USA:Alles bislang Wichtige zur Wahlnacht in der Zusammenfassung

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Ein Trump-Wähler informiert sich über die Auszählungen. (Foto: MARCO BELLO/REUTERS)

Trump und Biden liefern sich wie erwartet einen erbitterten Kampf ums Weiße Haus. Offen bleibt, ob am Mittwoch überhaupt ein Sieger feststehen wird.

Von Paul-Anton Krüger, München

Bei der Präsidentschaftswahl in den USA ist das Rennen am Mittwochmittag knapp - Amtsinhaber Donald Trump schnitt aber entgegen den Umfragen stark ab. Zwar lag der demokratische Herausforderer Joe Biden am Morgen um 13:00 Uhr deutscher Zeit nach übereinstimmenden Berechnungen unterschiedlicher US-Medien bei der Zahl der sicher errungenen Wahlmänner in Führung. Ihm wurden aufgrund von Hochrechnungen und vorläufigen Auszählungsergebnissen zwischen 224 und 238 der nötigen 270 Stimmen in dem Gremium zugerechnet, das nach dem US-Wahlrecht das Staatsoberhaupt bestimmt.

Trump, dem in allen Hochrechnungen gleichlautend 213 sichere Stimmen zugebilligt wurden, lag aber in wichtigen und umkämpften Bundesstaaten vorn. Florida und Ohio hat er demnach für sich entschieden. Es kommt nun auf zwei Bundesstaaten im Mittleren Westen an, Wisconsin und Michigan, sowie Pennsylvania, North Carolina und Georgia.

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US-Präsident Donald Trump bei seinem knapp zehnminütigen Auftritt im Weißen Haus, bei dem er den Wahlsieg für sich reklamierte - obwohl die Auszählung in entscheidenden Bundesstaaten nicht abgeschlossen war. (Foto: CARLOS BARRIA/REUTERS)

Trump erklärte vor Anhängern: "Offen gesagt, wir haben diese Wahl gewonnen!" Er warf den Demokraten vor, seine Wähler um ihre Stimmen betrügen zu wollen. Er kündigte an, den Obersten Gerichtshof einzuschalten, um die Auszählung zu stoppen, die in entscheidenden Bundesstaaten noch Tage in Anspruch nehmen könnte. Trump reklamierte für sich, neben Siegen in Florida, Ohio und Texas auch uneinholbar in Michigan, Wisconsin und Pennsylvania vorne zu liegen, obwohl dort die Ergebnisse längst noch nicht feststehen - und selbst der konservative Sender Fox News ihm diese Bundesstaaten bisher nicht zugeschlagen hat.

Bidens Wahlkampfmanagerin Jen O'Malley Dillon wies die Äußerungen Trumps als "skandalös" zurück, denn sie zeigten ganz offen das Bemühen, "amerikanischen Bürgern ihre demokratischen Rechte zu verwehren". Das sei "beispiellos" - nie zuvor in der Geschichte des Landes habe ein US-Präsident versucht, Amerikaner in einer nationalen Wahl um ihre Stimme zu bringen. Die Auszählung werde weitergehen bis zur letzten Stimme. Denn das entspreche den verbürgten Rechten der US-Amerikaner.

Zuvor hatte sich bereits Biden in einer ersten Reaktion an seine Anhänger gewandt, nachdem klar wurde, dass sich seine Hoffnungen, Florida zu erobern, nicht erfüllen dürften. Dennoch sagte er: "Wir sind auf dem Weg, diese Wahl zu gewinnen." Hätte Biden Florida für sich entschieden, wäre einen Machtwechsel im Weißen Haus sehr wahrscheinlich gewesen. "Es ist nicht vorbei, bis jede Stimme gezählt ist", fügte Biden in einer Rede in Delaware hinzu. Er glaube nach wie vor an einen Sieg. "Wir müssen nur geduldig sein", betonte er mit Blick auf die Auszählung der Ergebnisse.

Biden entschied laut Fox News und anderen Medien den wichtigen Swing State Arizona mit elf Wahlmännerstimmen für sich. In Wisconsin drehte sich der Trend zu Gunsten von Biden. Er könnte die knappste mögliche Mehrheit im Wahlmännergremium von 270 Stimmen damit erreichen, wenn er Nevada gewinnt, wo er führt, und dazu noch Michigan. Dort lag Trump in Führung, ebenso wie in Georgia, North Carolina und Pennsylvania. Unklar war aber, wie aussagekräftig diese bereits waren; die zuletzt ausgezählten Briefwahlstimmen könnten den Trend in diesen Staaten ebenfalls noch umkehren.

Konkurrierende Hochrechnungen

Die Spannbreiten bei den Ergebnissen, die sich im Laufe der Tages aber deutlich verringerten, erklären sich dadurch, dass zum ersten Mal bei einer US-Präsidentenwahl zwei Konsortien um die Deutungshoheit konkurrieren: Bisher lieferte allein die Nachrichtenagentur Associated Press mit Tausenden Befragungsteams und direktem Zugang zu den Wahlbehörden ein halbwegs verlässliches Bild der Wahlentscheidung.

Jetzt ist AP aus dem bisherigen National Election Pool ausgestiegen und berechnet die Zahlen im Auftrag des Trump-freundlichen Senders Fox, allerdings auch für die Trump-kritische New York Times. Der National Election Pool mit dem Demoskopie-Unternehmen Edison Research übermittelt seine Zahlen an CNN und die anderen Fernsehsender.

Viele Briefwahlstimmen könnten das Ergebnis verzögern

Offen war, wann ein vorläufiges Ergebnis vorliegen würde. Aufgrund der historisch höchsten Zahl an abgegebenen Briefwahlstimmen kann sich die Auszählung in einigen wichtigen Bundesstaaten über Tage ziehen und sich bei knappen Rennen die Mehrheit gegenüber den am Wahltag abgegebenen Stimmen noch ändern. Mehr als 65 Millionen Amerikaner haben auf diese Weise gewählt, dazu kamen noch einmal knapp 36 Millionen, die von der Möglichkeit der Stimmabgabe im Wahllokal vor dem Wahltag Gebrauch machten.

Wahlforscher gehen davon aus, dass mehr Anhänger der Demokraten als der Republikaner die Möglichkeit zur Briefwahl genutzt haben. In einigen Bundesstaaten wie Pennsylvania, die entscheidende Bedeutung für den Ausgang der Wahl haben, ist es schon zu juristischen Auseinandersetzungen gekommen, bis wann Briefwahlstimmen eingegangen oder abgesendet worden sein müssen, um in das Endergebnis einbezogen zu werden. Diese juristische Schlacht um den Wahlausgang dürfte sich nun verschärfen, ebenso die ohnehin drastische politische Polarisierung.

Enges Rennen auch um den Senat

Auch bei der gleichzeitig abgehaltenen Teilwahl zum Senat zeichnete sich ein knappes Ergebnis ab: Zwar gewann der demokratische Herausforderer John Hickenlooper in Colorado den Sitz des republikanischen Amtsinhabers Cory Gardner. Und in Arizona gewann der Astronaut Mark Kelly gegen die Republikanerin Martha McSally. Dagegen verlor der demokratische Amtsinhaber Doug Jones seinen Sitz in Alabama offenbar an den Republikaner Tommy Tuberville.

Die Republikaner wollen ihre knappe Mehrheit in der entscheidenden Kammer des Kongresses verteidigen, und ihre Chancen dafür stiegen über den Tag. Mehrere republikanische Senatoren, die als Wackelkandidaten galten, konnten ihre Sitze verteidigen. Die Republikaner hielten nach den vorliegenden Ergebnissen 47 der 100 Mandate, die Demokraten kamen ebenfalls auf 47; 35 der Sitze waren neu zu bestimmen. Über einen Sitz im Bundesstaat Georgia wird erst Anfang Januar in einer Stichwahl entschieden.

Der republikanische Senator Lindsey Graham, einer der wichtigsten Verbündeten von Präsident Donald Trump, sicherte sich in South Carolina eine weitere Amtszeit. Wiedergewählt wurde auch der bisherige Mehrheitsführer der Republikaner, Mitch McConnell.

Bei der Wahl zum Repräsentantenhaus dürften die Demokraten den Hochrechnungen zufolge erwartungsgemäß ihre Mehrheit verteidigen.

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