Taufkirchen:Eine Fundgrube der Geschichte

Das Heimatkundliche Gemeindearchiv wird im November eröffnet. Der Grundstock von Ludwig Tafelmayer ist um das Archiv von Josef Heilmaier und um zahlreiche Schenkungen und Leihgaben von Taufkirchener Familien erweitert worden. Das Spektrum ist beeindruckend und nicht nur für Fachleute von Interesse

Von Thomas Daller, Taufkirchen

Erding verfügt über das Museum Erding, Dorfen über sein Heimatmuseum und künftig kann man sich auch intensiv mit der Taufkirchener Heimatgeschichte auseinandersetzen: Die Ausstellungsräume sind fertig gestellt, im November und Dezember wird es sonntags die ersten Führungen geben. Je nach Resonanz sollen dann die Öffnungszeiten im nächsten Jahr darauf abgestimmt werden.

Das neue heimatkundliche Gemeindearchiv befindet sich in der Reckenbacher Straße im ersten Obergeschoß des Gebäudes, in dem auch das Taufkirchener Jugendzentrum untergebracht ist. Gemeindearchivar Tobias Karbaumer, dessen Vater Konrad, der langjähriger geschäftsführender Leiter der Gemeinde war, sowie Hermann Hoffmann haben zusammen mit dem Bauhof aus einem verstaubten Depot eine sehenswerte Ausstellung geschaffen, die sowohl in der Fülle ihres Spektrums als auch in ihrem Detailreichtum beeindruckend ist.

Der umfangreiche Bestand fußt im Wesentlichen auf drei Säulen: Der Heimatforscher Ludwig Tafelmayer hat bereits in den 1980er Jahren im Keller des damaligen Rathauses ein umfangreiches Archiv aufgebaut. Als das neue Rathaus gebaut wurde und das alte Gebäude der Landkreis erwarb, um dort die Realschule zu erweitern, landeten diese umfangreichen Bestände 2006 im Depot. Die zweite Säule besteht aus dem Nachlass des Lokaljournalisten und Heimatforschers Josef Heilmaier, dessen Dokumentensammlung und Fotos sein Sohn Manfred und dessen Frau Almut 2018 der Gemeinde als Schenkung überlassen haben. Die dritte Säule besteht aus Schenkungen und Leihgaben von Gemeindebürgern, die in zahlreichen Vitrinen ausgestellt sind.

Taufkirchen: 950 Ordner, die nach Themen gegliedert sind, hat Ludwig Tafelmayer hinterlassen. Diese Fundgrube für Chronisten, Vereine und Familienhistoriker soll in ein Dokumentenmanagementsystem eingespeist werden.

950 Ordner, die nach Themen gegliedert sind, hat Ludwig Tafelmayer hinterlassen. Diese Fundgrube für Chronisten, Vereine und Familienhistoriker soll in ein Dokumentenmanagementsystem eingespeist werden.

(Foto: Renate Schmidt)

Interessant ist die unterschiedliche Herangehensweise von Tafelmayer und Heilmaier. Tafelmayer hat alles gesammelt, was er für historisch wertvoll erachtet hat, von Versteinerungen, die im Gemeindegebiet gefunden wurden, über Pfeilspitzen bis hin zu mittelalterlichen Hufeisen. Außerdem sammelte er Dokumente, Zeitungsausschnitte, Chroniken und bereitete sie thematisch auf: Neben einer Dokumentensammlung mit 1000 Ordnern, die noch gar nicht aufgearbeitet werden konnten, hinterließ Tafelmayer 700 thematisch aufbereitete Ansichtstafeln zu nahezu allen Taufkirchener Aspekten. Heilmaier hingegen, der für die Moosburger Zeitung jahrzehntelang über Taufkirchen schrieb, hat von jedem seiner Artikel einen Durchschlag verfasst und sie zusammen mit den Fotos in 70 Ordnern chronologisch aufgebaut. Hier wartet noch viel Arbeit auf den Archivar und seine Mitarbeiter, die diese Texte in ein Dokumentenmanagementsystem eingeben wollen, um eine schnelle zielgerichtete Suche zu ermöglichen.

Darüber hinaus gibt es eine Sammlung von alten Alltagsgegenständen, die auch auf Kinder und lokalhistorische Laien Anziehungskraft ausübt. So gibt es neben einer alten Feuerwehrtrompete, mit der Alarm geblasen wurde, auch einen 150 Jahre alten Schöpfeimer aus Leder, mit dem die Feuerwehr Eimerketten gebildet hat. Es gibt eine alte Schulbank mit dazugehöriger Tafel, Schulbüchern und Abakus, einen alten Zahnarztstuhl, auf dem die Patienten noch mit Bohrern ohne Wasserkühlung traktiert wurden und vieles mehr. Werkzeuge ehemaliger Handwerksbetriebe sind ausgestellt, vom Schlosser Max Maier bis hin zum Schuster Fritz Rampeltshammer. Sogar eine Leuchtreklame des Metzger-Wirts, den es schon lange nicht mehr gibt, ist ausgestellt und funktioniert immer noch. Ein Glücksfall für das Archiv war auch, dass die Taufkirchener Mittelschule abgerissen und neu gebaut wird. Denn dadurch konnte man 13 Vitrinenschränke der Schule übernehmen, die dort nicht mehr gebraucht wurden.

Eine Fundgrube sind auch die 700 Tafeln, die Tafelmayer angefertigt hat und die nun gereinigt und auf einem neuen Hintergrund präsentiert werden. Sie bilden Taufkirchen in vielen Facetten ab, von der Gastronomie über Speditionen, Vereine, Politik bis hin zu kirchlichen Themen oder dem Wasserschloss. Hermann Hoffmann hat Tausende Reißnägel aus den alten Tafeln gezogen, bevor sie mit Hilfe des Bauhofs neu gefasst werden konnten. "Ich konnte nur arbeiten, wenn ich die Brille zuhause gelassen habe", sagte Hoffmann schmunzelnd. "Denn sonst habe ich mich in den Texten festgelesen und kam nicht vorwärts."

Bürgermeister Stefan Haberl, der aus einer alteingesessenen Taufkirchener Familie stammt, stieß bei einem Rundgang auch auf einige Exponate aus der eigenen Familienhistorie. Er dankte Vater und Sohn Karbaumer und Hermann Hoffmann, die mit Leidenschaft, Engagement und Herzblut die Taufkirchener Geschichte wieder zugänglich gemacht haben. Er erinnerte auch an Ludwig Tafelmayer, der 2006 für seine Verdienste die Taufkirchener Bürgermedaille erhalten hat: "Ohne diesen Grundstock gäbe es dieses heimatkundliche Archiv nicht."

Das Gemeindearchiv soll an sechs Sonntagen im November und Dezember geöffnet werden. Die genauen Uhrzeiten will die Gemeinde noch bekannt geben. Wegen Corona gibt es eine beschränkte Besucherzahl. Anmeldung unter gemeindearchiv@tfk-außenstelle oder im Rathaus unter der Telefonnummer 08084/3728.

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