Bürgerversammlung:Sicher ist sicher

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Die Besucher der Bürgerversammlung in Grasbrunn gehen beruhigt nach Hause. Die Corona-Regeln werden beherzigt, die Kriminalität ist niedrig - und Landrat und Bürgermeister geben sich als Kümmerer

Von Lars Brunckhorst, Grasbrunn

Grasbrunn ist der sicherste Ort im Münchner Osten. Das war voriges Jahr so und in den Jahren davor und das ist heuer so, wie Stefan Jochim, der stellvertretende Dienststellenleiter der Polizeiinspektion Haar weiß. Die Inspektion ist für fünf Gemeinden zuständig, neben Haar und Grasbrunn sind das Aschheim, Feldkirchen und Kirchheim, aber nirgends gibt es so wenige Delikte und Verbrechen wie eben in Grasbrunn. Nicht einmal neun Prozent aller Polizeieinsätze entfallen auf die Gemeinde mit ihren Ortsteilen Neukeferloh, Keferloh, Harthausen und Möschenfeld. Wegen dieser großartigen Sicherheitslage ist es denn auch nicht verwunderlich, dass die Gemeinde am Donnerstagabend in punkto Sicherheit vorbildlich voranging.

Als erste im Landkreis hatte die Gemeindeverwaltung vorzumachen, wie man eine Bürgerversammlung in Zeiten der Corona-Pandemie organisiert. Eine solche, auf welcher der Bürgermeister seinen Bürgern Rechenschaft ablegt und diese zu Wort kommen dürfen, muss jede Gemeinde einmal im Jahr abhalten und sie muss zudem öffentlich und ganz analog stattfinden - virtuell im Netz geht nicht. Also gab es, wie man es aus Gaststätten kennt, Formulare zur Erfassung von Namen, Anschrift und Telefonnummern der Besucher am Eingang und für jeden einen eigenen Kugelschreiber, außerdem Desinfektionsmittel für die Hände und natürlich eine Maskenpflicht.

Drinnen im Saal des Bürgerhauses Neukeferloh waren die Stühle so aufgestellt, dass die Abstandsregeln eingehalten wurden, und die Mikrofone wurden von Rathausmitarbeiterinnen nach jedem Redner desinfiziert und anschließend mit einer frischen Schutzhaube überzogen. Überhaupt erhielten nur maximal 59 der knapp 7000 Einwohner Einlass - doch selbst die kamen nicht, etliche Stühle blieben leer. Aus Angst? Aus mangelndem Interesse? Das bleibt offen.

Mit Abstand und Schutzhaube: Die Bürgerversammlung im Neukeferloher Bürgerhaus fand dieses Jahr unter außergewöhnlichen Bedingungen statt. (Foto: Claus Schunk)

Fakt ist, dass es ein halbes Jahr nach der Kommunalwahl keine Aufregerthemen am Ort gibt und sich auch der Vortrag von Bürgermeister Klaus Korneder (SPD), der penibel jede verfügbare Zahl und Kennziffer der Gemeinde referierte, zu großen Teilen um das Thema Corona drehte. Schließlich sind auch im so sicheren Grasbrunn die Auswirkungen der Pandemie zu spüren: Fast alle Veranstaltungen wurden heuer abgesagt - das Maibaumaufstellen, das Johannifeuer, die Seniorenweihnacht - und im Gemeindehaushalt klafft wegen Steuerausfällen ein Loch von 850 000 Euro.

Korneder, dessen Rede über einen Link auf der Gemeindehomepage noch einmal nachzusehen ist, appellierte an die Bürger, Hygieneregeln einzuhalten und örtliche Lokale zu unterstützen, und er bedankte sich für die "Solidarität" in der Gemeinde, die sich in Einkaufsgängen für Mitbürger, Maskennähen und vielem mehr zeige. Dabei ist Grasbrunn im Vergleich zu anderen Kommunen bisher gut durch die Krise gekommen, allein weil bisher nur 28 Infektionsfälle am Ort gezählt wurden, die viertniedrigste Zahl im Landkreis. Aber auch das passt zu der sichersten Gemeinden im Landkreisosten.

Auch in der Rede von Landrat Christoph Göbel (CSU), der sich von Corona nicht abhalten lässt, möglichst alle Bürgerversammlungen im Landkreis zu besuchen, spielte die Pandemie eine wichtige Rolle. Göbel verteidigte die "konsequente Linie" des Landratsamts, an der zweiwöchigen Quarantäne-Regel für Schulen und Kindertagesstätten festzuhalten. Er halte das für ein "milderes Mittel" als Maskenpflicht im Unterricht und dafür kürzere Quarantäne. Die im Vergleich zu anderen Gegenden Deutschlands "erfreulich niedrige" Infektionsrate führe er auch darauf zurück. "Deshalb haben wir noch eine niedrige Sieben-Tages-Inzidenz." Das sei nicht selbstverständlich.

Göbel lobte auch, dass die Stadt München nach einem massiven Anstieg von Neuinfektionen "frühzeitig, konsequent und beherzt eingegriffen" habe. "Sonst wäre uns Ähnliches ins Haus gestanden wie anderen Regionen in Deutschland", so der Landrat, der auf die enge Vernetzung des Landkreises mit der Stadt verwies. Er dankte ferner der Gemeinde Grasbrunn und den anderen Kommunen für deren Unterstützung in der Krise. Mitarbeiter der Gemeindeverwaltungen übernähmen für das Gesundheitsamt die Kontaktnachverfolgung und die Quarantäneüberwachung, niedergelassene Ärzte und ehrenamtliche Rettungskräfte leisteten Dienst an den Teststationen.

Der Rest der Bürgerversammlung drehte sich vor allem um Verkehrsthemen: Busverbindungen, Haltestellen, Dauerparker und Schulwegübergänge. Nachdem Göbel und Korneder überwiegend Lösungen in Aussicht stellten, konnte sich die kleine Versammlung nach gut zwei Stunden wieder auflösen - um Zuhause nach dem Rechten zu sehen. Denn das musste Polizist Stefan Jochim den Grasbrunnern auch mitteilen: So sicher ihre Gemeinde ist - die Zahl der Einbrüche hat sich zuletzt zweimal hintereinander verdoppelt: voriges Jahr auf zwei und heuer sogar bereits auf vier.

© SZ vom 10.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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