Daimler:Zetsche will nicht mehr

Hannover: Vorstandsvorsitzender der Daimler AG, Dieter Zetsche während der Hauptversammlung der Tui AG, *** Chairman of

Verzichtet auf den Posten als Chefkontrolleur: Ex-Daimler-Chef Dieter Zetsche.

(Foto: Rainer Droese/imago images)

Der ehemalige Daimler-Chef wird doch nicht Chefaufseher. Jetzt droht dem Stuttgarter Autobauer eine Führungskrise.

Von Caspar Busse, München

Es war fest ausgemacht, und der bisherige Chef des Aufsichtsrats des Stuttgarter Autobauers Daimler, Manfred Bischoff, 78, hatte bislang eisern daran festgehalten: Er wollte Dieter Zetsche, 67, zu seinem Nachfolger als Chefaufseher machen, entgegen aller Kritik an dieser Personalie. Zetsche, der im Mai 2019 nach 40 Jahren im Unternehmen und 14 Jahren an der Daimler-Spitze ausgeschieden war, sollte im kommenden Frühjahr - nach der vorgeschriebenen zweijährigen "Abkühlphase" - in den Aufsichtsrat gewählt werden und dann den Vorsitz übernehmen.

Doch nun will Zetsche plötzlich nicht mehr. "Ich habe mich gefragt, ob ich dem Unter­neh­men einen Dienst tue. Und ob ich mir einen Gefal­len tue, wenn ich diese Aufga­be jetzt über­neh­me", sagte er der FAS: "In letz­ter Konse­quenz habe ich mich entschie­den, dass ich das nicht will, dass ich darauf verzich­te." Zuvor hatte es vehemente Kritik gegeben. Investoren kritisierten, dass mit dem langjährigen Chef Zetsche als Chefaufseher kein Neuanfang möglich sei, und drohten mit Gegenwind auf dem Aktionärstreffen.

"Wir haben die Entscheidung von Dieter Zetsche mit großem Respekt zur Kenntnis genommen", sagte am Sonntag ein Daimler-Sprecher. Wie es nun weitergeht, ist offen. Die Zeit drängt, denn rechtzeitig vor dem Aktionärstreffen im kommenden Frühjahr muss eine Lösung gefunden werden. Dass der ehemalige Dasa-Chef Bischoff, bereits seit 13 Jahren im Amt, nochmal weitermacht, gilt als unwahrscheinlich. Dann müsste entweder jemand aus dem Aufsichtsrat den Job machen oder ein Kandidat oder eine Kandidatin neu in das Gremium gewählt werden. Als möglicher Bischoff-Nachfolger gilt nun Joe Kaeser, 63, der scheidende Siemens-Chef ist seit 2014 im Aufsichtsrat. In dem Gremium sitzen zudem Bernd Pischetsrieder, ehemals Chef von VW und BMW, Clemens Börsig (Ex-Deutsche Bank), Jürgen Hambrecht (Ex-BASF) und Telekom-Boss Tim Höttges.

Daimler droht nun eine Führungskrise, wenn die Personalie nicht schnell geklärt wird. Der Autobauer ist ohnehin in einer heiklen Lage. Es gab zuletzt hohe Verluste, die Corona-Krise trifft das Unternehmen, es werden tausende Stellen abgebaut, der Aktienkurs ist im Keller. Zetsches Nach­fol­ger, der Schwe­de Ola Källe­ni­us, hat schwer zu kämpfen, der Umbau zu einem E-Auto-Bauer ist teuer und langwierig. Konkurrent Tesla ist weit vorn. Dazu kommt, dass zuletzt chinesische Investoren bei Daimler eingestiegen sind, fast unbemerkt von Öffentlichkeit und Vorstand. Es gibt die Befürchtung, dass diese ihre Anteile und ihren Einfluss weiter ausbauen und es vor allem auf die Traditionsmarke abgesehen haben. Möglicherweise beanspruchen sie einen oder mehrere Sitze im Aufsichtsrat.

"Natür­lich hätte ich diese Aufga­be gerne gemacht. Ich glaube auch, dass ich sie gut gemacht hätte", sagte Zetsche zu seinem Verzicht. Er sitzt im Beirat der Discountkette Aldi Süd und ist derzeit auch Aufsichts­rats­vor­sit­zen­der bei Tui. Das schwer angeschlagene Tourismusunternehmen hat bereits zweimal Staatshilfe erhalten und will nun eine Kapitalerhöhung umsetzen. Chefaufseher Zetsche ist hier stark gefordert.

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