvorsorge, wie etwa private Lebens- und Rentenversicherungen. Wer allerdings Wertpapiere besitzt, die das Schonvermögen übersteigen, muss diese zuerst zu Geld machen und aufbrauchen, bevor es Hartz IV gibt. Im schlimmsten Fall kann so eine Wirtschaftskrise wie die Corona-Krise die angesparte Altersvorsorge kosten.

Kritik daran übt der Verband der Gründer und Selbständigen in Deutschland (VGSD) seit Jahren. Denn Selbständige, die nicht über eine berufsständische Versorgungseinrichtung oder entsprechende Kammern vorsorgen können, können häufig nur privat fürs Alter etwas zurückzulegen. "Die gesetzliche Rentenversicherung ist für die meisten nicht attraktiv", sagt VGSD-Vorsitzender Andreas Lutz. Er fordert deshalb ein gesetzlich geschütztes Depot zur Altersvorsorge, das wie Versicherungen und staatlich geförderte Renten bei Geldproblemen nicht angetastet werden muss. "Es kann nicht sein, dass alle zur privaten Vorsorge raten und dann sagen, dass Wertpapiere nicht geschützt werden", sagt Lutz. Schließlich sei abseits der Aktien- und Anleihemärkte kaum noch Rendite zu erzielen.

Gerald Baumann hat deshalb eine Petition an den Bundestag gerichtet. Der selbständige IT-Berater aus Dormagen bei Köln spart seit 20 Jahren mit einem Wertpapier-Depot für die Rente. Er fordert in seiner Petition per Gesetz ein "Altersvorsorge-Depot" einzurichten, das neben Selbständigen allen Bürgern offenstehen soll. Dort könnten Inhaber bis zum Erreichen des Rentenalters nur Geld einzahlen, um es später ausgezahlt zu bekommen. Im Gegenzug wäre das Geld in persönlicher finanzieller Schieflage vor dem Zugriff von Sozialbehörden ebenso abgesichert, wie es andere Formen der Altersvorsorge bereits jetzt sind. Kurz vor dem Ende der Zeichnungsfrist Donnerstagmitternacht fehlen Baumann zwar noch mehr als 40 000 Unterschriften, zuversichtlich ist er trotzdem. Mit knapp 6000 Unterschriften stünden die Chancen nicht schlecht, vor dem Petitionsausschuss sprechen zu dürfen. "Die Politik muss sich bewegen, sonst kostet uns alle das viel Geld", sagt Baumann.

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