Maut-Affäre:Showdown für Scheuer

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Andreas Scheuer muss sich im Maut-Untersuchungsausschuss auf viele Fragen gefasst machen. (Foto: imago)

Nach immer neuen Vorwürfen im Mautskandal muss sich der Verkehrsminister dem Untersuchungsausschuss stellen. Es geht um sein politisches Überleben.

Von Markus Balser, Berlin

Dass die Karriere von Verkehrsminister Andreas Scheuer schon vor Monaten am seidenen Faden hing, machte ein Auftritt Ende Februar klar. Nach immer neuen Vorwürfen im Mautskandal wurde Scheuer selbst von den eigenen Leuten ausgebuht, als er in seiner Heimat Passau ein Grußwort auf einer CSU-Veranstaltung hielt. CSU-Chef Markus Söder dachte in der Folge laut über eine Kabinettsumbildung nach.

Doch dann habe die Corona-Krise Scheuer das Amt gerettet, heißt es aus CSU-Kreisen. Nun könnte es erneut eng werden. Am Donnerstag soll Scheuer erstmals im Maut-Ausschuss vernommen werden. Von diesem Auftritt hängt die politische Zukunft des 46-Jährigen ab. Er muss den Vorwurf entkräften, er habe den Bundestag belogen. Die wichtigsten Fragen zum Showdown im Bundestag:

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Warum wird die Ausschuss-Sitzung am Donnerstag für Scheuer so gefährlich?

Bei einem regelrechten Vernehmungsmarathon wollen die Abgeordneten von 10.30 Uhr an zuerst die Spitzenmanager der Betreiber und am frühen Abend auch den Minister vernehmen. In einem besonders brisanten Punkt widersprechen sich Betreiber und Minister bislang. Aus den Reihen der Mautfirmen heißt es, CTS-Eventim-Chef Klaus-Peter Schulenberg habe Scheuer Ende des vergangenen Jahres angeboten, die Verträge für die Maut auf einen Termin nach dem EuGH-Urteil zu verschieben.

Scheuer soll abgelehnt haben, obwohl er damit dem Steuerzahler große finanzielle Risiken erspart hätte. Er habe eine schnelle Maut-Einführung gewollt. Scheuer dagegen hat im Bundestag öffentlich behauptet, ein solches Angebot habe es nicht gegeben. Sollte Schulenberg, der bislang schweigt, den Vorschlag bestätigen, müsste Scheuer endgültig um sein Amt bangen.

Die Opposition erhöhte schon vorab den Druck: "Wenn die Zeugen bestätigen, dass der Minister die Abgeordneten und die Öffentlichkeit hinters Licht geführt hat, dann muss er seinen Posten räumen", forderte der FDP-Verkehrspolitiker Oliver Luksic. Wie viel auf dem Spiel steht, wurde bereits am Mittwoch klar. Mit einem Verfahrenstrick versuchte die Union, die Vernehmung Scheuers zu erschweren. Sie beantragte kurzfristig, einen weiteren Zeugen noch vor Scheuer vorzuladen. Scheuer würde dann sehr spät oder gar nicht mehr befragt. Die Opposition sprach von "Sabotage".

Wie wurde die Pkw-Maut überhaupt zu einem so ernsten Problem für Scheuer?

Die große Koalition hatte die Umsetzung der Pkw-Maut bereits 2017 im Bundestag beschlossen. Als Scheuer 2018 Verkehrsminister wurde, trieb er den Start dieser Straßenbenutzungsgebühr mit hohem Tempo voran. Sein damaliges Ziel: die Einführung in diesem Oktober - und damit deutlich vor der Bundestagswahl im kommenden Jahr. Doch der Europäische Gerichtshof durchkreuzte die Pläne und erklärte die Maut im Juni 2019 für rechtswidrig, weil sie Ausländer diskriminiere.

Scheuer steht seither enorm unter Druck, weil er die milliardenschweren Verträge mit den Betreibern Kapsch und CTS Eventim schon Ende 2018 geschlossen hatte - lange bevor überhaupt Klarheit bestand, ob er das Projekt tatsächlich umsetzen darf.

Weil Scheuer die geschlossenen Verträge deshalb kündigen musste, klagen die Betreiber derzeit in einem Schiedsverfahren auf 560 Millionen Euro Schadenersatz. Dem Bundesrechnungshof zufolge soll das Verkehrsministerium zudem beim Zuschlag für die Firmen Vergabe- und Haushaltsrecht gebrochen und Kosten vor dem Bundestag versteckt haben, um die Maut realisieren zu können. Scheuer bestreitet das.

Warum fällt die Forderung der Betreiber so hoch aus, obwohl das CSU-Prestigeprojekt nie realisiert wurde?

Beim Aushandeln der Mautverträge war der Verkehrsminister in einer schwachen Position. Weil sich überhaupt nur ein Konsortium für den Auftrag interessierte, fielen einige Klauseln sehr im Sinne der Betreiber aus. Dazu zählt etwa eine Kündigungsklausel, die den Betreibern bei einem Scheitern des Projekts vor dem EuGH hohe Schadenersatzsummen garantiert. Fällig wird demnach nicht nur der gesamte entgangene Gewinn für die Laufzeit von zwölf Jahren. Hinzu kommen auch die Kosten für bereits abgeschlossene Verträge mit Auftragnehmern. Abgezogen werden nicht entstandene Kosten - etwa für Technik oder Personal.

© SZ vom 01.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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