Fasching in Grafing:Keine Narren

Faschingsberatung Stadthalle Grafing

Grafings Bürgermeister Christian Bauer und Stadthallenchef Sebastian Schlagenhaufer sammen Vorschläge für einen Fasching mit Corona.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Feiern ohne Halligalli: Stadt und Vereine wollen in Grafing ein alternatives Faschingsprogramm auf die Beine stellen

Von Anja Blum, Grafing

Will Grafing "den mit Abstand besten Fasching" veranstalten? Um diese Frage ging es am Montagabend bei einem Treffen in der Stadthalle, zu dem deren Leiter Sebastian Schlagenhaufer und Bürgermeister Christian Bauer (CSU) die Faschings-Aktiven eingeladen hatten. Viel wurde diskutiert, spekuliert und gewarnt - doch am Ende waren sich alle einig: "Gar nix ist die schlechteste Option!"

Konkrete Entscheidungen indes sind noch nicht gefallen. Vielmehr ging es bei dieser ersten Besprechung um ein Stimmungsbild, um eine gegenseitige Willensbekundung zwischen Stadt und Vereinen. Der Grafinger Rathauschef seinerseits machte deutlich, dass man allen Vorschlägen gegenüber sehr offen sei. "Wir wollen, dass etwas stattfindet", so Bauer, und man werde sicher für alle Ideen auch eine finanzielle Lösung finden. Nicht weniger engagiert zeigte sich Schlagenhaufer, der das Treffen initiiert hatte. "Wir haben hier einen starken Fasching", sagte er, "und ich finde, wir sollten die Fahne hochhalten, den Leuten das Signal geben: Grafing ist da!" Und die Stadthalle biete dafür alle Möglichkeiten, denn der Saal sei für den Fasching bislang noch vier Wochen geblockt. "Wir müssten ihn nur eben alternativ gestalten - habt ihr da Lust dazu?"

Das Problem: Umzüge, Partys, Bälle und dergleichen werden Anfang 2021 höchstwahrscheinlich wegen der Corona-Auflagen nicht stattfinden können. Die Hochburgen hätten bereits alles abgesagt, erklärte Schlagenhaufer. Und auch für das in Grafing heiß geliebte Varieté schaut es sehr schlecht aus. Vier Stunden Programm vor brechend vollem Haus, rund 300 Mitwirkende, die insgesamt 27 Nummern bieten: in Pandemiezeiten schlicht undenkbar.

Doch was dann? Man könnte umdenken und das ganze Geschehen durch viele verschiedene Veranstaltungen entzerren, schlug Schlagenhaufer vor - und hatte denn auch gleich ein paar Ideen parat, wie man dem "Fasching ohne Halligalli" ein Gesicht geben könnte. "Eine Talkrunde mit Alteingesessenen zum Beispiel, die vom Fasching früher erzählen, dazu lustige Fotos oder auch alte Plakate, das fände ich klasse", sagte der künstlerische Leiter des Hauses. Oder eine Prämierung der schönsten Masken, ein Auftritt einer Garde von anno dazumal oder ein Dinner statt dem traditionellen Stadtball. "Es muss halt nur alles mit Vernunft und Umsicht geplant sein." Zumindest werde man nicht kalt erwischt wie viele Veranstalter 2020, "denn jetzt sind die Bedingungen und Risiken bekannt", ergänzte der Grafinger Bühnentechniker Klaus Welm.

Die Vertreter der Vereine - etwa ein Dutzend aus den Reihen von Faschingsbären, TSV und Feuerwehr ist gekommen - zeigen sich zunächst etwas zögerlich. Aber kein Wunder, sind doch die offenen Fragen, Probleme und Risiken zahlreich. Zum schlimmstmöglichen Szenario wird an diesem Abend eine Schlagzeile gekürt: "Grafing wird Hotspot - weil es Fasching gefeiert hat". Klar, so etwas will niemand in der Zeitung lesen. Nicht viel weniger dramatisch wäre es aber in den Augen der Vereine, wenn kurz vor knapp dann doch alles abgeblasen werden müsste. "Dann wäre der Frust riesig", sagt Hermann Holzmann alias Clown Wiggal. Dazu muss man wissen: Turner, Tänzer, Theaterspieler und Spaßmacher haben normalerweise einen immensen Vorlauf, mindestens ein Viertel Jahr. Insofern steht für die Faschingsaktiven schon einiges auf dem Spiel. Hinzukommt die Frage nach den Finanzen: Normalerweise zählt das Varieté mit vier je ausverkauften Terminen insgesamt 800 Besucher. Unter Corona-Bedingungen aber wäre freilich nur ein Bruchteil davon möglich, laut Schlagenhaufer sind - zumindest momentan - in der Stadthalle nur Veranstaltungen mit bis zu hundert Menschen erlaubt. Klar ist also: der Aufwand müsste reduziert werden, egal in welcher Form.

Überhaupt: das Hygienekonzept! Ein solches auszuarbeiten und umzusetzen ist stets Sache des Veranstalters - der Fasching 2020 wäre für die Grafinger Vereine insofern durchaus eine große Verantwortung. Dementsprechend viel wird bei dem Treffen diskutiert, über die Lüftung zum Beispiel, über den Getränkeverkauf, aber vor allem über Abstände. Dürfen Turn- oder Tanzgruppen, die mittlerweile ja wieder ganz normal miteinander trainieren, "unter sich" auf einer Bühne auftreten? Ohne Masken? Ohne eineinhalb Meter? "Ich fände das logisch, aber solche Fragen muss man einfach mit dem Gesundheitsamt klären", so Schlagenhaufer. Und was das Hygienekonzept angehe: Ein solches liege bereits vor, und er werde den Vereinen auch dabei helfen, es ihren Veranstaltungen gemäß anzupassen.

Trotz aller Bedenken fangen die Faschings-Aktiven bereits an diesem Abend an, Ideen zu entwickeln. Von Büttenreden mit Tanzeinlagen ist die Rede, von Liveübertragungen, von einer Bühne im Freien oder einem Filmabend. "Wie schön, das wird der Fasching der Nichttänzer", scherzt da Martin Weigand alias Clown Giagl. "Ich glaube, es wäre gut, nicht das Übliche in einen beschränkten Rahmen quetschen zu wollen", sagt schließlich Nadine Sauer von den Faschingsbären. "Damit würden wir nur Enttäuschung ernten." Vielmehr gehe es nun darum, Ideen für neue Formate mit neuen Namen zu entwickeln - und eine Perspektive zu bieten, "vor allem den Kindern", ergänzt ihre Mutter Ursula Sauer.

Fest steht nun: Im Grafinger TSV, bei den Faschingsbären und der Feuerwehr werden beim Thema Fasching mehr denn je die Köpfe rauchen. Was am Ende dabei herauskommt, bleibt abzuwarten. Halligalli aber wird es nicht sein, denn Narren sind hier keine am Werk.

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