Unterricht in der Pandemie:Geteilte Gruppen, großer Aufwand

Unterricht in der Pandemie: Von Montag an müssen die Klassen an den meisten Schulen wegen der Corona-Auflagen geteilt werden - eine Gruppe wird dann jeweils digital unterrichtet.

Von Montag an müssen die Klassen an den meisten Schulen wegen der Corona-Auflagen geteilt werden - eine Gruppe wird dann jeweils digital unterrichtet.

(Foto: Marco Einfeldt)

Von Montag an müssen die Klassen an den meisten Schulen im Landkreis Freising wegen der Corona-Auflagen geteilt werden - eine Hälfte wird dann jeweils digital unterrichtet. Für die Pädagogen ist das eine große Belastung.

Von Gudrun Regelein und Alexandra Vettori, Freising

Hinweis: Das Landratsamt hat sich am Mittwoch entschieden, den Präsenzunterricht für alle Schüler doch beizubehalten. Alle Informationen in unserem Newsblog:

Am vergangenen Freitag erst hat das Freisinger Gesundheitsamt an den Schulen im Landkreis verfügt, dass die Maskenpflicht auch auf den Unterricht auszudehnen ist, von Montag an kommt wieder teilweiser Heimunterricht. Denn bei den Corona-Neuinfektionen ist die Sieben-Tage-Inzidenz pro 100 000 Einwohner zuletzt auf 67,9 gestiegen. Für einen solchen Wert sieht der Hygiene-Rahmenplan des bayerischen Kultusministeriums Stufe drei und damit schärfere Maßnahmen vor. Dem ist das Freisinger Gesundheitsamt am Dienstagnachmittag gefolgt. Die neueste Allgemeinverfügung, zu der neue Regularien für die Schulen gehören, wird an diesem Mittwoch offiziell bekanntgegeben und tritt am Freitag in Kraft. Die Schulen haben wegen des Organisationsaufwands bis Montag Zeit für die Umsetzung.

Von Anfang an war der ministerielle Rahmenplan als Entscheidungshilfe für die verantwortlichen Behörden vor Ort gedacht. So könnten diese auf lokale Geschehnisse besser reagieren, hieß es. Rudolf Weichs, Rektor der Grund- und Mittelschule Hallbergmoos war froh über diesen Spielraum und hoffte bis zuletzt auf ein lokales Konzept: "Bei 30 Infizierten in Au muss ich nicht die Schule in Hallbergmoos dicht machen", sagt er. Angesichts des Drucks befürchtete er aber schon, dass "pauschal" gehandelt werde. Das Abstandsgebot, das Stufe drei vorschreibt, bedeutet fast überall eine Rückkehr zum Homeschooling für einen Teil der Klasse.

Denn kaum eine Schule hat so große Klassenzimmer, dass die Schülerinnen und Schüler 1,5 Meter auseinander sitzen können. Also wird die Klasse geteilt, die eine Hälfte bleibt daheim und wird digital unterrichtet, die andere Hälfte in der Schule. Ob der Wechsel wöchentlich oder tageweise geschieht, entscheiden die Schulleiter. "Ich will keinen Wechselunterricht", sagt Weichs deutlich, es sei ein riesiger Aufwand für die Schulen, und auch für die Eltern, die ihren Jahresurlaub oft schon aufgebraucht haben.

Weniger Probleme macht die ganztägige Maskenpflicht. Die Direktorin des Moosburger Karl-Ritter-von-Frisch-Gymnasiums, Claudia Theumer, lobt ihre Schulgemeinschaft, alle seien sehr diszipliniert. Nicht nur, um Ansteckungen zu vermeiden, sondern auch um in der Schule bleiben zu dürfen. "Alle wollen das", weiß die Schulleiterin aus vielen Gesprächen. Rudolf Weichs kann das für ein paar schwarze Schafe an seiner Mittelschule nicht bestätigen. Während die Maskenpflicht am Anfang brav eingehalten worden sei, gebe es jetzt auch mal Widerstand, "da spiegeln sich Elternhaus und Gesellschaft", so Weichs. Er hat seiner Schülerschaft deshalb das Stufenmodell der Ordnungsmaßnahmen für Maskenmuffel noch einmal erklärt: Beim dritten Mal ohne Maske setzt es einen Verweis, beim vierten Mal den Schulausschluss.

BLLV-Kreisvorsitzende Kerstin Rehm fordert, den Stundenplan abzuspecken

Sämtliche Hygienemaßnahmen sieht auch Kerstin Rehm, Kreisvorsitzende des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands, als sinnvoll und notwendig an. Aber: "Auf den Schulleitern und Lehrern liegt seit Monaten die gesamte Bürde." Dass in den Schulen, die den geforderten Mindestabstand nicht einhalten können, nun die Klassen geteilt werden sollen, bedeute erneut eine enorme Belastung. Der ganze Druck werde einfach weitergegeben.

Drei-Stufen-Plan für die Schulen

Der Drei-Stufen-Plan des bayerischen Kultusministeriums für Corona-Schutzmaßnahmen an Schulen richtet sich nach der "Sieben-Tage-Inzidenz". Stufe 1 bei einer Sieben-Tage-Inzidenz unter 35 sieht eine Mund-Nasen-Bedeckung für alle Personen auf dem Schulgelände vor, nur nicht am Sitzplatz im Klassenzimmer. Stufe 2 bei einer Inzidenz zwischen 35 und 50 weitet die Maskenpflicht ab Jahrgangsstufe fünf auch auf den Sitzplatz im Klassenzimmer aus, wenn dort der Mindestabstand von 1,5 Meter nicht gewährleistet ist. An den Grund- und Förderschulen gilt noch keine Maskenpflicht am Sitzplatz. Ab dem Schwellenwert von 50 sieht der Rahmenplan Stufe 3 vor und empfiehlt Wechselmodell und Maskenpflicht im Unterricht, auch für Grundschulen. Dazu sind verschiedene Maßnahmen vorgesehen, etwa ein Abstand von mindestens 2,5 Meter bei Unterricht mit Blasinstrument und in Gesang. Im Sport sind nur noch sportpraktische Inhalte zulässig, die einen Mindestabstand von 1,5 Meter und das Maske-Tragen zulassen. Der Rahmenplan ist unter www.km.bayern.de nachzulesen. av

"Morgens Präsenzunterricht und am Nachmittag dann Digitalunterricht zu geben, ist auf Dauer einfach nicht möglich", betont Rehm und verweist auf den schon jetzt eklatanten Lehrermangel. Sie fordert deshalb einen abgespeckten Stundenplan. Nur noch die Fächer Deutsch, Mathe, Heimat- und Sachkunde und Englisch sollten derzeit unterrichtet werden. "Der Lehrer kann sich nicht klonen. Wenn wir keine Entlastung schaffen, haben wir irgendwann keine Lehrer mehr", warnt sie. Digitalunterricht hält auch Rehm für sinnvoll, aber dafür müssten die Schulen eben IT-Spezialisten bekommen. Firmen hätten diese ja auch, an den Schulen dagegen seien es die Lehrer, die immer alles machen müssten.

Die Leiterin der Realschule Gute Änger in Freising, Andrea Weigl, kennt die aktuellen Zahlen, auch sie hat schon auf neue Anweisungen aus dem Landratsamt gewartet. Sie betont die Bedeutung des Präsenzunterrichts: "Der direkte Kontakt ist einfach besser, das macht einen großen Unterschied aus." Auch die Schüler würden das so sehen und tragen seit dem vergangenen Freitag ihre Masken wieder, ohne zu protestieren. Claudia Theumer kann dem nur zustimmen: "Präsenzunterricht ist viel mehr als Wissensvermittlung, das kann keine Video-Konferenz ersetzen."

Mit Blick auf die nach oben schnellenden Zahlen hat man in der Realschule Gute Änger vorausschauend schon einmal die Räume in dem weitläufigen, nagelneuen Schulhaus ausgemessen. "So wie es ausschaut, können wir auch mit allen Schülern den geforderten Abstand einhalten", berichtet Schulleiterin Weigl. Präsenzunterricht sei also weiterhin möglich - abgesehen von den Klassen, die in Quarantäne müssen.

Bei Maskenpflicht und anderen Hygienevorschriften gibt es kaum Diskussionen

Im altehrwürdigen Dom-Gymnasium dürfte das anders sein. Bei den Masken gibt es laut Schulleiter Manfred Röder kaum noch Diskussionen, "das haben die meisten Schüler, also 99 Prozent, verinnerlicht". Die Rückkehr zu einem Wechsel zwischen Präsenz- und Digitalunterricht dagegen findet er nicht optimal: "Der Präsenzunterricht ist etwas ganz Wertvolles", so Röder, während Homeschooling eine "enorme Einschränkung" bedeute. Dennoch habe man die Schüler schon zu Schulbeginn auf eine Rückkehr zum Heimunterricht vorbereitet und sie beispielsweise in zwei Gruppen aufgeteilt. Auch technisch sei nachgerüstet worden, der digitale Unterricht werde nun - nach den normalen Anlaufschwierigkeiten - sicher besser laufen.

Landratsamtssprecherin Eva Zimmerhof betont, dass es auch jetzt noch Spielraum für die Schulen gebe, was die Ausführung der angekündigten Allgemeinverfügung anbelange. Wo genügend Abstände geschaffen werden könnten, müsse es keinen Heimunterricht geben. Tatsächlich sehe Stufe drei mehr vor, als nur ein Wechselmodell. Deshalb habe man den Schulen bewusst noch einige Tage Zeit zur Ausarbeitung ihrer Konzepte und den Eltern zur Organisation der neuen Lage gelassen.

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