Bundeswehr:Das Schwert schmieden

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Martina Rosenberg bei ihrer Ernennung zur neuen Bundeswehrdisziplinaranwältin im Jahr 2018. (Foto: Cornelia Riedel/dpa)

Der Militärgeheimdienst MAD bekommt eine neue Spitze: Martina Rosenberg soll den MAD im Kampf gegen Rechtsextremismus stärken. Erfahrungen mit Disziplinarverfahren jedenfalls hat sie genug.

Von Joachim Käppner, München

Der deutsche Militärgeheimdienst hat eine neue Spitze, und zum ersten mal wird es eine Frau sein: Martina Rosenberg, bislang Disziplinaranwältin bei der Bundeswehr. Dies teilte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) am Mittwoch in Berlin dem Verteidigungsausschuss des Bundestages mit. Hintergrund ist der Wille der Ministerin, den Militärischen Abschirmdienst (MAD) im Kampf gegen Rechtsextremismus und Rassismus in der Truppe zu stärken. Erst vor knapp zwei Wochen hatte Kramp-Karrenbauer den bisherigen MAD-Präsidenten, Christof Gramm, in den einstweiligen Ruhestand versetzt - mit Wirkung von Oktober an. Dessen entsprechende Bemühungen würdigte sie zwar, doch hatten sie ihr offenkundig nicht genügt: Sie verband die Ablösung Gramms mit der Forderung, der MAD müsse "zusätzliche Anstrengungen und Dynamik" aufbringen.

Dafür soll nun Martina Rosenberg einstehen und, wie es Kramp Karrenbauer nannte, "den Neuanfang auch personell sichtbar machen". Rosenberg war bislang für die 29 Wehrdisziplinaranwaltschaften im Bundesgebiet zuständig. Gegen Soldaten geführte gerichtliche Disziplinarverfahren gehen über ihren Tisch: von den Vorermittlungen bis zum Urteil und seiner Vollstreckung. Die Dienststelle in Leipzig hat nur wenige Mitarbeiter - zuletzt 14 -, doch sollte man von der geringen Größe nicht auf mangelnde Bedeutung schließen. Die Bundeswehr-Disziplinaranwältin, die dienstlich die rote Robe des Bundesverwaltungsgerichtes trägt und auch in dessen Leipziger Hauptsitz arbeitet, ist direkt der Ministerin unterstellt. Kramp-Karrenbauer hat also eine Person ihres Vertrauens für den sensiblen Posten an der Spitze des MAD ausgewählt. Dafür spricht auch, dass Martina Rosenberg erst seit 2018 in ihrem bisherigen Amt tätig war.

Seit 2000 ist die gebürtige Frankfurterin bei der Truppe. Die Juristin war unter anderem Rechtsberaterin bei der 7. Panzerdivision in Düsseldorf. 2001 wurde die gesamte Bundeswehr für Frauen geöffnet. "Damals griff man gern auf mich als weibliche Rechtsberaterin zurück, da es teilweise noch Unsicherheiten beim Umgang mit Soldatinnen gab", sagte Rosenberg einem Bundeswehr-Magazin im Rückblick. Auf die zahllosen Fallstricke, die in hohen Ämtern bei der Bundeswehr drohen, ist sie gut vorbereitet; zwölf Jahre lang war sie im Verteidigungsministerium selbst eingesetzt, unter anderem als Referatsleiterin für Beamtenrecht und Gleichstellung.

Aufgrund einer Reihe von rechtsradikalen Vorfällen bei der Bundeswehr hatte Kramp-Karrenbauer eine Null-Toleranz-Linie gegenüber Extremisten ausgerufen. So wurde in der Eliteeinheit Kommando Spezialkräfte (KSK) die 2. Kompanie aufgelöst. Bereits Gramm hatte Reformen angestoßen wie die "Farbenlehre" - eine Art Ampel zur Einstufung von Verdachtsfällen. Auch Nachfolgerin Rosenberg wird ein Problem erben: Bewertungen des MAD zu Extremismusfällen in der Bundeswehr müssen im Fall von Entlassungen vor Gerichten bestehen. Auf ihr lasten nun hohe Erwartungen: Sie soll den MAD zu einem scharfen Schwert schmieden, mit dem sich der Extremismus wirksamer bekämpfen lässt. Es bewegt sich etwas in der Bundeswehr.

© SZ vom 08.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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