Sauerlach:Heizpilzhersteller im Glück

Sauerlach, Fa. Moonich verkauft Infrarotheizstrahler an die Gastronomie, Geschäftsführer Lars Keussen

Lars Keussens Heizstrahler sind gefragt wie nie.

(Foto: Angelika Bardehle)

Zu Beginn der Coronakrise sah es düster aus für die Hersteller von Heizpilzen. Doch nun kommt der Winter - und die Nachfrage von Restaurants und Kneipen steigt rapide.

Von Christina Hertel

Wie in jeder Krise gibt es auch in der Corona-Pandemie Menschen, die davon profitieren. Einer von ihnen ist Lars Keussen. Er ist Geschäftsführer der Sauerlacher Firma Moonich und verkauft seit etwa 20 Jahren Heizstrahler, die nicht mit Gas, sondern mit Strom betrieben werden. Deshalb sollen sie die Umwelt weniger stark belasten. So eine große Nachfrage wie derzeit habe er noch nie erlebt, sagt Keussen. Dabei habe es im Frühjahr während des Lockdowns, als Kneipen und Restaurants geschlossen hatten, zunächst so ausgesehen, als würde er auf seiner Ware sitzen bleiben. Hauptsächlich verkauft er seine Heizstrahler an Gastronomen und die mussten Anfang des Jahres sparen.

Die Pandemie eröffnete Keussen allerdings auch eine neue Zielgruppe: Privatleute, die ihren Balkon oder Garten so herrichten wollen, dass der Aperol Sprizz auch dann nach Italien schmeckt, wenn sich das Wetter eher nach grauem, deutschen Winter anfühlt. Und seit August wollen auch immer mehr Bars, Restaurants und Kneipen ihre Außenbereiche winterfest machen - aus Angst, die Gäste könnten ganz zu Hause bleiben, wenn es ihnen draußen zu kalt und drinnen zu eng wird.

Insgesamt habe Moonich schon jetzt etwa 40 Prozent mehr im Vergleich zum Vorjahr verkauft, sagt Stefan Hofmann, der in der Firma für Presseanfragen zuständig ist, und gerade viel zu tun hat. Vom Bayerischen Rundfunk bis zum Stern interessieren sich plötzlich alle für das Unternehmen, das in Sauerlach seine Heizstrahler zumindest zum Teil herstellt, verpackt, vermarktet und verkauft. Im Keller bauen acht Mitarbeiter die Geräte zusammen, und von dort werden sie in die ganze Welt geliefert. Etwa die Hälfte bleibe im deutschsprachigen Raum, sagt Geschäftsführer Keussen. Der Rest gehe ins Ausland.

Das Innovative an den Heizstrahlern ist, dass Strom und nicht Gas sie antreibt. Das sei weniger umweltschädlich, sagt Keussen. Vor allem, weil man sich für Ökostrom entscheiden könne. Außerdem seien seine Strahler so konstruiert, dass weniger Wärme verloren gehe. Durch ein Gelenksystem ist es möglich, den Strahler so auszurichten, dass die Wärme dort hingeht, wo sie hin soll.

Umweltschützer sehen Heizpilze jedoch im Allgemeinen kritisch: "Ein handelsüblicher Heizpilz verursacht in acht Stunden Betrieb dieselbe Menge CO₂ wie ein Benzinauto auf einer Strecke von 145 Kilometern", rechnete der Präsident des Umweltbundesamts, Dirk Messner, kürzlich vor. Deshalb sind Heizpilze in vielen Städten verboten. Jede Kommune entscheidet für sich, ob sie Heizpilze erlauben möchte. Auch für den Landkreis München gibt es keine einheitliche Regelung. In München dürfen Wirte seit kurzem Heizpilze aufstellen, die mit Ökostrom betrieben werden. Die Schweizer Hauptstadt Bern will Wirten sogar die Hälfte der Kosten von elektrischen Heizkissen erstatten.

Auch solche Heizkissen verkauft die Sauerlacher Firma. Sie sehen wie ein normales Sitzkissen aus, ein Kabel sieht man nicht. Im Inneren steckt ein Akku, den man immer wieder aufladen kann. "Das ist unser neuestes Baby", sagt Keussen. In den vergangenen 20 Jahren hat sich seine Produktpalette ständig erweitert. Ursprünglich verkaufte er Außenmöbel für die Gastronomie. Auf einer Messe zeigte ihm ein Händler vor 20 Jahren jedoch, dass Heizstrahler nicht so aussehen müssen wie ein "Hendlgrill", der einen blendet, wenn man zu lange hinschaut.

Keussen arbeitete danach mit einem Tüftler in Deutschland zusammen, der die Heizstrahler entwickelte - von denen viele eher aussehen wie ein Lautsprecher oder wie eine längliche Ceranfeld-Kochplatte. Die Strahler entstehen in Handarbeit und können deshalb 700 Euro und mehr kosten. Das Argument, dass es günstiger und ökologischer wäre, sich in eine Decke zu kuscheln, lässt Keussen nicht gelten. "Der Mensch hat ein Empfinden für Komfort. Dann müsste man ihm auch das Autofahren verbieten."

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