Maut-Untersuchungsausschuss:Mindestens einer lügt

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Da ging das Licht aus: Verkehrsminister Andreas Scheuer am Donnerstag kurz vor Mitternacht. (Foto: Michael Kappeler/dpa)

Im Skandal um die Pkw-Maut droht Verkehrsminister Andreas Scheuer nun sogar ein Kreuzverhör mit Managern.

Von Markus Balser, Berlin

Fast 14 Stunden hatte der Untersuchungsausschuss zur Pkw-Maut am vergangenen Donnerstag schon getagt, als um 23.30 Uhr der letzte Zeuge erschien. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) legte sein vorbereitetes Statement auf den Tisch und nahm die Maske ab, um mit seiner Aussage zu beginnen. Da ging im Bundestag plötzlich das Licht aus. Eine Technikpanne hüllte den Vernehmungssaal 3.101 für eine Weile ins Dunkel. Als es wieder hell wurde, kündigte Scheuer zwar an, zur Aufklärung des Debakels beizutragen. Doch viel Licht kam nicht in die Affäre, bis er um 4.25 Uhr wieder von seinem Platz aufstand. Im Gegenteil: Die größte Erkenntnis aus der Befragung waren erstaunliche Erinnerungslücken des Ministers.

Untersuchungsausschuss zur Maut-Affäre
:Schwere Vorwürfe gegen Scheuer

Im Maut-Untersuchungsausschuss werfen Manager der Betreiberfirmen dem Minister vor, er habe versucht, sie zu Falschaussagen zu drängen. Scheuer bestreitet die Vorwürfe - nun steht Aussage gegen Aussage.

Von Markus Balser

Bei der Opposition wächst deshalb der Unmut über Scheuer. Der Ton zwischen Regierung und Grünen, FDP und den Linken gewinnt in diesen Tagen deutlich an Schärfe. Wie dünnhäutig auch der Minister angesichts der immer brisanteren Vorwürfe geworden ist, machte ein Schlagabtausch auf Twitter klar. "Herr Scheuer hat das Parlament belogen, und er hat sogar Betreiber aufgefordert, die Unwahrheit zu sagen", kritisierte der FDP-Verkehrsexperte Oliver Luksic. Als die Sätze in sozialen Netzwerken kursierten, schlug Scheuer via Twitter wenig ministerial zurück: "Olli Luksic lügt. Das ist die Wahrheit."

In den Oppositionsparteien spielen die Parlamentarier bereits Szenarien durch, wie sich die über allem stehende Frage klären lässt: Wer lügt, wer spricht die Wahrheit? In entscheidenden Punkten steht die Aussage des Ministers gegen die der Mautmanager. Das heißt: Entweder der Minister oder die Manager versuchen, das Parlament hinters Licht zu führen.

Besonders brisante Fragen, die der Ausschuss nun in den nächsten Wochen klären muss, betreffen Geheimgespräche, die das Ministerium den Parlamentariern lange verschwiegen hatte. So erinnerten sich die Betreiber am Donnerstag daran, dass sie Scheuer bei Treffen Ende 2018 angeboten hätten, mit einer Unterzeichnung der milliardenschweren Mautverträge abzuwarten. Und zwar bis nach jenem EuGH-Urteil, das die Maut schließlich kippte. Scheuer hätte dem Steuerzahler damit hohe Risiken erspart, doch er soll abgelehnt haben, weil er eine rasche Maut-Einführung wollte. Vor Monaten hatte Scheuer im Bundestag erklärt, ein solches Angebot sei in den Gesprächen niemals Thema gewesen. Am Donnerstag erklärte er dann allerdings nur noch, das Angebot sei "nach seiner Erinnerung" kein Thema gewesen. Im Ausschuss registriert man diese Wende mit Erstaunen: "Es ist schon ein deutlicher Unterschied, ob es ein Angebot nicht gab oder ob man sich daran nicht erinnern kann", sagte der Obmann der FDP-Bundestagsfraktion im Maut-Ausschuss, Christian Jung am Montag.

Opposition prüft neue Vernehmungsmethoden

Auch in einem weiteren Punkt drohen Scheuer neue Schwierigkeiten. Nach der Befragung am Donnerstag gehen die Abgeordneten dem Verdacht nach, Scheuer habe den Mautfirmen ohne Vergabeverfahren weitere Aufträge zuschanzen wollen, damit sie ihm bei den Pkw-Maut-Kosten entgegenkommen. Auch eine Maut für Fahrzeuge von 3,5 bis 7,5 Tonnen soll im Gespräch gewesen sein. Pikant: Diese Maut bekämpfte Scheuer als "Handwerkermaut" damals öffentlich aufs Schärfste. Stimmen die Vorwürfe, würde Scheuer nicht nur politisch vorgeführt. Mit Vergaberecht wäre das kaum zu vereinbaren.

Um wirklich Licht ins Dunkel zu bringen, prüft die Opposition nun neue Vernehmungsmethoden. Scheuer soll demnach nicht erst im Januar zu seinem nächsten Termin vernommen werden, sondern wohl schon früher - und dann gleich gemeinsam mit Managern. "Unsere Geduld mit Herrn Scheuer geht zu Ende", sagt FDP-Mann Jung. Die Opposition wolle endlich wissen, was sich in den Geheimgesprächen wirklich zugetragen habe. "Unser Ziel ist ein Kreuzverhör", sagt Jung. "Wir prüfen das derzeit intensiv. Ein förmlicher Antrag dafür könnte diese oder nächste Woche folgen."

© SZ vom 06.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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