Britische Fernsehshow "Spitting Image":Schrecklich ähnlich

Britische Fernsehshow "Spitting Image": Wie aus dem Gesicht geschnitten, so ist der Titel der Show zu übersetzen: Die Puppen, die Prinz Harry und Meghan darstellen sollen.

Wie aus dem Gesicht geschnitten, so ist der Titel der Show zu übersetzen: Die Puppen, die Prinz Harry und Meghan darstellen sollen.

(Foto: Mark Harrison/afp)

In Großbritannien ist die Puppenshow "Spitting Image" mit einer Neuauflage zurück auf den Bildschirmen. Und damit politische Satire der unverschämten Art .

Von Alexander Mühlauer, London

Satire hat es zurzeit nicht leicht, schon gar nicht in einem Land, deren Regierung zuverlässig für Realsatire sorgt. Im Vereinigten Königreich vergeht jedenfalls kaum eine Woche, in der einem nicht das Lachen im Halse stecken bleibt. Die politische Wirklichkeit ist mitunter dermaßen abgedreht, dass sich die Frage stellt: Wie begegnen eigentlich Satiriker einer Welt, in der sich Realität und Fiktion so sehr vermischen, dass Politiker schon im wahren Leben als Karikaturen ihrer selbst wirken?

Nun, in Großbritannien versucht man es mit einer Neuauflage der satirischen Puppenshow Spitting Image, was sich ins Deutsche etwa so übersetzen lässt: "Wie aus dem Gesicht geschnitten". Um zu verstehen, was damit gemeint ist, muss man die Latex-Puppen nur mit ihrer Originalvorlage vergleichen. Spitting Image wurde zuletzt von 1984 bis 1996 vom britischen Sender ITV ausgestrahlt. Einige Sketche gelten bis heute als Sternstunde des britischen Humors. Unvergessen ist im Königreich die Szene, in der die frühere Premierministerin Margaret Thatcher mit ihren Ministern in einem Restaurant sitzt und ein Steak bestellt. Auf die Frage der Kellnerin, wie sie es mit dem Gemüse halte, antwortet Thatcher: "Oh, die bekommen das gleiche wie ich."

Linksliberale und konservative Kritiker sind sich einig wie selten über die erste Folge

Einer der damaligen Puppen-Erfinder, der britische Künstler Roger Law, ist auch jetzt wieder dabei. Er fungiert als Executive Producer und verspricht, dass die Neuauflage "unverschämter, kühner und anzüglicher" sei als in den 1980ern. Wer sich das Comeback beim Streamingportal Britbox anschaut, muss ihm zum Teil recht geben. Donald Trump liegt mit seiner Frau Melania im Bett und twittert aus seinem Anus. Der arbeitslose Prinz Harry verkleidet sich als Hitler und lässt sich von Hollywood-Touristen für ein paar Dollar fotografieren. Greta Thunberg ist für den Wetterbericht zuständig: "Hot!"

British satirical puppet show 'Spitting Image' will return to television in Autumn this year, caricaturing a new generation of public figures for the first time since it was cancelled in 1996

"Unverschämter, kühner und anzüglicher": Die Puppen von US-Präsident Donald Trump und First Lady Melania Trump.

(Foto: ITV/Reuters)

In seltener Eintracht gaben die Kritiker des linksliberalen Guardian und der konservativen Times der ersten Folge vier von fünf möglichen Sternen. In den kommenden Wochen gibt es neun weitere Episoden. Angesichts des amtierenden Premiers Boris Johnson erinnert der Guardian daran, welch zentrale Rolle Spitting Image als "moralische Opposition" in der Ära Thatcher hatte. Und die Times stellt fest: "Wer dachte, dass Trump und Johnson bereits so listige Karikaturen ihrer selbst sind, dass eine Satire gegen sie zwecklos ist, den lässt das neue Spitting Image noch einmal darüber nachdenken."

Mit am besten getroffen ist Dominic Cummings, Johnsons Chefberater. Dessen Puppe erinnert an den britischen Comichelden Mekon aus den 1950ern. Bei Spitting Image treibt Cummings als Außerirdischer in 10 Downing Street sein Unwesen. Doch selbst als er Johnsons Baby Wilfred verspeisen will, sieht der Premier keinen Grund, ihn zu feuern. Es ist fast wie im richtigen Leben: Da brach Cummings die Corona-Regeln der Regierung - Johnson ließ ihn aber nicht fallen.

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