Familienkombi im Test:Golf in schön

Familienkombi im Test: Ist das der neue Audi A3 Avant? Nein, aber der Seat Leon Sportstourer will wie ein Lifestyle-Kombi aussehen - und gleichzeitig erschwinglicher sein.

Ist das der neue Audi A3 Avant? Nein, aber der Seat Leon Sportstourer will wie ein Lifestyle-Kombi aussehen - und gleichzeitig erschwinglicher sein.

(Foto: Seat)

Der Seat Leon Sportstourer ist nicht nur größer, sondern auch gefälliger geworden. Schwächen leistet er sich kaum noch. Wenn da nicht der Benzinverbrauch wäre.

Von Felix Reek

"Meinten Sie Förtz?", fragt die Spracherkennung des Seat Leon Sportstourer. Schallendes Kindergelächter von der Rückbank. "Das Auto ist lustig!" Ein weiterer Versuch: "Eltville!" "Meinten Sie Görtz?" Noch mehr Lachen. "Das ist ein dummes Auto!" Aller guten Dinge sind bekanntlich drei: "Eltville am Rhein." Endlich klappt es. Das Navigationsgerät will noch den Straßennamen wissen und es geht los. Nicht gerade der beste Einstand für den neuen Kombi aus Spanien. Doch die nächsten Tage werden zeigen: Eigentlich arbeitet die Spracherkennung nahezu fehlerfrei. Nur wenn zwei Kinder beim Einsprechen dazwischen quasseln, hat der Seat Schwierigkeiten, zu erkennen, was der Fahrer von ihm will. Das geht den Eltern aber nicht anders.

Die Spracherkennung ist Teil des neuen Bedienkonzepts des Seat Leon. Das heißt vor allem: weniger Knöpfe, Taster und Schalter. Ein Teil der Funktionen ist mit der Stimme anwählbar, das meiste steuert das acht Zoll große Display, das auf die Armatur aufgesetzt ist. Diese Reduktion ist in der Theorie löblich. Viel zu lange verwirrten die Autohersteller ihre Kunden mit unübersichtlichen Bedienoptionen. Das Problem ist jetzt aber: Die von Seat angebotenen Alternativen sind nicht zwingend besser. Statt den richtigen Knopf zu suchen, tippt und wischt sich der Fahrer nun durch die Menüs. Die Klimaanlage muss über Touchfelder unter dem Bildschirm eingestellt werden. Hier die gewünschte Temperatur aufs Grad genau zu erzielen, ist eine Geduldsprobe. Es gibt weder einen Lautstärkeregler für's Radio noch einen separaten Schalter für die Fahrmodi, der auf dem Touch-Display umständlich gesucht werden muss. Dabei ist das Fahren doch genau das, was den Seat Leon von seinen Konzernbrüdern unterscheidet.

Familienkombi im Test: Im Seat Leon Sportstourer gibt es jetzt weitaus weniger Schalter und Tasten.

Im Seat Leon Sportstourer gibt es jetzt weitaus weniger Schalter und Tasten.

(Foto: Seat)

Der spanische Kompakte soll die sportliche, die leidenschaftlichere Alternative zum braven Skoda Octavia und VW Golf sein. Das beginnt beim Design. Am Heck ziert jetzt eine durchgehende Lichtleiste den Leon - wie bei Porsche. Darunter ein großer verschnörkelter Schriftzug mit dem Modellnamen. Das Schloss für den Kofferraum versteckt sich wie einst bei Alfa Romeo unter dem Seat-Emblem. An den Seiten wirft ein Scheinwerfer ein "Hola" auf den Boden neben den Türen. Das ist spanisches Temperament! Zumindest so, wie sich das deutsche Manager vorstellen. Denn insgesamt sieht der Leon nicht aggressiver, sondern gefälliger aus. Beim neuen Modell fließt alles gen Heck. Das soll ihn besser unterscheidbar zu Golf und vor allem zum Octavia machen, der wiederum scharfkantiger geworden ist. Es hat aber auch einen Nachteil: Die Fensterlinie ist extrem hoch und die Kinder im Fond beschweren sich sofort, dass sie nichts sehen.

Der Verbrauch des Seat Leon Sportstourer könnte niedriger sein

Verkehrte Welt also im Volkswagen-Konzern. Der tschechische Kombi sieht sportlicher aus, ist es aber nicht, der Seat ist braver geworden, liegt aber immer noch hart auf der Straße. Das zeigt sich schon an der Auslegung der Fahrstufen. "Normal" ist deutlich straffer abgestimmt als bei Volkswagen und Skoda. Das führt dazu, dass auf der renovierungsbedürftigen A7 Richtung Ulm auch mal das Fahrwerk poltert. Den "Sport"-Modus brauchen nur Fahrer, die sich im Kombi auf einsamen Landstraßen eine Rallye-Strecke herbeisehnen. Am bequemsten ist es im "Comfort"-Modus, das Fahrwerk schluckt dann die meisten Unebenheiten.

Als Motorisierungen bietet Seat vor allem Benziner zwischen 90 und 150 PS an. Hinzu kommt ein 2,0-Diesel mit 150 PS und ein Plug-in-Hybrid, der 204 PS leistet. Im Testwagen verbaut ist ein 1,5-Vierzylinder Mildhybrid mit 150 PS, der den Basispreis von knapp 21 000 Euro auf fast 28 000 Euro hochschnellen lässt. Der Aufpreis lohnt sich. Das Aggregat ist durchzugsstark auf der Autobahn und entspannt im Stadtverkehr. Die siebenstufige Doppelkupplungsgetriebe arbeitet unauffällig, nur auf der Autobahn neigt sie dazu, die Gänge zu sehr auszureizen. Das perfekte Aggregat für den Leon Sportstourer. Nur der Verbrauch könnte niedriger sein. 4,8 Liter Benzin gibt Seat im Schnitt für diese Motorisierung an, im Test sind es mit 6,7 Liter fast zwei Liter mehr. Für einen Auto dieser Größe kein Spitzenwert, aber annehmbar.

Der Seat Leon Sportstourer ist deutlich größer geworden

Dafür punktet der Leon in anderen Kategorien. Im Vergleich zum Vorgänger hat er deutlich zugelegt. Der neue Kombi ist fast zehn Zentimeter länger und dringt mit seinen 4,64 Meter in Dimensionen vor, die früher der Mittelklasse vorbehalten waren. Dieser Größenzuwachs zeigt sich vor allem auf der Rückbank. Selbst große Passagiere mit 1,90 Meter sitzen dort ohne mit dem Kopf an die Decke zu stoßen oder ihre Knie in den Rücken der Vordersitze zu bohren. Auch der Kofferraum ist gewachsen. 587 Liter fasste der Vorgänger, mit umgelegter Rückbank 1470 Liter. Nun sind es 620, beziehungsweise 1600 Liter. Damit liegt der Seat Leon Sportstourer zumindest mit aufrechten Rücksitzen 20 Liter vor dem VW Golf Variant. Für den Skoda Octavia Combi reicht das aber noch immer nicht. Der bleibt mit 640 bis 1700 Litern Kofferraumvolumen der Lademeister der Kompaktklasse.

Familienkombi im Test: Der Seat Leon Sportstourer ist fast zehn Zentimeter länger als sein Vorgänger.

Der Seat Leon Sportstourer ist fast zehn Zentimeter länger als sein Vorgänger.

(Foto: Seat)

Volkswagen macht seinen Kunden die Entscheidung mit dem spanischen Kombi also nicht unbedingt einfacher. Die Zeiten, in denen Seat eine weitere Billig-Alternative zu VW war, sind vorbei. Mit der aktuellen Generation zieht der Seat Leon Sportstourer mit dem Skoda Octavia Combi gleich. Die Verarbeitung ist auf hohem Niveau, die Technik stammt aus demselben Baukasten wie beim VW Golf Variant, jedoch sind Leon als auch Octavia in der Basisversion rund 7000 Euro günstiger. Für den Skoda spricht der unschlagbare Nutzwert, bei dem selbst der Golf nicht mithalten kann. Der Seat Leon Sportstourer sei allen ans Herz gelegt, die eine Alternative zu diesen beiden Autos suchen. Der Kombi kann all das, was seine Konzernbrüder können, fährt sich aber einfach einen Hauch besser.

Hinweis der Redaktion

Ein Teil der im "Mobilen Leben" vorgestellten Produkte wurde der Redaktion von den Herstellern zu Testzwecken zur Verfügung gestellt und/oder auf Reisen präsentiert, zu denen Journalisten eingeladen wurden.

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